Irgendein Wundermittel müssen die Tschechen gefunden haben. Sind es die böhmischen Knödel oder die Buchteln? Oder das tschechische Bier ist der Zaubertrank, der einem ewige Jugend beschert. So muss man jedenfalls die Nachrichten deuten, die uns aus dem Osten erreichen. Dort erlebt mitten im Winter ein gewisser Jaromir Jagr seinen x-ten Frühling. Ja genau, das ist der Eishackler, der vor 30 Jahren zusammen mit Rudi Völler den Vokuhila in ganz Europa populär machte. In Tschechien hieß die Frisur schlicht: "Einen Jagr bitte!" Und die Frisörin oder der Frisör seines Vertrauens wusste, wie zu schneiden war.
Nebenbei flog Jagr mit der wehenden Matte unter dem Helm über die Eisflächen. 1991 und 1992 reckte der Flügelstürmer mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup in die Höhe. In der National Hockey League absolvierte der Tscheche aus Kladno unglaubliche 1941 Partien. Nur Wayne Gretzky, der unbestritten größte Eishockeyspieler aller Zeiten, sammelte mehr Scorerpunkte als Jagr. Mit Tschechien holte er olympisches Gold und Weltmeistertitel. Mehr geht nicht. Jagr als Eishockey-Legende zu beschreiben ist eine Untertreibung. Inzwischen ist er nach Kladno zurückgekehrt. Als Spieler und als Besitzer des Klubs. Noch immer schnürt er die Schlittschuhe. Nicht ganz freiwillig.
Keine Zeit und keine Lust mehr - und trotzdem war Jagr wieder auf dem Eis
Zum einen lief es sportlich nicht. Kladno war zwischenzeitlich abgestiegen. Außerdem würden einige Geschäftspartner aufhören, wenn der Klub-Boss die Schlittschuhe an den Nagel hängen würde.
Im Herbst 2022 sollte dann doch endgültig Schluss sein. Der Jagr sei des Jagens nach der Scheibe müde. Er habe weder die Motivation noch die Zeit und Lust, zu spielen. Außerdem müsse er immer härter trainieren und aufpassen, nicht zuzunehmen. Wegen Knedlicki und Pivo und so. Doch dann schwappte eine Grippewelle durch die Umkleide und lichtete die Reihen der Ritter (Rytiri). Zu Jahresbeginn 2023 streifte Jaromir das Trikot von Rytiri Kladno über und stellte bei der 3:4-Heimniederlage gegen Pilsen einen neuen Rekord in der Extraliga auf. Das erste Tor eines 50-Jährigen in der höchsten tschechischen Klasse. Aufgelegt von seinem Kumpel und Ex-NHL-Profi Tomas Plekanec, mit 40 Jahren auch kein hoffnungsvolles Talent mehr.
Jagr-Kumpel Plekanec ist auch schon 40
Der Klubbesitzer und der Altstar – welcher Trainer würde es wagen, anders aufzustellen – stürmen gemeinsam im ersten Ritter-Block. Am 15. Februar feiert Jagr seinen 51. Geburtstag.