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DFB-Kritik an Rummenigge – aber Rettig geht auf FC Bayern zu

Fußball

"Ich war nicht der Wunschkandidat des FC Bayern": Was Rettig zu seinem Start sagt

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    Der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig bei seiner Vorstellung in Frankfurt.
    Der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig bei seiner Vorstellung in Frankfurt. Foto: Thomas Frey, dpa

    Einen ersten Eindruck von seinem neuen Arbeitgeber hat sich Andreas Rettig schon in der Nacht vor seiner Vorstellung verschafft: In der neu gebauten DFB-Akademie in Frankfurt am Main übernachtete der 60-Jährige. Auf dem Weg zum Frühstück habe er sich noch verlaufen, erklärte er und fügte mit einem Grinsen hinzu: „Ich hoffe, dass ich die Orientierung bald finden werde.“ Rettig, der einen Vertrag bis Ende 2026 unterschrieben hat, weiß um die Symbolkraft, die mit dem riesigen Gebäude im Süden Frankfurts einhergeht. Der Millionenbau soll die Zukunft des deutschen Fußballs sichern, die Jugendarbeit revolutionieren, zum jetzigen Stand treibt er aber vor allem die ohnehin schon hohen Kosten in die Höhe. Gewissermaßen ist die Akademie damit ein Vermächtnis von Oliver Bierhoff, Rettigs Vorgänger im Amt.

    An dieser Stelle würde DFB-Präsident Bernd Neuendorf wohl heftig widersprechen. Rettig, das betonte er in seinem Eingangsstatement, ist nicht der neue Bierhoff, „er hat eine komplett andere Aufgabenstellung“. Rettig soll sich als Geschäftsführer Sport nicht nur ums Sportliche, sondern auch um die finanziellen Belange des angeschlagenen Verbands kümmern. Weil er aber eben auch die Nationalmannschaften verantworten wird, ist Rettig eben sehr wohl auch der Nachfolger Bierhoffs.

    DFB: Karl-Heinz Rummenigge trat nach Rettigs Ernennung schnell zurück

    Die Ernennung Rettigs, der die immer weitere Kommerzialisierung des Fußballs stets scharf kritisiert hatte, war am Freitag wie eine Bombe eingeschlagen. Aus dem Chefkritiker wurde mit einem Mal einer der mächtigsten Männer im deutschen Fußball. Ein einstimmiger Entschluss des Präsidiums sei es gewesen, betont Neuendorf. Rettig gab die Blumen zurück, bedankte sich ausdrücklich auch für die Unterstützung von DFB-Vize und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Dass die Personalie nicht überall für Jubelstürme sorgen würde, war klar – und dennoch war überraschend, wie schnell es einen scharfen Gegenwind gab. Am Sonntag erklärten Oliver Mintzlaff von RB Leipzig und Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern ihren sofortigen Rücktritt aus der DFB-Taskforce. 

    Ihre Begründung: Sie seien von der Personalie überrascht worden, fühlten sich nicht ausreichend informiert. Rettig, der sich sowohl mit dem FC Bayern als auch mit RB Leipzig in der Vergangenheit Auseinandersetzungen geliefert hatte, gab sich versöhnlich: „Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ich nicht der Wunschkandidat des FC Bayern war.“ Am Freitag habe er deswegen versucht, Uli Hoeneß und Rummenigge im Vorfeld der Ernennung telefonisch zu erreichen: „Ich kenne das belastete Verhältnis. Wir werden den FC Bayern brauchen, es ist der bedeutendste Klub.“ Erreicht habe Rettig aber weder Hoeneß, dem er auf die Mailbox gesprochen hatte, noch den per SMS verständigten Rummenigge. Gram sei er aber keinem: „Hier und da teile ich auch aus, aber ich habe kein Glaskinn.“

    Etwas mehr Erfolg hatte offenbar DFB-Präsident Neuendorf, der am Sontag sowohl mit Mintzlaff als auch mit Rummenigge telefoniert hatte. Die Kurzform: Man ist sich einig, uneins zu sein, will aber in Kontakt bleiben. Unverständnis äußerte Neuendorf über den formalen Anspruch der Taskforce-Mitglieder aus Leipzig und München, bei der Geschäftsführersuche nicht eingebunden worden zu sein. Schließlich habe sich die Taskforce nach der verpatzten WM gegründet, um sportliche Belange wie die Suche nach einem Sportdirektor voranzutreiben, die bekanntlich in der Ernennung von Rudi Völler mündete. „Es hat in diesem Gremium kein einziges Mal den Wunsch gegeben, über die Besetzung des Geschäftsführers zu sprechen“, so Neuendorf. Das wäre auch reichlich sinnlos gewesen: „Wir sind kein Klub, wir sind der DFB. Wir haben klare Entscheidungsgremien.“ Die Taskforce hingehen sei „ein Beratungsgremium und war nie ein Entscheidungsgremium“.

    Andreas Rettig: Wo Rudi Völler beim DFB überlegen ist

    Der Spagat: Eben jene Klubs werden den DFB aber unterstützen müssen, wenn es um die Nationalmannschaft geht. Ganz konkret ist das beim FC Bayern zu sehen, bei dem mit Julian Nagelsmann der Top-Kandidat als Bundestrainer noch unter Vertrag steht. Rettig betont, bei der Suche nach einem Trainer nicht in der ersten Reihe zu stehen. Stattdessen soll Ex-Nationalspieler und -Trainer Rudi Völler das regeln: „In dieser Fachkompetenz ist er mir überlegen.“ Sehr wohl ein Thema wird der Bundestrainer aber für Rettig werden, wenn es um die Kosten geht, die er als Geschäftsführer Sport absegnen muss. Ohne den Namen Nagelsmann zu erwähnen, sagte Rettig, dass es am Geld letztlich nicht scheitern solle, wenn es um einen Posten wie den des Bundestrainers geht. Laut Neuendorf soll bis zur USA-Reise Anfang Oktober eine Entscheidung gefallen sein.

    Auch sonst sahen Beobachter an diesem Montag eine domestizierte Variante des sonst so rauflustigen Rettig: Die 50+1-Regelung sei einer seiner Grundsätze, dabei bleibe es natürlich. Dennoch seien Sponsoren jederzeit willkommen, wenn sie sich an die Regeln halten. Die sportliche Lage beim DFB? Herausfordernd, schwierig, aber mit Lichtblicken. Bei der Frage, ob man künftig alle Sponsoren annehme oder auch moralische Kriterien anlege, könne er ja nicht alleine entscheiden, das müsse man sehen. Noch ist es ein Suchen nach Orientierung. Nicht nur, wenn es um die Suche nach dem Frühstücksraum geht.

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