Gernot Tripcke hat, wie er selbst sagt, einen ziemlich „schönen Sommer“ hinter sich. Das wäre an sich nicht weiter erwähnenswert, wären die vergangenen zwei Sommer des Geschäftsführers der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nicht so düster gewesen. Ein erzwungener Gehaltsverzicht der Spieler, Umsatzeinbrüche, Geisterspiele – das deutsche Eishockey hat schwere Zeiten hinter sich.
Nun, kurz bevor am Donnerstag die Kölner Haie und der EHC Red Bull München die Saison eröffnen werden (19.30 Uhr), scheinen alle Unebenheiten wieder so glattgezogen wie die Spielfläche nach einer Runde der Eismaschine. 15 Teams haben sich reibungslos lizenziert. Sie dürfen – noch – ihre Stadien füllen. Und zwei neue Verträge hat Tripcke auch in der Tasche. Die DEL hat erst kürzlich ihren Vertrag mit Ligasponsor Penny verlängert. Schon zuvor hatte sie sich auf einen neuen Fernseh-Deal mit MagentaSport, dem Streamingdienst der Telekom, geeinigt. „Damit sind wir wirtschaftlich in neue Dimensionen vorgestoßen“, sagt Tripcke. Dem Vernehmen nach verdoppeln sich die TV-Erlöse für jedes Team von gut 300.000 Euro auf ungefähr das Doppelte.
Spielabsagen in der DEL sollen der Vergangenheit angehören
Die Hoffnung ist zurück in der DEL, das schlägt in jeder Antwort Tripckes bei einer Pressekonferenz in Frankfurt durch. Die Teams müssen kein Test- oder Impfprotokoll mehr durchlaufen, die Fans können ohne Maske ins Stadion. Vorerst. Denn ab 1. Oktober kommt das neue Infektionsschutzgesetz.
Auch wenn Spielabsagen der Vergangenheit angehören sollen, einen Punktequotienten, wie ihn die Liga zu Corona eingeführt hat, wird es weiterhin geben – „für den Fall der Fälle, in der Hoffnung, dass wir ihn nie brauchen“, sagt Tripcke. Anders als in der Vergangenheit können Teams eine Partie aber nur verlegen, wenn mindestens 15 Spieler in behördlicher Quarantäne sind. Ihren Kader können sie neuerdings über Notlizenzen auch mit Jugendspielern auffüllen, laut Tripcke „mehr oder weniger formlos“. Dafür änderte die Liga extra ihre Spielordnung.
Auch das wichtigste Element wurde generalüberholt: der Puck. In der Hartgummischeibe ist ab dieser Saison ein etwa Zwei-Euro-Stück-großer Chip verbaut (wie auch in der Ausrüstung der Spieler), der noch mehr Statistiken an Teamanalysten und Fans liefern soll.
"Eigentlich nicht DEL-tauglich": Für den Liga-Chef ist die Halle von Aufsteiger Frankfurt ein Problem
Mit den Löwen Frankfurt kommt – anstelle von Absteiger Krefeld – auch ein neues Team in die Liga, führt allerdings einen großen Makel mit sich: Die alte Eissporthalle der Mainmetropole hat sich kaum verändert, seit in Frankfurt 2010 noch unter dem Namen „Lions“ letztmalig DEL-Eishockey gespielt wurde. Dass Pläne der Stadt für eine neue Arena immer wieder stocken und scheitern, ist seit Jahren Dauerthema. „Wir waren teilweise entsetzt. Es hat sich nichts getan. Es war in den letzten anderthalb Jahren nicht möglich, ein paar Kabel zu verlegen. Die Telekom kann nicht alle Kameras aufbauen. Wir spielen am Sonntag in einem Stadion, das eigentlich nicht DEL-tauglich ist“, schimpft DEL-Chef Tripcke.
Nichtsdestotrotz spricht Stefan Krämer, der geschäftsführende Gesellschafter der Löwen, von einer „Wahnsinns-Euphorie“. Über 2000 Dauerkarten seien verkauft worden – so viel wie nicht einmal zu Lions-Zeiten. An anderen Standorten hingegen ist die Rede von bis zu 20 Prozent weniger verkauften Tickets. Also doch noch ein Corona-Effekt?
Ingolstadt verkaufte weniger Dauerkarten, Augsburg bleibt auf stabilem Niveau
Auch beim ERC Ingolstadt ist der Kartenverkauf leicht rückläufig. Die hohen Ziele aber bleiben gleich: „Mindestens Platz sechs“ gibt Kapitän und Verteidigungsanker Fabio Wagner vor. Ob sich der Klubetat nach der Krisenzeit schon wieder ganz erholt hat, will Geschäftsführer Claus Liedy nicht verraten.
Anderes Bild beim Rivalen in Augsburg: Mit gut 3000 verkauften Dauer- und Sponsorenkarten bleiben die Panther stabil. Der Gesamtetat sei, so ein Vereinssprecher, „auf Vorjahresniveau“ und reiche damit noch nicht ganz an prä-pandemische Zeiten. Damals hatten die Panther geschätzt etwas über sieben Millionen Euro zur Verfügung.
„Die Augsburger haben ein riesiges Ausrufezeichen gesetzt, Dennis Endras zurückzuholen, und ein gutes Fundament, um um die Play-off-Plätze mitspielen zu können“, meint TV-Experte und Ex-Panther Christoph Ullmann. Neben den „üblichen Verdächtigen“ ganz vorne – Berlin, Mannheim, München – sieht er „viele Klubs, die Richtung Play-offs arbeiten, aber mit einem Auge Richtung Abstieg schielen müssen. Das macht es so unglaublich spannend“.
Ein schöner Sommer, ein spannender Winter, und – geht es nach Gernot Tripcke – abschließend dann ein goldener Frühling. Von unserer Redaktion nach den Umsatzzielen der Liga gefragt, will der Geschäftsführer in neue Dimensionen vorstoßen. 130 Millionen Euro erwirtschafteten die Teams im Vorjahr. „Jetzt hoffen wir auf 150 Millionen“, sagt Tripcke.