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Die Niederlande zählt nach Sieg gegen Rumänien zu den Favoriten bei der EM

Fußball-EM 2024

Die wundersame Wandlung der Niederlande

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    Tijjani Reijnders (links) von den Niederlanden und sein Teamkollege Stefan de Vrij jubeln über den Sieg.
    Tijjani Reijnders (links) von den Niederlanden und sein Teamkollege Stefan de Vrij jubeln über den Sieg. Foto: Tom Weller, dpa

    Dass die Uefa ihren Willen durchdrückt, ist keine neue Erkenntnis. Zu spüren bekommt das rigorose, teils rücksichtslose Handeln nicht nur das Gastgeberland dieser Fußball-Europameisterschaft. Nach dem Erreichen des Viertelfinales wollte Xavi nichts lieber, als sich ohne Umwege in den Mannschaftsbus zurückzuziehen. Ein Anzugträger der Uefa indes bat den Offensivspieler aus den Niederlanden aufs kleine Podium, das vor Kameras aufgebaut war.

    Wer die Machtverhältnisse im Fußball kennt, den überraschte der Ausgang der Diskussion wenig. Xavi zog einen letzten Joker, verlor aber gegen Mitspieler Jerdy Schouten im Knobelspiel Schere, Stein, Papier. Und so schlurfte der 21-Jährige zum Mikrofon. Sein Gesicht dokumentierte seine Begeisterung. Hätte man das Ergebnis nicht gekannt, man wähnte kaum einen Sieger vor sich.

    Seine Mimik jedenfalls verriet nicht, dass er und seine Mitspieler erstmals bei dieser EM der nominellen Überlegenheit auf dem Papier eine spielerische auf dem Rasen hatten folgen lassen. Das 3:0 (1:0) schmeichelte den Rumänen. Mit mehr Konzentration vor des Gegners Gehäuse hätten die Niederländer für den bislang höchsten Sieg bei diesem Turnier sorgen können. Xavi stand sinnbildlich für die exzellenten Einzelkönner, die ihr Potenzial in der Gruppenphase zu verbergen wussten. Einzig die Krönung blieb dem Hochveranlagten gegen Rumänien versagt – trotz unzähliger Torchancen.

    Xavi Simons soll zum FC Bayern München wechseln

    In der vergangenen Spielzeit war der Kreativling von Paris St. Germain an RB Leipzig ausgeliehen, erzielte dort acht Treffer und leistete zu 13 Toren die Vorarbeit. Es verdichten sich die Anzeichen, dass er weder beim einen noch beim anderen Klub seine Zukunft sieht. Wahrscheinlicher: Xavi trickste am Dienstag in jenem Stadion, in dem er bald Heimspiele austrägt. Mit dem FC Bayern München soll bereits eine Einigung erzielt worden sein, verhandelt wird jetzt über die Ablösesumme. Bei einem Marktwert von 80 Millionen kann sich das hinziehen.

    Zudem ist Xavi eh anderweitig beschäftigt. Der überzeugende Auftritt gegen Rumänien spülte die Niederlande in den Favoritenkreis. Während sich in der einen Hälfte des Turnierbaums Deutschland mit Spanien sowie Frankreich mit Portugal duellieren, wirkt die zweite Hälfte weniger einschüchternd. Bezwingt die Mannschaft von Trainer Ronald Koeman die Türkei (Samstag, 21 Uhr), trifft sie auf den Sieger der Partie England gegen die Schweiz.

    Euphorie strahlten am Dienstagabend ausschließlich die Fans aus. Die leuchtend orange Masse auf den Rängen schunkelte nach links und nach rechts, erstmals in diesem Turnier durften sie sich von ihrer Elftal bestens unterhalten fühlen.

    In den ersten 20 Minuten erwies sich Rumänien zwar noch als widerspenstiger Widerpart, mit dem 1:0 durch Liverpools Flügelstürmer Cody Gakpo jedoch ging eine wundersame Wandlung einher. Fortan schien ein Leichtes, was zuvor so schwerfiel. Beispielhaft die „Rabona-Flanke“, bei der Xavi den Ball hinter dem Standbein herumzog, oder der raffinierte Freistoß von Memphis Depay, der den Ball unter der Mauer hindurch schoss.

    Ronald Koeman gewinnt 1988 mit der Niederlande den EM-Titel

    Koeman, der 1988 in München den EM-Titel gewonnen hatte, durfte nach anhaltender Kritik Genugtuung ob der Leistung seiner Spieler verspüren. Zugleich wusste der 61-Jährige, dass er und seine Mannschaft an diesem Erfolg gemessen werden. „Die Leistung gegen Rumänien war außerordentlich und solche Leistungen brauchen wir, um eine Chance zu haben, weiterzukommen“, sagte Koeman.

    Fußball bleibt ein Ergebnissport, erst recht in einem Turnier. Traditionell erheben die Niederländer zugleich den Anspruch, spielerisch zu überzeugen. Der „Totalvoetbal“, den in den 70ern Ajax Amsterdam praktizierte, hat sich in den Köpfen etlicher als Ideal verankert. „Wir sind Niederländer und in Holland müssen wir schön spielen und Angriffsfußball zeigen“, betonte Koeman. Auf dem Platz verkörperte er einst den knochenharten Verteidiger, während Ruud Gullit oder Marco van Basten im Angriff glänzten.

    Die Rollen im jetzigen Nationalteam sind ähnlich verteilt. In der Abwehr verteidigt Abwehrkoloss Virgil van Dijk, im Angriff zaubern Gakpo, Depay oder Xavi. Der 21-Jährige hatte selbst nicht getroffen, bereitete aber das 1:0 und Donyell Malens zweiten Treffer zum 3:0 vor. Die öffentliche Kritik hatte bei Xavi Spuren hinterlassen, er sprach von „zwei harten Wochen“. Jetzt versuche man gemeinsam, Spaß auf dem Platz zu haben, und betonte: „Wir kennen unsere Qualitäten.“

    Dass diese am Dienstag nicht in Schere, Stein, Papier lagen, wird er verkraften.

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