Um einen Eindruck von dessen Spielweise zu bekommen, genügen die ersten Wochen Samuel Essendes. Geradlinig, schnell, durchsetzungsstark - so präsentiert sich der Angreifer in Trainings und Testspielen des FC Augsburg bislang. Am ersten Gegenspieler zieht der bullige Stürmer meist vorbei, seinen Abschlüssen fehlt es mitunter noch an Präzision. Das soll sich ändern. Spätestens, wenn mit dem DFB-Pokalspiel bei Viktoria Berlin in zweieinhalb Wochen die Pflichtspielsaison des Fußball-Bundesligisten beginnt. Essende ist nicht nur ob seiner 1,92 Meter eine Erscheinung. Als er im Resort Anew auf einer Bank sitzt, beulen Muskeln sein T-Shirt aus. In den Ohren glitzern Stecker, lächelt er, funkelt der Zahnschmuck. Essende legt Wert auf sein Äußeres, in seinem Wechsel in die Fußball-Bundesliga sieht er eine Chance, sich auf größerer Bühne zu präsentieren. Im Fußball gehe es auch ums Prestige. „Jeder kennt die Bundesliga. Sie ist eine der größten und berühmtesten Ligen der Welt. Deshalb bin ich hierhergekommen.“
Essende, 26 Jahre alt, ist in Montfermeil, einem Vorort von Paris geboren. Bei Paris Saint-Germain ließ er sich zum Profi ausbilden. Die Zeit in der Jugendakademie des französischen Ausnahmeklubs hat den Spieler geprägt. Einerseits ist es die beste Akademie in Frankreich, andererseits ist der Sprung zu den Profis und deren hunderte Millionen Euro teurem Kader schwer. In der Jugend spielte Essende unter anderem mit Christopher Nkunku, früher RB Leipzig, jetzt FC Chelsea, oder dem Hoffenheimer Stanley Nsoki. Älter, aber auch in der Akademie damals, war Kingsley Coman vom FC Bayern München. „Für mich waren das tolle Erfahrungen“, betont Essende.
Ausgebildet wurde Samuel Essende bei Paris St. Germain
Was er allerdings lernen musste, war, dass nicht alles von allein kommt. Dass der Weg in den Berufsfußball auch steinig sein kann. PSG ist national das Maß aller Dinge. Spiele, Turniere - Pariser Jugendteams gewinnen immer, sind technisch überlegen und müssen sich kaum gegen Widerstände wehren. „Den Ball zu behaupten und den Umgang mit negativen Erfahrungen auf dem Platz habe ich gelernt, als ich Profi wurde.“
Essende schlug einen Weg ein, den viele Nachwuchsspieler gehen, um sich im Profifußball zu etablieren. Nach einigen Leihen und festen Transfers über Belgien und Frankreich landete er vor einem Jahr beim FC Vizela in Portugal. Aus Vereinssicht lief die Saison schlecht, der Klub stieg aus der ersten in die zweite Liga ab. Doch Essende bewies, dass er sich durchsetzen und Tore schießen kann. 15 Treffer für ein Team, das als Absteiger tendenziell eher weniger Möglichkeiten erhält, steigerten das Interesse des FCA. Für eine Ablösesumme von vier Millionen Euro kaufte der Bundesligist den Stürmer aus dessen Vertrag. Die Fußstapfen, in die Essende tritt, sind groß. Der Spieler soll nichts weniger als Ermedin Demirovic ersetzen, der für die Rekordsumme von bis zu 26 Millionen Euro zum VfB Stuttgart transferiert wurde.
Im Test gegen TS Galaxy (1:2) traf Essende erstmals für den FCA. Vor einer Saison setzt er sich persönliche Ziele. Der ehemalige FCA-Torhüter Rafal Gikiewicz notierte diese einst und klebte Zettel an den Kühlschrank. Essende erzählt über sich, er sei sein größter Kritiker. Der 26-Jährige möchte nicht über die angestrebte Anzahl an Toren sprechen, das behalte er für sich. Lieber formuliert er allgemein. „Zuerst möchte ich der Mannschaft helfen. Klar ist aber auch: Mein Job ist es, Tore zu schießen. Das ist meine Mission.“ Die Bundesliga jedenfalls sei eine Liga, in der er sich mit seinem Spielstil schnell zurechtfinden werde, meint Essende. In Portugal oder Spanien stehe Technik und Ballbesitz im Zentrum, in Deutschland werde mit mehr Intensität, Körperlichkeit und direktem Drang zum Tor gespielt.
Wurzeln hat Essende in der Demokratischen Republik Kongo. Anfang Juni absolvierte er für dessen Nationalteam seine ersten Länderspiele, in der WM-Qualifikation kam er gegen den Senegal (1:1) und Togo (1:0) zum Einsatz. Blieb allerdings ohne eigenen Treffer. Von seiner neuen Wahlheimat Augsburg hat er bislang wenig gesehen, noch lebt er im Hotel. Das soll sich demnächst ändern. Im August wird der Spieler sein neues Zuhause beziehen, dann werden auch seine Freundin und der fünf Monate alte Sohn von Frankreich nach Deutschland kommen. „Für mich wäre das perfekt, wenn ich meine Familie um mich habe, bevor die Meisterschaft beginnt.“ Der gesteigerte Wohlfühlfaktor soll sich in guten Leistungen - letztlich auch in möglichst vielen Toren - bemerkbar machen.
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