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Vor dem Finale: Das Frühjahrsmärchen der Augsburger Panther

Vor dem Finale

Das Frühjahrsmärchen der Augsburger Panther

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    Eishockey-Profis müssen hart im Nehmen sein. Sie haben mehrere Partien pro Woche. Auch der Puck, mit dem sie spielen, ist knüppelhart. Wenn man es dann so weit bringt wie die Augsburger (von links) Dennis Endras, Jeff Likens und Chris Collins, tragen plötzlich alle Bart. Das wiederum ist hart an der Geschmacksgrenze. Foto: Ulrich Wagner
    Eishockey-Profis müssen hart im Nehmen sein. Sie haben mehrere Partien pro Woche. Auch der Puck, mit dem sie spielen, ist knüppelhart. Wenn man es dann so weit bringt wie die Augsburger (von links) Dennis Endras, Jeff Likens und Chris Collins, tragen plötzlich alle Bart. Das wiederum ist hart an der Geschmacksgrenze. Foto: Ulrich Wagner Foto: Ulrich Wagner

    William Shakespeare steht nicht im Verdacht, Eishockey-Anhänger gewesen zu sein. Aber er ließ den kleinen Puck bereits vor über 400 Jahren das Hohelied auf den menschlichen Wettstreit singen:

    "Wenn dann zwei um eine frein:

    Das wird erst ein Hauptspaß sein!

    Gehn die Sachen kraus und bunt,

    Freu ich mich von Herzensgrund!"

    Bei den Augsburger Panthern spielt ein anderer Puck die Hauptrolle. Und für einen "Sommernachtstraum" ist der April auch nicht der richtige Monat. Aber für ein Frühjahrsmärchen bieten die Panther Stoff in Hülle und Fülle.

    Neun Kanadier und acht Bayern

    Neun Kanadier, drei Amerikaner, drei Deutschkanadier, acht Bayern und ein Sachse haben die Hackordnung im deutschen Eishockey kräftig durcheinandergewirbelt. Wenn Gesichter zum Großteil hinter dichten Bärten verschwinden, bedeutet dies, dass diese Männer schon längere Zeit in der wichtigsten brancheneigenen Jahreszeit namens Play-off tätig sind.

    In Augsburg waren sie es bislang nicht gewohnt, so lange ungeschoren davonzukommen. Meistens war bereits in der Vorrunde der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) Schluss. In diesem Jahr ist alles anders. Zum ersten Mal in der 132-jährigen Vereinsgeschichte hat sich die Mannschaft für das Finale um die deutsche Meisterschaft qualifiziert. Am heutigen Dienstag beginnt in Niedersachsen die Serie mit höchstens fünf Partien gegen die Hannover Scorpions.

    Die Fachwelt ist verblüfft. Denn noch nie ist die Nummer acht nach der Vorrunde in das Endspiel eingezogen, noch nie widersprach die sportliche Leistung derart den wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten des Profigeschäfts.

    Auf den ersten Blick dürfte Augsburg mit seinem Mini-Etat von rund 3,4 Millionen Euro und seiner an drei Seiten offenen Arena aus dem Jahr 1963 keine Chance auf den Titel haben. Der Name "Curt-Frenzel-Stadion" erinnert an den Verleger der Augsburger Allgemeinen, der als AEV-Präsident den Verein in den 60er Jahren in die deutsche Spitzenklasse (Rang fünf in der Bundesliga) hievte.

    Nach dem Tod von Frenzel im Jahr 1970 steckte der AEV viele Jahre vor allem im wirtschaftlichen Überlebenskampf. Es gab Höhepunkte wie eine 60:0-Punkteserie in der zweiten Liga. Doch anschließend galt es sogar, das Versagenskürzel i. K. (im Konkurs) als Zusatz zu verkraften. Erst als der Gastwirt Lothar Sigl aus Friedberg-Rederzhausen 1987 eingriff, war die Zeit der Pleiten vorbei.

