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Eishockey: Streit um DEB-Präsident Franz Reindl: Hilferuf aus dem Inneren

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Streit um DEB-Präsident Franz Reindl: Hilferuf aus dem Inneren

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    Franz Reindl bekommt nun auch Gegenwind aus dem eigenen Verband.
    Franz Reindl bekommt nun auch Gegenwind aus dem eigenen Verband. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Franz Reindl nutzte die Gunst der Stunde und setzte zum Rundumschlag an. Aus seiner Sicht sollte es wohl ein Befreiungsschlag sein. Am Rande des Deutschland Cups am vergangenen Wochenende trat der DEB-Präsident vor die Kamera des übertragenden Haus-und-Hof-Senders Magentasport. Allzu kritische Nachfragen musste er nicht fürchten. Eishockey wird dort als Hochglanzprodukt vermarktet. Also sagte Reindl, dass die Kritik an ihm schon reinhaue, „ich bin auch wirklich berührt davon“.

    DEB-Präsident Franz Reindl: Heftiger Gegenwind aus einigen Landesverbänden

    Hintergrund ist, dass ihm aus einigen Landesverbänden heftiger Gegenwind ins Gesicht bläst. Sie werfen Reindl vor, sich in einen Interessenkonflikt begeben zu haben. Reindl war nämlich über Jahre hinweg gleichzeitig ehrenamtlicher DEB-Präsident und bezahlter Geschäftsführer einer DEB-Tochter. Mit dem Geld des Sportrechtevermarkters Infront (der zwischenzeitlich an der Tochtergesellschaft beteiligt war), so der Verdacht, sei die GmbH gerettet worden – und damit auch Reindls Gehalt. Gleichzeitig verhandelte der dann als Präsident die Verträge über die Rechtevermarktung des DEB mit, na klar, Infront aus.

    Der DEB-Präsident bestreitet einen Interessenkonflikt. „Natürlich mussten wir unternehmerische Entscheidungen treffen. Das haben wir nach bestem Wissen und Gewissen getan“, sagte er bei Magentasport. Er wisse nicht, woher nun der Hass komme. „Ich habe niemandem etwas getan. Es gibt in Deutschland halt zwei, drei Leute, die nicht die Aufklärung wollen, sondern die Vernichtung.“ Kein Wort zu den Vorwürfen selbst.

    Das Geschäftsgebaren Reindls – besonders bemerkenswert ist ein Darlehen über 300.000 Euro von Infront an die klamme GmbH, das plötzlich erlassen wurde – soll nun eine Kanzlei entwirren und im Auftrag des DEB ein „unabhängiges“ Gutachten erstellen.

    Toxisches Arbeitsklima beim Deutschen Eishockey-Verband: Suche nach Maulwürfen

    So weit, so kompliziert. Sehr viel gefährlicher, weil sehr viel nachvollziehbarer, könnte Reindl werden, was gerade in seinem eigenen Verband vorgeht. Auch unsere Redaktion hatte schon darüber berichtet, dass dort ein toxisches Arbeitsklima herrsche. Offenbar läuft eine Suche nach vermeintlichen Maulwürfen, die Informationen durchgesteckt haben sollen. Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind oder waren langfristig krankgeschrieben. Das Wort Hexenjagd ist zu hören.

    Anfang der Woche tauchte eine Mail an die DEB-Spitze auf, die unserer Redaktion und dem Spiegel vorliegt. In dieser beklagt eine langjährige Mitarbeiterin die Zustände, die in der Geschäftsstelle herrschen. Es fallen die Worte „diskriminiert, beleidigt und ausgebeutet“. Durch die vielen Ausfälle seien Sieben-Tage-Wochen keine Seltenheit. Es gebe Mitarbeiterinnen, die durch die ständige Mehrarbeit unter dem Mindestlohn tätig seien. Nach Informationen unserer Redaktion wurde deshalb bereits das Gewerbeaufsichtsamt beim DEB vorstellig. Auf Anfrage bestätigte der DEB den Vorgang. Dabei habe es sich aber um einen routinemäßigen Besuch gehandelt. Es sei um eine Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze, „insbesondere im Hinblick auf die Corona-Schutzmaßnahmen“, gegangen.

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    Die interne Antwort Reindls auf den Brandbrief aus den eigenen Reihen fällt routiniert aus. Man nehme das alles sehr ernst, schreibt Reindl am 10. November. Aber jetzt müsse erst einmal der Sport im Mittelpunkt stehen. „Wir kommen deshalb nächste Woche darauf zurück.“ Mit einigen Dankesworten für die geleistete Arbeit schließt die Mail. „Wir wissen dies sehr zu schätzen.“

    Unwillkürlich drängen sich nun Parallelen zwischen Reindl und dem scheidenden DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann auf. Dem Allgäuer Spitzenfunktionär wurde ein anonymer Brief aus den eigenen Reihen zum Verhängnis. In diesem war die Rede von einer Kultur der Angst, die innerhalb des DOSB und unter seiner Führung herrsche.

    Ex-DOSB-Vorstand Alfons Hörmann und Franz Reindl kennen und schätzen sich

    Hier wie dort gingen und gehen die beiden Präsidenten, die sich auch persönlich kennen und schätzen, mit großer Härte gegen ihre Kritiker vor. Beide kämpfen mit juristischen Mitteln. Im Eishockey scheiterte DEB-Justiziar Marcus Haase zuletzt allerdings mit zwei Unterlassungsklagen. Hörmann seinerseits ließ von einer Anwaltskanzlei einen Brief an Karin Fehres schreiben. Die war bis Ende 2020 DOSB-Vorstandsmitglied für Sportentwicklung. In dem Schreiben sei ihr, so Fehres, unterstellt worden, die Autorin des anonymen Schreibens (Stichwort: Kultur der Angst) gewesen zu sein. Sie wies den Vorwurf zurück. Das öffentliche Echo auf diese Aktion des noch amtierenden DOSB-Präsidenten war verheerend.

    Und es gibt noch mehr verwandte Ereignisse. Reindl wie auch Hörmann versuchten, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit eidesstattlichen Versicherungen, Solidaritätsbekundungen oder offenen Briefen auf sich einzuschwören. Auf viele hatte das den gegenteiligen Effekt, sie fühlten sich unter Druck gesetzt. Beide Funktionäre versuchten oder versuchen zudem, sich mithilfe von selbst in Auftrag gegebenen Gutachten einen argumentativen Vorteil zu verschaffen.

    Nur in einem unterscheiden sich die beiden: Hörmann hat kapituliert und tritt bei den Neuwahlen im Dezember nicht mehr an. Reindl dagegen bereitet eine erneute Kandidatur vor, obwohl er das vor einiger Zeit noch ausgeschlossen hatte. Zum Umdenken dürfte ihn bewegt haben, dass er mit seinem Vorhaben, Präsident des Eishockey-Weltverbandes zu werden, gescheitert ist.

    Konfrontiert mit den Vorwürfen aus der internen Mail ließ der DEB über eine Rechtsanwaltskanzlei antworten, dass diese zurückgewiesen würden. Unter anderem heißt es in dem Antwortschreiben: „Die Darstellung ist falsch. Mitarbeiter werden nicht eingeschüchtert.“ Basta.

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