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Deutschland präsentiert sich während der EM als guter Gastgeber. Wenn da nur die Bahn nicht wäre. Oder das digitale Niemandsland. Das Turnier zeigt, woran es diesem Land mangelt.
Der Sport ist dann eben doch kein Abbild der Gesellschaft. Nur weil das Team von Julian Nagelsmann begeisternden Fußball spielt, strotzt die Wirtschaft nicht vor Innovationskraft. Das Gegenteil ist der Fall. Der Profisport ist ein unabhängiger Satellit. Höherschnellerweiterreicher – während in der Bevölkerung die Zukunftssorgen wachsen. Die Europameisterschaft: eine willkommene Abwechslung. Außerdem: vielzitierter Spiegel, der einem Land auf der Kippe vorgehalten wird.
Denn anders als bei den Fußballern ist eine zeitenwendlerische Umkehr per Dekret nicht einfach so möglich. Julian Nagelsmann konnte einfach einen Teil der Mannschaft austauschen, mit ein paar Einzelgesprächen eine funktionierende Hierarchie implementieren, und ein paar Siege später ward die Stimmung gedreht. Olaf Scholz kann keinen Teil der Gesellschaft austauschen – auch wenn er das möglicherweise gerne machen würde. Ihm ist auch nicht die rhetorische Gabe gegeben, herzogesk einen Ruck durch Deutschland schütteln zu lassen. Natürlich ließe sich auch so ein Ruck nicht einfach per gescholzter Regierungserklärung provozieren. Gleichermaßen wäre er nötig. Was nun selbstredend arg großspurig daherkommt, wenn es der Sportreporter einer Tageszeitung fordert.
Die Gäste sind erstaunt ob der deutschen Mäßigkeit
Die Europameisterschaft zeigt, dass das jahrelange "Weiter so" trotz aller gegensätzlicher Bekenntnisse vorgeherrscht hat und dieses Land zu einem merkwürdig belächelten Außenseiter geworden ist. Ein tollpatschiger Riese. Da kommen nun also Millionen von Gästen und erfreuen sich an der deutschen Gastfreundschaft und wundern sich über eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die nach Jahren des Darbens attraktiven Fußball zeigt und am Samstag gegen Dänemark wohl den Einzug ins Viertelfinale klarmacht. Die gleichen Gäste sind mehr erstaunt als wütend, dass diese Wirtschaftsmacht im Zentrum Europas infrastrukturell keine K.-o.-Runde dieser Welt erreichen würde.
Deutschland hat seine Freunde zur großen Party in ein einst herrschaftliches Haus eingeladen. Die Gäste amüsieren sich prächtig, finden es dann aber doch arg eigentümlich, dass das Rollo nicht schließt, die Klingel nicht funktioniert und die Farbe der Fassade abblättert. Aber hey, die Stimmung ist top. Dieses Land hat sich damit arrangiert, dass die Deutsche Bahn einen lachhaften Service bietet. Dass der digitale Wandel schon daran scheitert, eine vernünftige Internetverbindung abseits der urbanen Zentren anzubieten. Briten, Dänen und Holländer verstehen nicht, weshalb sie ihr Bier nicht einfach mit der Karte zahlen können. Cash only. Blöderweise ist das Geld aber hierzulande knapp. Ein wenig Wärmepumpenmurks hier, ein bisschen verhunagelte Mietpreisbremse da. Da bleibt nicht viel über. Immerhin noch freie Fahrt für freie Bürgerinnen und Bürger auf der Autobahn. Leider kann sich kaum jemand ein schnittiges E-Auto germanischen Fabrikats leisten. Dann halt Andieseln gegen den Klimawandel.
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Die Europameisterschaft ist ein wunderbares Turnier. Trotz aller infrastruktureller Lächerlichkeiten fühlen sich die Gäste wohl. Die deutsche Mannschaft hat gerade noch einen Weg gefunden, attraktiv und erfolgreich zu spielen. Dieses zwischen Ängstlichkeit, politischer Korrektheit und Populismus schwankende Land versammelt sich hinter einer Gruppe sympathischer Kicker. Vielleicht das nun aber wirklich allerletzte Lagerfeuer der Nation. Spätestens in zwei Wochen ist die Party vorbei, die Gäste verschwunden. Die Herausforderungen aber bleiben. Sie angehen? Das Haus weiter notdürftig instand halten? Deutsche Angst lähmt die Entscheidung.
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Heute keine Gelbe Wand in Dortmund, dafür SCHWARZ-ROT-GOLD
• Schwarzer Hals
• Roter Kopf
• Goldzahn für Füllkrug, um die Lücke zu füllen
Herr Mehl scheint sich ja sehr sicher zu sein, was die Qualität der deutschen Fußballnationalmannschaft angeht. Ich denke, er liegt doppelt falsch: Die deutsche Wirtschaft liegt nicht so am Boden und die "Mannschaft" ist nicht so gut, wie er glaubt. Diese Erkenntnis könnte ihm womöglich schon heute kommen.