    Meistens Letzte in der Finanzrangliste

    1994 gelang der Aufstieg in die höchste Liga. In der Finanzrangliste waren die Augsburger aber meistens Tabellenletzte. "Wenn wir das Viertelfinale erreichen, ist das für uns so ein Erfolg wie für andere die Meisterschaft", ordnete Sigl als Hauptgesellschafter der Panther GmbH in der Vergangenheit das Leistungsvermögen ein.

    Normalerweise dominieren Tochterfirmen der Milliardäre Phil Anschutz (Eisbären Berlin) und Dietmar Hopp (Mannheimer Adler) mit ihren üppigen Etats und großen Hallen die Liga. Beide Teams stehen in dieser Saison ebenso auf der "Abschussliste" der Panther wie die "VW-Werksmannschaft" des EHC Wolfsburg. Allein dafür erreichen die Panther Glückwunsch-Botschaften aus der ganzen Republik. "Es ist gut für die Liga, dass auch einmal andere Standorte in den Blickpunkt rücken", gibt Liga-Geschäftsführer Gernot Tripcke aus Köln zu.

    Genau genommen begann der Erfolgsweg der Panther im Dezember 2007, als Sigl den Trainer Larry Mitchell verpflichtete. Der Deutschkanadier war früher in erster Linie Torjäger und ein wandelndes Eishockey-Lexikon. In seiner zweiten Trainerstation - zuvor hatte er den EV Landsberg in die zweite Liga geführt - offenbarte er noch weitere Talente. Mitchell kennt nicht nur den Spielermarkt in Übersee bestens, sondern hat auch einen Blick für deutsche Talente, die in das knappe Panther-Budget passen.

    Als er den gebürtigen Allgäuer Dennis Endras (24) zur Nummer eins im Tor machte, gab es einige Skeptiker, die eine so wichtige Position lieber einem erfahrenen ausländischen Profi zugedacht hätten. Mittlerweile ist Endras Nationaltorhüter, Olympia-Teilnehmer und Play-off-Held. "Das wird eine enge Serie gegen Hannover. Wir lieben die Dramatik", kündigt der Schlussmann nach dem entscheidenden 3:2-Sieg gegen Wolfsburg an.

    Bereits zu Saisonbeginn hatte das Panther-Team seine großen Möglichkeiten angedeutet, schlitterte anschließend jedoch in eine November-Depression, als einige Profis lukrative Verträge für die nächste Spielzeit bei anderen Vereinen unterschrieben.

    Larry Mitchell war frustriert, steckte aber seine anfängliche Enttäuschung weg und gewinnt dem Personalproblem mittlerweile sogar eine positive Seite ab. "Die Jungs wissen, dass sie in diesem Kollektiv nur noch einige Tage zusammen sind, und wollen gemeinsam den größtmöglichen Erfolg erleben."

    Schmerzhafte Erfahrungen sind dabei an der Tagesordnung. Wie hart dieser Job ist, lässt sich nur erahnen, wenn die Profis nach dem Training humpelnd aus der Kabine kommen. Elf Spiele in 24 Tagen - Eishockey ist für die Augsburger Knochenarbeit. Dafür entschädigt eine große Kulisse. 34 000 Zuschauer wollten die Panther bisher in den Play-offs sehen, die nächste Völkerwanderung ins Curt-Frenzel-Stadion wird für Freitag erwartet.

    Am Stadion gibt es die Larry-Mitchell-Avenue

    Rund um die Arena haben die Fans neue Straßenschilder angebracht - die Larry-Mitchell-Avenue und die Max-Fedra-Straße. Der Manager war dabei, als die München Barons 2000 als letzter bayerischer Verein den Titel gewannen.

    Die Panther wollen die Nächsten in der Hitliste des Freistaats sein und hoffen auch mittelfristig auf eine positive Zukunft. Denn aus dem offenen Curt-Frenzel-Stadion, das mehr Kult als Komfort bietet, wird bis 2012 eine moderne Halle. "Die Tradition lebt, das Eisstadion wird fit gemacht", heißt es auf den Bautafeln.

    Sofort nach Saisonende fahren die Bagger auf. Augsburg putzt sich heraus für seine neuen Lieblinge aus dem Reich des Pucks.

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