Auf Bundestrainer Harold Kreis wartet noch genügend Arbeit: Drei Tage vor dem WM-Start verlor die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft die Generalprobe gegen die USA in München mit 3:6 (0:2, 0:1, 3:3). Für die Gastgeber trafen nach einem 0:3-Rückstand Dominik Kahun mit einem Doppelpack und Daniel Fischbuch. Attard (14.), O’Connor (16./55), Garland (33.), Grimaldi (58.) und Walker (59.) erzielten vor 5028 Zuschauern die Tore für die USA.
Nach 60 Minuten gönnten sich beide Teams nach vorheriger Absprache noch eine Verlängerung (1:0 für die USA) und ein Penaltyschießen, um auch diese Situationen vor der WM zu üben. Das Penaltyschießen ging mit 4:2 ebenfalls an die Gäste. Die Amerikaner, die das eindeutig bessere Team stellten, gleichen Jahr für Jahr einer Wundertüte. Mal entsenden sie eine mäßig motivierte Truppe, die sich Europa anschauen will. Bei den Titelkämpfen 2005 in Österreich inspizierten die US-Boys das Wiener Bermudadreieck zwischen Schwedenplatz und Rotenturmstraße genauer als die gegnerischen Drittel. Oder es kommt eine erfolgshungrige Mannschaft, die Bock auf eine Medaille hat, wie es offenbar in der Auflage 2023 der Fall ist. Den US-Trainer kennt der deutsche Nationalstürmer Nico Sturm bestens aus seinem Klub. David Quinn arbeitet als Headcoach der San Jose Sharks.
Team USA gleicht einer Wundertüte
Der 56-Jährige hat maßgeblichen Anteil an der positiven Entwicklung des Augsburgers Sturms, der sich in seiner ersten von drei vertraglich geplanten Spielzeiten in San Jose einen Platz als Center und mehr Eiszeit erkämpfte. Bis zu seiner Spieldauerstrafe wegen eines Ellbogenchecks in der 40. Minute zählte Sturm am Dienstag erneut zu der auffälligsten Figuren in einem deutschen Kader, in dem noch viel Bewegung ist. Vor dem WM-Auftakt am Freitag gegen Schweden muss Bundestrainer Kreis seinen Kreis von 27 auf 25 Profis verkleinern. Man sollte meinen, dass bei so vielen Namen nicht so arg ins Gewicht fällt, ob der Huber oder der Maier verteidigt. Handelt es sich um Spieler aus der Deutschen Eishockey Liga, liegen oft nur Nuancen zwischen den Kandidaten. Der eine ist in der Offensive stärker. Der andere zeigt vor dem eigenen Tor seine Qualitäten. Doch wenn sich Moritz Seider ankündigt, dann hebt das die Qualität der deutschen Abwehr, die in der WM-Vorbereitung eher einem Problemfeld glich, auf ein anderes Niveau.
Seider war zum besten Verteidiger der WM 2021 gewählt worden. Nach dem Saisonende in der National Hockey League wollte der 22-Jährige ursprünglich seine Blessuren auskurieren. Inzwischen folgte der auch für den Deutschen Eishockey Bund (DEB) unerwartete Sinneswandel. Erst am Montagabend war der Abwehrspieler der Detroit Red Wings zur Mannschaft gestoßen. Am Dienstagmittag bestritt er eine erste Einheit in der Olympia-Eishalle und sagte anschließend: „Jetzt heißt es einfach, in Fahrt zu kommen. Und dann schauen wir mal, wann es so weit ist.“ Seinen Sinneswandel begründete der Abwehrspieler, der im deutschen Powerplay gesetzt sein dürfte, so: „Lust hatte ich die ganze Zeit. Aber ab und an muss man auch mal einen Schritt zurück machen und sich die Zeit nehmen. Die habe ich einfach gebraucht.“
Neben Seider kommt ein weiterer Abwehrspezialist aus Nordamerika. Aus der zweitklassigen American Hockey League stößt Kai Wissmann in Tampere zur Mannschaft. Der 26-Jährige erhielt nach dem Play-off-Aus von seinem Team Providence Bruins die WM-Freigabe. Für Leon Gawanke von den Manitoba Moose (AHL) steht die Spielerlaubnis des Klubs noch aus.
Yasin Ehliz vom deutschen Meister München verletzt sich
Bitter ist ein kurzfristiger Ausfall im Sturm. Yasin Ehliz vom deutschen Meister München musste wegen einer Verletzung am Montag seine WM-Teilnahme absagen. „Bei Yasin flossen Tränen, weil er nicht mehr dabei sein kann“, sagte DEB-Sportdirektor Christian Künast zum Ausfall des Olympia-Zweiten von 2018. Der 30 Jahre alte Bad Tölzer war von der DEL als wertvollster Spieler und bester Stürmer des Jahres ausgezeichnet worden. Die WM wird Ehliz nun zu Hause am Fernseher sehen. Der deutsche NHL-Superstar Leon Draisaitl könnte noch ein Thema für die WM werden. Nach einer 1:5-Heimniederlage der Edmonton Oilers liegt der Draisaitl-Klub gegen die Vegas Golden Knights in der Serie mit 1:2 zurück. Der 27 Jahre alte Kölner blieb dabei im neunten Play-off-Spiel dieser Saison erstmals ohne Torbeteiligung. Vier Siege sind zum Weiterkommen nötig. Laut Künast sei das letzte Wort in Richtung WM noch nicht gesprochen.