Klingt so als hofften Sie auf ein Ausscheiden. Warum? Weil Sie Nagelsmann nicht abkönnen? Ich finde zwar auch, dass Herr Mehl etwas zu euphorisch ist (begeisternden Fußball gab es ja allenfalls gegen die Schotten und die waren an dem Tag indisponiert), aber mit der Infrastruktur hat er doch recht. Die Wirtschaft hat er nicht als am Boden liegend bezeichnet. Nur was haben wir davon, wenn wir tolle Produkte exportieren und dabei aber selbst über marode Straßen holpern, in übervollen Zügen verspätet oder gar nicht ankommen und unsere Gäste befinden, wir hätten ein Internet wie ein Dritte-Welt-Land?
Maja S., Ihre Unterstellungen können Sie sich sparen. Ich sehe schlicht die Schwächen unserer Mannschaft, die v. a. körperlich und mental nicht konkurrenzfähig ist. Mal sehen, ob dem Trainer dazu etwas einfällt, denn die Dänen wissen, was der Mannschaft wehtut.
Also, dass Sie Nagelmann nicht leiden können, ist keine Unterstellung, das haben Sie oft genug deutlich zum Ausdruck gebracht. Dass Deutschland so qualitätslos ist, wie Sie hier suggerieren wollen, könnte man allerdings als eine solche einstufen. Wie kommt man denn zu dieser Einschätzung?
Ich bin ja sehr willig, die Sache realistisch zu sehen - wie es übrigens Toni Kroos schon tat: Wir sind nicht so schlecht, wie wir nach den Niederlagen gemacht wurden und nicht so gut, wie man uns jetzt einschätzt.
Ich denke, dass die Dänen ein ernstzunehmender harter Gegner sind. Nur so überragend, dass man sie favorisieren müsste - das sehe ich nun auch nicht. Auch sehe ich keine "mentale" Unterlegenheit. Wenn man also die eigene Mannschaft so einschätzt und sich ja ungern mit seiner Expertise lächerlich machen möchte, muss man eigentlich zwangsläufig auf eine Niederlage und damit ein Ausscheiden hoffen. :-)
Wieder mal schlecht gelaunt? Ist's die Hitze? :))
Von qualitätslos habe ich nirgendwo was geschrieben. Im Gegenteil: Das sind teilweise Künstler. Nur mögen sie es nicht, wenn man ihnen konsequent auf die Füße steigt. Dann wirken Sie etwas hilflos, verlieren bei der Absicherung nach hinten die Orientierung und irgendwann verlieren sie dann auch die Lust.
Ich sehe die Dänen auch keineswegs als Favorit. Ich denke, es wird davon abhängen, wie Nagelsmann die deutsche Mannschaft auf- und einstellt. Kann aber gut sein, dass ich zur Pause ins Bett gehe - wie beim öden letzten Spiel.
Gerade in der SZ gelesen: "... wird die deutsche Elf ihr Navigationssystem in der K.-o.-Runde noch mal frisch programmieren müssen." So schön kann ich das natürlich nicht schreiben. :))
Die Deutschen wurden bisher mit jedem Spiel schlechter. Setzt sich der Trend fort, scheiden sie heute aus. Um den Trend zu brechen, muss Nagelsmann etwas ändern und möglicherweise über seinen Schatten springen. Mal sehen, ob er das kann.
Das mit dem "frisch Programmieren" ist so eine Sache. Bevor ein neues Programm "in Produktion geht", es man es also scharf schaltet, wird es üblichweise einem Test unterzogen
Das Spiel gegen die Schweiz war schlecht? Na ich weiß ja nicht. Jemand, der sonst dem FCA huldigt sollte damit doch zufrieden zu stellen sein.
Also ich bin nicht schlecht gelaunt, Herr L. und ich sitze im Kühlen. Ich fand eher Ihr Auftaktpost unfreundlich. Und in dem steht auch was von einer Qualität, die Herr Mehl Ihrer Meinung nach falsch beurteilt. Immerhin sind Sie von dem Dampfer runter, dass er unsere Wirtschaft als am Boden liegend bezeichnet habe.
Das mit dem Navi verstehe ich nicht - aber es ist halt auch nur ein Zitat.
Maja S., ich bin nun sicher, dass Sie schlechte Laune haben. :))) Aber vielleicht wird's ja noch besser. Mal sehen, ob mich die deutsche Nationalmannschaft heute wach hält oder ins Bett treibt.