Drei Monate vor dem geplanten Saisonstart wächst die Existenzangst in der Deutschen Eishockey Liga.
Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen und ablehnender Statements aus der Politik zur absehbaren Rückkehr von Zuschauern in Stadien fürchten Clubs und Liga eine mangelnde Perspektive. "Man hat schon schlaflose Nächte", sagte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke der Deutschen Presse-Agentur. Spiele ohne Zuschauer sind - anders als etwa in der Fußball-Bundesliga - über einen längeren Zeitraum nicht darstellbar.
"Wir brauchen jetzt unbedingt kurzfristig klare Perspektiven für unseren Spiel- und Trainingsbetrieb", sagte Stefan Adam, Geschäftsführer der Düsseldorfer EG, der dpa. "Wir wollen und müssen im Spitzensport in absehbarer Zeit wieder vor Zuschauern spielen können. Das ist im Eishockey und auch in nahezu allen anderen Sportarten absolut existenziell."
Zusammen mit seinem Kollegen Philipp Walter vom Erzrivalen Kölner Haie richtete Adam angesichts der aktuellen Entwicklung einen Appell an die Politik - ein Indiz dafür, wie ernst die Lage ist. Allgemeine Absagen von Spitzenpolitikern an einen perspektivischen Spielbetrieb zumindest vor einem Teil von Zuschauern stören die beiden Macher der rheinischen Traditionsclubs.
"Man hört und liest praktisch nie wirklich konkrete, faktenbasierte Argumente, die komplette Veranstaltungsverbote trotz mittlerweile vorliegender schlüssiger Hygienekonzepte weiterhin rechtfertigen", klagte der frühere Profi-Handballer Adam. "Millionen Menschen fahren in diesem Sommer vollkommen selbstverständlich in ihren wohlverdienten Urlaub, und die Durchführung von Kultur- und Sportveranstaltungen wird teilweise ohne jegliche sachliche Begründung als falsches öffentliches Signal kritisiert und soll weiterhin verboten bleiben. Das ist teilweise wirklich schwierig nachzuvollziehen", schimpfte der 47-Jährige.
"Mich irritiert, wie pauschal Themen bewertet werden", sagte auch Walter (46). "Meine Beobachtung ist, dass die wichtige Rolle und Aufgabe von Sport und Kultur seit Monaten aus dem Blick geraten."
Dass Spitzenpolitiker zuletzt ein Konzept der Deutschen Fußball Liga zur geplanten Rückkehr von kleineren Zuschauermengen in die Stadien pauschal ablehnten, macht den DEL-Clubs Angst. Geisterspiele wie in der Fußball-Bundesliga hält die DEL für nicht darstellbar. Als im März noch vor dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle in Deutschland Spiele vor Zuschauern nicht mehr möglich waren, beendete die DEL sofort die Saison, ohne einen Meister zu küren.
"Für uns sind Zuschauer im Stadion das Wichtigste. Es ist natürlich existenziell", sagte Augsburgs Hauptgesellschafter Lothar Sigl der dpa. Der 63-Jährige hält eine 50-prozentige Auslastung der gut 6000 Zuschauer fassenden Halle in Augsburg für notwendig, um halbwegs wirtschaftlich spielen zu können. In Düsseldorf und Köln sieht es bei allerdings etwa dreimal so großen Arenen nicht anders aus.
Die Clubs erarbeiten derzeit eigene Hygienekonzepte, um mit Zuschauern am 13. November in die neue Saison starten zu können. Darüber entscheiden demnächst die lokalen Gesundheitsbehörden. Das aus der Politik vorgegebene Stimmungsbild erschreckt die meisten. "Warum Spiele zumindest mit eingeschränkten Zuschauerzahlen unter klaren Regeln des Gesundheitsschutzes nicht möglich sein sollen, wird politisch und medial nicht sachlich diskutiert", befand Adam.
Zwar sind es bis zum geplanten Saisonstart noch drei Monate, doch grundlegende Entscheidungen müssen schnell getroffen werden. "Wir müssen Mitte September entscheiden, ob wir Mitte November anfangen. Die aktuelle Sorge ist, dass wir dann aber nicht viel schlauer sind. Es wird uns wohl dann keiner sagen, dass wir im November definitiv spielen dürfen", klagte DEL-Chef Tripcke, der angesichts der trüben Aussichten weitere wirtschaftliche Unterstützung forderte.
Über ein Konjunkturpaket sollen die wichtigsten Teamsport-Profiligen bereits mit insgesamt 200 Millionen Euro unterstützt werden. In der DEL hilft dies laut Tripcke aber nur, aktuell Insolvenzen vermeiden zu können. "Aus eigener Kraft werden wir keine Spiele ohne Zuschauer machen können. Dann brauchen wir eine wirtschaftliche Unterstützung", mahnte Tripcke: "Sonst machen wir die Mannschaftssportarten kaputt."
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