Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Dieter Hecking: Rettungsmission beim Krisenklub VfL Bochum

Fußball

Ein Polizist für den VfL Bochum: Hecking soll das Wunder schaffen

    • |
    • |
    Dieter Hecking ist der neue Trainer des VfL Bochum.
    Dieter Hecking ist der neue Trainer des VfL Bochum. Foto: Swen Pförtner, dpa

    Dass es sich Dieter Hecking in seinem Leben leicht gemacht hätte, kann nun wirklich keiner sagen. Der 60-Jährige hat fünf Kinder, war insgesamt sechs Jahre beim 1. FC Nürnberg und hat in Städten wie Hannover, Paderborn und Wolfsburg gelebt. Die aber wohl härteste Mission seiner Laufbahn startete der Mann aus Castrop-Rauxel am Montag: Beim VfL Bochum unterschrieb er einen Vertrag als Trainer. Hecking soll den Verein, der mit einem Punkt aus neun Bundesligaspielen den schlechtesten Start aller Zeiten hingelegt hat, vor dem Abstieg retten. Vorerst bis zum Saisonende ist das Arbeitspapier des Mannes terminiert. Idealerweise soll im Sommer der Klassenerhalt mit dem Revierklub feststehen. Sollte Hecking das gelingen – es wäre das, was im Fußballjargon gemeinhin als „Wunder“ bezeichnet wird.

    Am Gelingen dieses Vorhabens sind aber schon jetzt Zweifel erlaubt. Zwei Trainer haben sich im Laufe dieser Saison schon an der Mannschaft versucht, unter Interimscoach Markus Feldhoff setzte es ein 0:5 gegen die Bayern und ein 2:7 bei Eintracht Frankfurt. Der einzige Punktgewinn rührte vom 2:2 gegen Aufsteiger Holstein Kiel. Ob die Mannschaft wirklich das Zeug für die Bundesliga mitbringt? Markus Feldhoff formulierte es nach der Packung gegen die Eintracht diplomatisch: „Ob die Qualität am Ende reicht, glaube ich, kann man jetzt noch nicht bewerten. Es ist einfach so, dass eigentlich kein Spieler in der bestmöglichen Verfassung ist, in der er sein könnte oder sein müsste, um in der Bundesliga mitzuspielen.“

    Dieter Hecking: Neue Hoffnung für VfL Bochum

    Nun soll mit Hecking einer der erfahrensten Trainer der Bundesliga-Geschichte sich am VfL versuchen. Der ist im Ruhrgebiet, das selbst für diese Region eine erstaunlich große Auswahl an Krisenklubs anbietet, das derzeit größte Sorgenkind – noch vor Dauerkandidaten wie den FC Schalke 04. Hecking kommt als Trainer in den ersten beiden Ligen auf über 660 Partien, in der Bundesliga liegt er mit 418 Spielen an der Seitenlinie auf Rang elf der erfahrensten Übungsleiter. Sehr wahrscheinlich dürfte er sich Mitte Januar gegen Mainz über den Einzug in die Top Ten freuen – auf Christoph Daum fehlen ihm noch sieben Spiele. Es wäre eine weitere Auszeichnung für den Mann, der im Jahr 2015 zum „Trainer des Jahres“ gewählt wurde. Damals hatte er mit dem VfL Wolfsburg gerade den DFB-Pokal gewonnen. In der Autostadt erlebte Hecking seine erfolgreichste Zeit, trainierte Stars wie Kevin de Bruyne oder Ivan Perisic. Seine eigene Arbeit beschrieb der gelernte Polizist damals so: „Die Mannschaften, die ich trainiert habe, haben immer schnell meine Handschrift erkennen lassen. Ich würde mich als ehrgeizig, akribisch und engagiert bezeichnen. Disziplin und Respekt stehen bei mir oben – und das lebe ich vor.“

    Als Spieler war der Westfale keine sonderlich große Nummer, insgesamt stehen 36 Einsätze in der ersten Liga in der Bilanz. Die meisten Spiele machte Hecking für Hessen Kassel, das damals zwischen zweiter Liga und Oberliga pendelte. Dass er aber mehr kann als nur einem Ball hinterherzujagen, wurde bei den Hessen schon deutlich: Hecking war in Kassel nicht nur Kapitän, sondern übernahm noch zusätzlich den Job eines Managers. Der Kicker bezeichnete ihn damals als Deutschlands ersten „Managerspieler“. Hecking entwickelte neue Werbestrategien als Betreuer eines Werbepools und wurde 1989 noch Torschützenkönig der Oberliga Hessen.

    Seine Familie hat Hecking fast nie dabei – das sieht er als Vorteil

    Dass er als Organisator besser ist als als Spieler, wurde Hecking auch bald bewusst. Über Verl landete er beim damaligen Zweitligaaufsteiger Lübeck, das er 2004 ins Halbfinale des DFB-Pokals führte, aber auch am Ende der Saison abstieg. Mit Alemannia Aachen ging es in die Bundesliga, dort griff Hannover 96 zu. Bei 96 war es das einzige Mal in seiner Karriere so, dass er nicht von seiner Familie getrennt lebte. Dass er in allen anderen Stationen – und nun auch in Bochum – alleine arbeitete, habe aber seine Vorteile: „Dadurch, dass meine Familie nicht bei mir ist, habe ich in der Woche die Zeit, um mich überall einzubringen, um auch für die Sekretärin, die Pressestelle, den Nachwuchsbereich ein offenes Ohr zu haben. Ich habe nie die Hetze, gleich wieder wegzumüssen. Als Kopf des gesamten sportlichen Gebildes muss man so arbeiten.“ Den 1. FC Nürnberg rettete Hecking so im Sommer 2010 in der Relegation gegen den FC Augsburg noch vor dem Absturz in die zweite Liga – und verpasste mit den Franken eine Saison später sogar nur knapp das internationale Geschäft, der Club wurde Sechster.

    Zur Wahrheit gehört aber auch: Die zweite Amtszeit Heckings bei den Franken geriet nicht mehr ganz so erfolgreich. Im Juli 2020 als Sportdirektor gestartet, musste er zwischenzeitlich als Trainer aushelfen. Im Juni war nach drei Jahren Schluss. Nun also Bochum. Das Startprogramm für Hecking hat es in sich: Die ersten beiden Gegner sind Meister Leverkusen und Vizemeister Stuttgart.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden