Von Dirk Sing Die Erfolge des ERC Ingolstadt in den vergangenen Jahren sind eng mit dem Namen Jimmy Waite verbunden. Zwischen 2003 und 2006 wurde der Frankokanadier dreimal in Folge als bester Torhüter der Deutschen Eishockey-Liga ausgezeichnet.
Auch in der vergangenen Saison war der mittlerweile 39-Jährige erneut der beste und konstanteste Akteur der Panther, konnte aber das Aus in den Pre-Play-offs gegen die Hamburg Freezers nicht verhindern. Seit ich in Ingolstadt bin, war es das erste Mal, dass wir die Play-offs verpasst haben - und hoffentlich auch das letzte Mal, sagt Waite, dem die Enttäuschung darüber immer noch anzumerken ist. Unser Redakteur Dirk Sing sprach den zweifachen Familienvater während der Sommerferien in seiner Heimat Sherbrooke.
Hallo Jimmy! Es ist gar nicht so einfach, Sie während der Sommerpause ans Telefon zu bekommen . . .
Waite: (lacht) Ja, das stimmt. Mir kommt es fast schon so vor, dass ich momentan mehr Stress als in Ingolstadt habe. Zum einen gibt es an unserem Haus eine ganze Menge zu tun, zum anderen versucht man natürlich, wenn man daheim ist, möglichst viele Freunde und Bekannte zu treffen. Hinzu kommt, dass mein kleiner Sohn nahezu jeden Tag mit seiner Mannschaft - sei es beim Training oder bei Punktspielen - auf dem Eis steht. Wie gesagt, über Langeweile kann ich mich derzeit nicht beklagen.
Müssen Sie sich nicht langsam auch auf die kommende Saison mit den Ingolstädter Panthern vorbereiten?
Waite: Das kommt natürlich dazu, klar! Mein großer Vorteil ist, dass ich mir mittlerweile zu Hause ein kleines Fitnessstudio eingerichtet habe, in dem ich nahezu täglich perfekt trainieren kann. Ich werde jedenfalls Ende Juli wieder topfit in Ingolstadt ankommen.
Lassen Sie uns dennoch nochmals einen Blick zurück auf die abgelaufene Spielzeit werfen: War die Saison 2007/2008 Ihre bislang enttäuschendste bei den Panthern?
Waite: Aus Sicht der Mannschaft auf alle Fälle! Wenn man das vergangene Jahr mit den Spielzeiten zuvor vergleicht, als wir eigentlich ständig in den Top Vier beziehungsweise ganz knapp dahinter platziert waren, dann kann einen das sicherlich nicht zufrieden stimmen. Aber eine solch leidvolle Erfahrung haben ja zuletzt auch wesentlich höher eingeschätzte Teams wie Mannheim oder Düsseldorf machen müssen. Diesmal hat es eben leider uns erwischt.
Was waren denn Ihrer Meinung nach die Gründe für das vorzeitige Saisonende?
Waite: Nun, ich denke, dass gerade in den vergangenen Jahren, als wir erfolgreich waren, jeder Spieler seinen Platz im vorgegebenen System gefunden und daran auch geglaubt hat. Das habe ich in dieser Saison etwas vermisst. Die Chemie innerhalb der Mannschaft war sicherlich in Ordnung und wir hatten auch wirklich gute Akteure in unserem Team. Doch irgendwie war der ein oder andere bis zum Schluss auf der Suche nach seinem Platz. Was wir als echte Mannschaft erreichen können, haben wir - wie gesagt - in den Jahren zuvor beschrieben. Und das, obwohl uns zahlreiche Experten vor der Saison stets wesentlich schlechter eingeschätzt hatten.
Hand aufs Herz: Haben Sie nach dem enttäuschenden Saison-Aus gegen Hamburg darüber nachgedacht, die Brocken hinzuwerfen und Ihre Karriere zu beenden?
