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AEV: Arm, aber erfolgreich: Panther wollen Deutscher Meister werden

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Arm, aber erfolgreich: Panther wollen Deutscher Meister werden

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    Michael Davies, Trevor Parkes  und Benjamin Hanowski bejubeln einen Treffer der Augsburger Panther gegen Iserlohn.
    Michael Davies, Trevor Parkes  und Benjamin Hanowski bejubeln einen Treffer der Augsburger Panther gegen Iserlohn. Foto: Siegfried Kerpf

    Es ist ein Kabuff: Drei Schreibtische verteilt auf zehn Quadratmeter, eine Nasszelle, kein Fenster, kein Mobilfunkempfang. „Das ist ein bisschen wie in einem Bunker, aber es ist okay“, beschreibt Mike Stewart sein Büro im Curt-Frenzel-Stadion. Dort arbeitet der 44-jährige Trainer der Augsburger Panther, brütet über Aufstellungen und Taktiken oder füttert seinen Computer mit Statistiken über Tore, Vorlagen, gewonnene Bullys oder Zweikämpfe.

    Eishockey-Trainer sind Zahlen-Freaks und man ist versucht zu glauben, dass Erfolg zu einem gewissen Grad planbar ist. Schließlich führte der Kanadier mit dem Zungenschlag von Arnold Schwarzenegger die Augsburger Panther auf Platz sechs der Deutschen Eishockey-Liga. So gut war das DEL-Gründungsmitglied in seinen 23 Jahren in der Eliteklasse noch nie nach der Punktrunde.

    „Wir genießen den Moment. Aber wir sind noch nicht fertig“, sagt der AEV-Coach. Denn die richtige Eishockey-Saison beginnt erst mit den Play-offs. Die Panther treffen im Viertelfinale auf den Dritten Nürnberg. Das erste Spiel steigt am Mittwoch in Franken. Die Begeisterung ist groß.

    AEV mit Saisonetat von 5,4 Millionen Euro

    Zum ersten Mal nach einer dreijährigen Durststrecke mit einem frühen Saisonaus dürfen die Augsburger mit den Riesen der Puckbranche wie München, Köln, Mannheim und Nürnberg mitspielen. „Die großen Vier peilen den Meistertitel an. Wir und drei andere werden versuchen das zu verhindern“, sagt Panther-Chef Lothar Sigl. Mit einem Saisonetat von 5,4 Millionen Euro zählt der AEV zu den DEL-Schlusslichtern im Vergleich zu München (12,5 Mio.), Mannheim (11,5) oder Nürnberg (10,5). Doch die Panther haben den von Großkonzernen wie SAP (Mannheim), Red Bull (München) oder Schmuckdesigner Thomas Sabo (Nürnberg) finanziell kräftig gepäppelten Konkurrenten gezeigt, dass nicht Geld allein Tore schießt. Das genießt auch Sigl: „Da wo wir momentan sind, haben wir eigentlich nichts verloren. Deshalb freut es uns umso mehr.“

    An die teuren Stars kommen die Augsburger nicht ran. „Eine gewisse Kategorie von Spielern wird uns nicht angeboten. Oder erst zu einem Zeitpunkt, wenn aus den großen Fleischtöpfen nichts mehr zu holen ist“, erzählt der Hauptgesellschafter, der die Verträge mit Spielern und Trainern aushandelt. „Augsburg ist für einen Start in Europa ein sehr guter Platz für einen Nordamerika-Profi“, sagt Sigl, der seit 30 Jahren eine Führungsposition bei dem Augsburger Eishockeyklub inne hat. Meist kämpfen die AEV-Profis wirtschaftlich wie sportlich ums Überleben. Auch in dieser Saison muss die Panther-GmbH ohne einen Hauptsponsor auskommen. Aber mittlere und kleine Werbepartner halten dem AEV die Treue. Das für 33 Millionen Euro von der Stadt runderneuerte Curt-Frenzel-Stadion bietet dem Klub ein perfekte Bühne für die Eishockey-Schau.

    Panther-Trainer setzt auf Geschwindigkeit

    In dieser Saison begeisterten die Panther ihr Publikum. Zu den 26 Heimspielen strömten im Schnitt 4920 Besucher. Das bedeutet Platz sechs in der Liga. Im vergangenen Sommer bauten der gelernte Diplom-Betriebswirt zusammen mit Stewart einen Kader, der höheren Ansprüchen genügt. Auch gegen große Widerstände bei den eigenen Fans. Den vom Zweitligisten Freiburg verpflichteten ersten Torwart Jonathan Boutin beschimpften einige Anhänger im Internet so übel, dass der Deutsch-Kanadier seine Facebook-Seite im Frühjahr 2016 abschaltete. Der 31-Jährige entpuppte sich als solider Rückhalt.

    Wenn es dunkel wird im Curt-Frenzel-Stadion sind die Ränge gut besucht. 4920 Zuschauer kamen in der Vorrunde durchschnittlich in die Arena.
    Wenn es dunkel wird im Curt-Frenzel-Stadion sind die Ränge gut besucht. 4920 Zuschauer kamen in der Vorrunde durchschnittlich in die Arena. Foto: Siegfried Kerpf

    Die Defensive mit Kapitän Steffen Tölzer und den Verteidigern Brady Lamb, Mark Cundari oder Scott Valentine blockt so viele Schüsse wie kaum eine andere Abwehr. Im Sturm setzt der AEV-Trainer auf den Faktor Geschwindigkeit. Seine Spiel-Philosophie: „Modernes Eishockey hat mit Speed zu tun.“ Neben den letztjährigen Stützen wie Ben Hanowski und Spielmacher Drew LeBlanc überzeugten alle Verpflichtungen wie Topscorer Trevor Parkes (22 Tore/22 Vorlagen), Michael Davies oder Evan Trupp. Das Saisonziel ist typisch nordamerikanisch unbescheiden: die Deutsche Meisterschaft. Etwas anderes können sich die Mannschaft und er nicht vornehmen, sagt Mike Stewart. Der Blick geht jedoch auf das erste Duell am Mittwoch in Nürnberg.

    Bereits 16 Verträge beim AEV verlängert

    Am Freitag (10. März) steigt das erste von mindestens zwei Heimspielen gegen die Franken im Curt-Frenzel-Stadion. Der Ansturm auf die Ticket war riesig. Nach 20 Minuten war das erste Match ausverkauft, nach 90 Minuten waren die Karten für Heimspiel zwei am 14. März ebenfalls so gut wie weg.Die Euphorie ist in der Stadt zu spüren. Es fühlt sich an wie im Jahr 2010, als die Panther mit dem Durchmarsch bis ins Finale und der Vizemeisterschaft für den größten Erfolg der Klubgeschichte sorgten. Damals feierte der AEV den Triumph, obwohl die Mannschaft danach auseinanderflog. In diesem Jahr ist es anders. Bereits 16 Verträge sind verlängert. Nur die Unterschrift des Trainers fehlt noch, aber der Hauptgesellschafter gibt sich gelassen: „Ich habe keinen Hinweis, dass sich Mike Stewart zu einem anderen Klub orientiert“.

    Für die nächste Saison steht mehr als das Gerüst. „In 23 DEL-Jahren waren wir Anfang März noch nie so weit in unserer Kaderplanung“, sagt Sigl. Die Eishockey-Profis aus der Stadt der Puppenkiste ärgern die Platzhirsche der Liga. Wer des Sprüchleins von der Kirchenmaus Augsburg überdrüssig ist, dem antwortet der Gastronom: „Das ist dummerweise die Realität. Es wäre schön, wenn es anders wäre.“

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