Die Nordamerikaner sind schier verrückt nach Statistiken im Sport. Egal ob Basketball, Baseball oder Eishockey – jedes Spiel wird analysiert und in seine Einzelteile zerlegt. Über jede Spielerin oder jeden Spieler werden riesige Datenmengen gesammelt. Im Eishockey werden nicht nur Tore und Vorlagen gezählt. Wichtig (oder für wichtig gehalten), wird auch, ob es ein Game-Winning-Goal war, also der Siegtreffer. Oder ob es in Unterzahl oder im Powerplay erzielt wurde. Oder ob es der erste Treffer für die Mannschaft im Spiel war. Wenn man die Statistiken des Stanley-Cup-Finales zwischen den Edmonton Oilers und den Florida Panthers ansieht, dann ist die Meisterschaft eigentlich gelaufen. Dann geht der riesige Silberpokal nach Florida.
Nach dem 4:3-Erfolg vom Freitag liegen die Panthers mit 3:0-Siegen vorne. Vier Erfolge werden in der Serie Best-of-Seven benötigt. Das heißt auch: Der große Traum vom Stanley-Cup-Gewinn könnte für Leon Draisaitl bald vorbei sein. Nach dem dritten Match und der dritten Niederlage wirkte der deutsche Superstar in der National Hockey League geknickt. "Es ist sehr frustrierend. Ich glaube, wir haben uns heute selbst ein Bein gestellt", sagte der 28-Jährige und ergänzte: "Wir haben einige individuelle und kollektive Fehler gemacht, die sie sofort ausgenutzt haben."
Draisaitl in den Finals bisher ohne Torerfolg
Der gebürtige Kölner und bekennende Fan des Bundesligisten 1. FC Köln spielt die erste NHL-Finalserie seiner Karriere und blieb in Match drei ohne Scorerpunkt. Das erste Heimspiel der Oilers in der Finalserie begann mit einem offensiven Schlagabtausch und Chancen auf beiden Seiten. Nachdem die beiden Oilers-Stars Draisaitl und sein Kumpel Connor McDavid beste Möglichkeiten im Überzahlspiel ausgelassen hatten, fiel das Tor auf der Gegenseite: Sam Reinhart lenkte einen Schuss von Gustav Forsling ins Tor ab (19.).
Im zweiten Drittel erhöhten die Gastgeber zwar das Tempo und erzielten durch Warren Foegele den verdienten 1:1-Ausgleich. Doch in der Folge ließen die Oilers wieder zu viele Tormöglichkeiten ungenutzt verstreichen. Panthers-Torwart-Goalie Sergei Bobrowski hielt wie in den Partien zuvor (3:0 und 4:1 für Florida) stark. Die Panthers hingegen nutzten die Fehler der Oilers kaltschnäuzig aus und erhöhten durch Wladimir Tarassenko (30.), Sam Bennett (34.) und Aleksander Barkov (36.) binnen sieben Minuten auf 4:1. Edmonton steckte im dritten Drittel nicht auf und kam durch einen abgefälschten Schuss von Philip Broberg (47.) und kurz vor Schluss Ryan McLeod (55.) noch einmal heran. Der Vorjahresfinalist aus Florida hielt dem Druck jedoch stand.
Draisaitl und einige Oilers-Stars bleiben blass
Der Schlüssel zum Erfolg ist die starke Florida-Abwehr vor einem überragenden Schlussmann Bobrowski. Die Panthers schafften es bisher, die überragende Oilers-Offensive in Schach zu halten. Die Stars wie Draisaitl, Zach Hyman oder Ryan Nugent-Hopkins sind in der Finalserie noch ohne Scorerpunkt. Der Kölner blieb in Spiel drei blass. Ob er verletzt ist und angeschlagen spielt, ist nicht bekannt. Das wird in Eishockey-Play-offs nicht kommuniziert, um dem Gegner nicht die winzigste Information zu geben und damit auch nicht den geringsten Vorteil zu verschaffen.
Trotz der dritten Niederlage in der dritten Partie versuchten die Oilers vor dem vierten und womöglich letzten Spiel in der Nacht auf Sonntag im heimischen Rogers Place Optimismus auszustrahlen. "Wir haben immer noch einen großen Glauben. Ich denke, wir haben gezeigt, dass wir diese Mannschaft schlagen können.", sagte Edmontons Coach Kris Knoblauch, der nach einem katastrophalen Saisonstart die Oilers erst im Herbst vergangenen Jahres übernommen hatte. Es gebe keinen Zweifel in der Kabine. Torwart Stuart Skinner äußerte sich ähnlich: "Ich denke, wir können eine tolle Mannschaft sein und wir werden einen Weg finden, diese Jungs zu besiegen." Positiv zu bleiben, egal wie mies die Lage erscheint, gehört zum nordamerikanischen Sport wie die Cola zum Popcorn.
Die Statistik spricht gegen Draisaitl
Die Statistik gibt der Mannschaft aus der Öl-Hauptstadt Kanadas jedoch wenig Hoffnung auf die Wende. Erst vier Mal in der NHL-Geschichte wurde ein 0:3-Rückstand in einer Play-off-Serie gedreht. Zuletzt gelang es 2014 den Los Angeles Kings. Und in einer Finalserie muss man lange im Zahlenmaterial kramen, um dieses kleine Eishockey-Wunder zu finden. Bislang gelang es in der Finalserie nur einer Mannschaft. In den Endspielen um den Stanley Cup gelang es den Toronto Maple Leafs nach einem 0:3, die K.-o.-Runde noch in einen 4:3-Sieg gegen die Detroit Red Wings umzubiegen. Das geschah 1942. Kurz vor seinem großen Ziel droht Draisaitl wieder zu scheitern. Die Zahlen sprechen gegen den Kölner und die Oilers.