Waite: Nein, auf keinen Fall! Mein Ziel als Torhüter war und ist es, dem Team mit meiner Leistung eine Chance zum Sieg zu geben. Und ich denke, dass ich das auch in der abgelaufenen Spielzeit des Öfteren geschafft habe. Ich hatte zwar sicherlich den Eindruck, dass wir in den Vorjahren im Defensiv-Bereich etwas besser aufgestellt waren. Aber grundsätzlich konnte ich schon mit meinen gezeigten Leistungen zufrieden sein. Daher habe ich auch keinen Gedanken an ein mögliches Karriere-Ende verschwendet - zumal ich mich auch körperlich noch sehr gut gefühlt habe.
Ihr Vertrag bei den Panthern läuft im Jahr 2009 aus. Können Sie sich vorstellen, mit dann 40 Jahren, auch weiterhin zwischen den Pfosten des ERCI-Gehäuses zu stehen?
Waite: Alles ist möglich! Entscheidend wird allerdings sein, welche Leistungen ich in der nun anstehenden Spielzeit bringe. Würde ich meinen eigenen hohen Ansprüchen nicht mehr genügen, hätte ich kein Problem, mir das auch einzugestehen. Macht mir der Job aber weiterhin Spaß und kann ich meiner Mannschaft helfen, wäre auf der anderen Seite auch eine Vertragsverlängerung nochmals denkbar. Warten wir s einfach ab.
Neuer Cheftrainer beim ERC Ingolstadt ist Ihr frankokanadischer Landsmann Benoit Laporte, der seinen Vorgänger Mike Krushelnyski beerbt. Eine gute Lösung?
Waite: Nichts gegen Mike, aber es ist für einen Trainer immer eine schwere Aufgabe, während der Saison eine Mannschaft zu übernehmen und ihr seine genauen Vorstellungen zu vermitteln. Aus dieser Sicht ist es definitiv ein Vorteil, wenn ein neuer Coach auch zur neuen Spielzeit kommt. Von Benoit selbst habe ich bislang nur Positives gehört. Er muss sehr viel Wert auf Disziplin und Fitness legen, was sicherlich für unsere Truppe kein Nachteil sein wird (lacht).
Blicken wir noch auf den aktuellen Kader 2008/2009: Es scheint, zumindest schon einmal von der Papierform her, als würde gerade die Verteidigung wesentlich kompakter als zuletzt stehen . . .
Waite: . . . ja, diesen Eindruck habe ich auch - wobei man immer erst abwarten muss, wie sich insbesondere die Jungs aus Nordamerika auf das europäische Eishockey umstellen. Mit unserem Neuzugang Allan Rourke habe ich, als er noch ein ganz junger Bursche war, bereits 2000/2001 bei den St. John s Maple Leafs (AHL) zusammengespielt. Allan war damals schon ein sehr schneller Skater, was gerade auf der größeren Eisfläche hier sehr wichtig ist. Aber auch die Referenzen von Bruno St. Jacques oder Tobias Draxinger hören sich sehr gut an. Jetzt müssen wir im Angriff noch zwei sehr gute Ausländer verpflichten - und dann kann es losgehen . . .
Wie schwer wiegt die Verletzung von Stürmer Yannic Seidenberg, der nach seinem Kreuzbandriss noch längere Zeit fehlen wird?
Waite: Oh, davon höre ich soeben das erste Mal! Das ist natürlich sehr, sehr bitter - sowohl für Yannic selbst als auch das gesamte Team. Ich denke, es ist daher umso wichtiger, dass die beiden noch zu verpflichtenden Angreifer uns entsprechend weiterhelfen. Diesbezüglich vertraue ich jedoch voll und ganz Sven Zywitza und unserem neuen Manager Tobias Abstreiter. Dass er als ehemaliger Topspieler nun diese Aufgabe beim ERC Ingolstadt übernommen hat, ist sicherlich eine sehr gute Sache für den Verein.