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Interview: Panther-Chef Lothar Sigl: "Die Krise ist existenzbedrohend"

Interview

Panther-Chef Lothar Sigl: "Die Krise ist existenzbedrohend"

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    Seit über 30 Jahren leitet Lothar Sigl die Geschicke der Augsburger Panther.
    Seit über 30 Jahren leitet Lothar Sigl die Geschicke der Augsburger Panther. Foto: Ulrich Wagner

    Die Deutsche Eishockey-Liga hat den verspäteten Saisonstart für den 13. November terminiert. Kann noch etwas dazwischenkommen?

    Lothar Sigl: Ich gehe fest davon aus, dass wir spielen. Erstens müssen die behördlichen Anordnungen gelockert werden, zweitens muss der Spielbetrieb wirtschaftlich darstellbar sein. Das heißt: Geisterspiele oder Partien mit ganz wenigen Zuschauern kommen für uns nicht infrage. Bis 31. Oktober sind in Bayern Großveranstaltungen untersagt, deswegen sind wir in den November gegangen.

    6179 Zuschauer passen ins Curt-Frenzel-Stadion. Welche Kapazität benötigen die Augsburger Panther um wirtschaftlich über die Runden zu kommen?

    Sigl: Um ein Risiko einzugehen, das man verantworten kann, brauchen wir eine Auslastung von mindestens 50 Prozent, also mehr als 3000 Zuschauer. Dauerkartenkäufer haben bei uns klar den Vorrang. Wir sind dabei, ein Hygienekonzept für das Curt-Frenzel-Stadion auszuarbeiten, das wir bis Ende August den Behörden vorlegen. Für uns ist auch wichtig, was der Fußball plant. Da schauen wir als Liga genau hin.

    Das freie Kartenkontingent dürfte überschaubar sein?

    Sigl: Ja, aber wir haben ein weiteres Problem. Ein Großteil unserer Dauerkartenbesitzer haben Stehplätze, und die sind in den bisherigen Konzepten nicht vorgesehen, weil eine lückenlose Kontaktnachverfolgung essenziell ist. Aber auch hier schweben uns Lösungen vor. Man kann in diesem Bereich Zonen schaffen, die personalisiert sind. Wir prüfen auch eine Überbauung der Stehwälle mit Sitzplätzen. Aber das ist mit hohen Kosten verbunden.

    Die Lage des Curt-Frenzel-Stadions in der Innenstadt ist jetzt ein Nachteil

    Der Fußballklub Union Berlin hatte den Plan nach vorhergehenden Tests mit maximaler Auslastung zu spielen. Was passiert, wenn die Bundesländer unterschiedliche Regeln fordern?

    Sigl: Die DEL war immer solidarisch, wir müssen für alle 14 DEL-Klubs ähnliche Voraussetzungen schaffen, um einen möglichst fairen Wettbewerb zu garantieren. Ein Beispiel: Bisher waren wir mit der Lage des Curt-Frenzel-Stadion mitten in der Stadt sehr glücklich, weil es verwurzelt im Kern liegt und nicht irgendwo auf der grünen Wiese. Jetzt ist es ein Nachteil, dass unsere Zuschauer am besten mit Bus und Tram kommen. Plötzlich ist die Anfahrt im Auto gefragt, was bei uns eher schwierig ist. Das ist eines von zig Details mit denen wir uns beschäftigen müssen.

    Wie bedrohlich sind die Einschränkungen durch die Pandemie für eine Liga, die vor wirtschaftlicher Potenz nicht unbedingt strotzt?

    Sigl: Wir müssen verantwortungsbewusst handeln. Es sind nicht alle DEL-Klubs gleich aufgestellt. Ein paar Vereine könnten die Saison vermutlich ohne Zuschauereinnahmen mit Geisterspielen durchstehen. Ein Großteil ist nicht in der glücklichen Situation. Deshalb müssen wir uns an Zuschauerzahlen herantasten, die es allen möglich macht, anzutreten. Deshalb haben wir das Gehaltsmodell entwickelt, in dem die Spieler auf bis zu 25 Prozent ihres Gehalts verzichten müssen. Weniger Einnahmen müssen weniger Ausgaben gegenüberstehen. Wir haben die komplette Liga eine Etage tiefer gestellt. Die spannende Frage ist: Wie können wir spielen, um mit einem blauen Auge davon zu kommen?

    Wie schwierig ist die Lage für die DEL?

    Sigl: Die Krise ist existenzbedrohend, nicht nur fürs Eishockey, sondern für alle Ligen und Sportarten, die von Zuschauereinnahmen abhängig sind. Langfristig wird es auch den Fußball beschäftigen.

    Sigl zur Lage in der Corona-Krise: „Jetzt fehlt nur noch ein Erdbeben“

    Sie leiten seit dem Konkurs des Augsburger EV im Jahr 1987, also seit 33 Jahren die Geschicke der Panther. Haben Sie so eine schwierige Situation schon erlebt?

    Sigl: Ich mache das jetzt schon ein paar Tage ehrenamtlich und meine Hoffnung war, dass ich alles schon mal erlebt habe. Doch jetzt fehlt nur noch ein Erdbeben. Im Ernst: Gegen die Corona-Pandemie bist du einerseits machtlos, musst den Verein möglichst unfallfrei durch die Situation steuern, bis wir hoffentlich irgendwann zur Normalität zurückkehren.

    Die Politik hat vor Wochen Überbrückungshilfen in Höhe von 200 Millionen Euro für den Profisport in Deutschland angekündigt. Ist davon etwas in Augsburg angekommen?

    Sigl: Davon sollen die Ligen quer durch alle Sportarten profitieren können, auch die erste und zweite Liga im Eishockey. Aber welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um in diesen Pool zu kommen, sind bis jetzt im Detail nicht bekannt. Bis September sollen Ministerien die Richtlinien erarbeitet haben. Vor einigen Wochen hätte man glauben können: Du kriegst 800.000 Euro aufs Konto. Bis jetzt ist nichts passiert. Vor dem Jahr 2021 wird wohl kein Geld fließen, also hilft das versprochene Programm jetzt unmittelbar nicht weiter.

    Konkurrent EHC Red Bull München trainiert mit dem kompletten Kader seit 1. August auf dem Eis. Wie sieht die Lage in Augsburg aus?

    Sigl: Nachdem die Liga nun den Saisonstart auf den 13. November gelegt hat, werden wir wie bisher sechs Wochen vorher in die Spielzeit starten, also dann Anfang Oktober. Bis dahin sind unsere Profis vermutlich in Kurzarbeit.

    Fürchten Sie sportlich keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber München?

    Sigl: Der EHC trainiert ja auch für die Champions League. Wir glauben, dass uns sechs Wochen genügen, um in Spielform zu kommen. Bis dahin steht es in der Eigenverantwortung der Spieler, sich fit zu halten. Dieses Prozedere kennen unsere Spieler aber, lediglich der offizielle Trainingsauftakt hat sich verschoben.

    Finanzielle Lage: "Kein DEL-Spieler hat schon mit 35 Jahren ausgesorgt"

    Was sagen Sie Kritikern, die bemängeln, dass Eishockeyclubs nun Steuergelder in Anspruch nehmen?

    Sigl: DEL-Eishockey ist ein Wirtschaftszweig wie viele andere. Ein Beispiel: Die Panther hatten 153 Mitarbeiter im Dezember 2019, wovon, dass muss auch gesagt werden, ein Großteil geringfügig Beschäftigte waren. Dazu zählen aber auch Profis wie Spitzenspieler Drew LeBlanc. Kein DEL-Spieler hat schon mit 35 Jahren ausgesorgt.

    Die AEV-Profis gehen im August und September zu hundert Prozent in Kurzarbeit. Was bedeutet das finanziell für die Spieler?

    Sigl: Das Kurzarbeitergeld ist bei 6900 Euro brutto im Monat gedeckelt. Ein Großteil der Spieler, vor allem weil die geldwerten Vorteile wie Auto und Wohnung dazugehören, wird die Bemessungsgrenze erreichen. Viele werden den Höchstbetrag bekommen, das macht dann unter 3000 Euro netto. Das wird für die Spitzenkräfte, und da denke ich an die Stars der Topklubs, schon schmerzhaft.

    STURM: Brad McClure kam von den Florida Everglades zu den Augsburger Panthern.
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    Wer läuft für die Augsburger Panther in der DEL auf? Hier gibt es eine Übersicht über AEV-Spieler, die ihren Vertrag verlängert haben oder neu zum AEV gewechselt sind.

    In Köln oder Mannheim sollen Spieler Zusatzverträge ausgehandelt haben, um die Gehaltseinbußen zu umgehen...

    Sigl: ... ich habe keinen der Verträge gesehen. Ich bin mir sicher, dass alle Spieler, die im Lizenzierungsverfahren als Spieler gemeldet sind, den Gehaltsverzicht von 25 Prozent unterschrieben haben.

    Das ja, und vielleicht noch eine Zusatzvereinbarung?

    Sigl: Das ist etwas anderes. Dann muss das Geld in einem anderen, zu genehmigenden Budget mitlaufen. Wenn das Leistungen von dritter Seite sind, ist das nicht zu überprüfen. Für uns kann ich das ausschließen. Bei uns gibt es keine Spieler, auch nicht LeBlanc, Brady Lamb oder Torwart Olivier Roy, die in eine Größenordnung ausreißen, so dass man ein schlechtes Gewissen haben müsste, wenn man mit den anderen Spielern spricht.

    Sigl: Die Spieler sind von allen Pflichten im Klub freigestellt

    In Augsburg findet also derzeit kein Mannschaftstraining statt?

    Sigl: Wir als Klub bieten nichts an. Die Spieler sind von allen Pflichten freigestellt und halten sich wie jeden Sommer privat fit.

    Die DEL-Profis sind dabei, eine Spielergewerkschaft zu gründen. Sie haben den Ruf weg kein Freund einer solchen Organisation zu sein. Warum?

    Sigl: Das einzige, was ich kritisiert habe ist, dass in der größten Krise des deutschen Eishockey solche Pläne auf den Tisch kommen. Das Thema wird, von Anwälten begleitet, seit Jahren vorbereitet. Und dann hat man genau auf diese Situation gewartet, um vorzupreschen. Ich habe nichts gegen eine Spielergewerkschaft, das wird uns an vielen Ecken sogar helfen. Ich hätte sofort eine Handvoll Themen, die man aus Sicht des Klubs mit einem Mitglied der Gewerkschaft bereden könnte.

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