Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Der Videoschiedsrichter sorgt für Ärger in der Bundesliga

Sport

Aufregung um Videoschiedsrichter: Was darf der VAR eigentlich?

    • |
    • |
    Der Videoschiedsrichter sorgt für hitzige Diskussionen, auch nach dem ersten Bundesligaspieltag.
    Der Videoschiedsrichter sorgt für hitzige Diskussionen, auch nach dem ersten Bundesligaspieltag. Foto: Christian Charisius, dpa

    Wer nach Bundesligaspielen emotionale Statements von Spielern und Verantwortlichen hören will, der hat gute Chancen, wenn er sie auf den Videoschiedsrichter anspricht. So auch am ersten Spieltag der neuen Saison. „Ich glaube, irgendwie geht‘s einem auf den Sack. Jede 50:50-Situation wurde irgendwie überprüft, jedes Tor wurde bis in kleinste Detail überprüft“, machte beispielsweise Gladbachs Tim Kleindienst nach dem Eröffnungsspiel gegen Leverkusen seinem Ärger Luft. Dabei sind die Regelungen eigentlich recht eindeutig. Wie diese aussehen – und welche Argumente trotz allem für den VAR sprechen.

    Knackpunkt für die abermalige Diskussion um den Videoschiedsrichter war eine Szene in der Nachspielzeit des Eröffnungsspiels. Nach einem Zweikampf zwischen dem Gladbacher Ko Itakura und dem Leverkusener Amine Adli fiel der Spieler des Vorjahresmeisters. Der Videoschiedsrichter kontaktierte Referee Robert Schröder auf dem Platz, der zunächst auf Weiterlaufen entschieden hatte. Das Ende vom Lied: Es gab Elfmeter für Leverkusen, den Florian Wirtz zum Siegtreffer verwandelte. Selbst mithilfe mehrerer Kameraeinstellungen war aber nicht eindeutig zu klären, ob Itakura nicht doch zuerst den Ball gespielt hatte. Der Chef der deutschen Schiedsrichter, Knut Kircher, zeigte bei Sport1 sein Unverständnis ob der Entscheidung. „Ich habe mir das Spiel auch angeschaut und habe mir gedacht: Coole Abwehraktion, toll geklärt und war dann auch etwas erschrocken, als wenig später diese Unterbrechung kam.“ Eindeutig sei das Geschehen wirklich nicht gewesen.

    Bei Interpretationsspielraum schaut sich Referee Szene am Spielfeldrand an

    Genau das sollte es aber eigentlich sein. Seit sieben Jahren ist der Videoreferee in der Bundesliga im Einsatz, seitdem gilt als Vorgabe, dass der VAR bei klaren Fehlentscheidungen eingreifen soll. Das aber nur bei vier verschiedenen Szenarien: Tor, Strafstoß, Rote Karte oder bei der Verwechslung eines Spielers, wenn dieser eine Karte erhalten hat. Ansonsten darf der Videoschiedsrichter nicht eingreifen. Zwar hat der Schiedsrichter auf dem Platz immer das letzte Wort, dennoch gibt es auch Situationen, in denen eine Überprüfung durch ihn nicht vorgesehen ist. Das betrifft sogenannte Schwarz-Weiß-Entscheidungen, bei denen es keinen Interpretationsspielraum gibt. Eine solche ist zum Beispiel eine Abseitsstellung.

    Grundsätzlich darf der Feldschiedsrichter aber auch selbst die Kollegen im Kölner Keller um Hilfe ersuchen und sich Szenen auf einem Monitor am Spielfeldrand ansehen. Das ist dann vorgesehen, wenn es einen Interpretationsspielraum gibt. So geschehen am Samstag in Augsburg, als Schiedsrichter Sascha Stegemann ein mögliches Handspiel des Bremers Anthony Jung im Strafraum am Monitor überprüfte. Stegemann entschied sich in der WWK-Arena dagegen, einen Elfmeter zu geben. Grundsätzlich hat immer der Referee auf dem Feld das letzte Wort.

    Mats Hummels, Markus Merk und andere kritisieren den Videoschiedsrichter

    Kritik am VAR gibt es zuhauf, von Spielern, Fans und Verantwortlichen. Diese bezieht sich einerseits auf Unverständnis darüber, wann der Videoschiedsrichter überhaupt eingreift. Andererseits wird bemängelt, dass der VAR zu lange braucht, um Entscheidungen zu treffen. Schiedsrichter-Legende Markus Merk kritisierte im Kicker, die Unparteiischen würden teilweise sogar auf Zeit spielen, um dem VAR mehr Zeit zum Checken einzuräumen. Eine weitere Kritik bezieht sich darauf, dass der Videoschiedsrichter gerade aus Sicht der Fans die Emotionen aus dem Spiel nimmt. „Die zeitliche Unmittelbarkeit des Spielgeschehens ist gestört. Und damit ist auch das Erleben für die Fans und Zuschauer dieses unmittelbaren Spielgeschehens gestört“, sagte der Würzburger Fanforscher Professor Harald Lange dem ZDF. „Aus meiner Sicht gehört der Videobeweis ersatzlos abgeschafft, wenn man es mit den Emotionen, mit dem Stadionerlebnis, mit dem Spiel an sich ernst meint.“ Mats Hummels meinte vor einigen Monaten sogar zur Bild, die Schiedsrichter seien schlechter geworden. Objektiv ist das derzeit nicht überprüfbar, aktuelle Zahlen zur Nutzung des Videobeweises liegen nicht vor.

    Gerade unter den Schiedsrichtern gibt es aber auch klare Befürworter des Videoschiedsrichters. Bei Sky sagte zum Beispiel Felix Brych: „Ich würde ohne VAR gar nicht mehr auf den Platz gehen und entscheiden“ Er sei heilfroh, wenn er eine zweite Chance auf dem Feld bekomme. Auch das Thema Gerechtigkeit führen Befürworter immer wieder an. Gerade bei Schwarz-Weiß-Entscheidungen ist der VAR laut Ex-Schiri Manuel Gräfe eine „sinnvolle Geschichte.“ Dessen Einsatz bei solchen Entscheidungen habe dafür gesorgt, dass es in vielen Bereichen gerechter geworden sei.

    So mancher Verantwortliche wünscht sich gar einen Ausbau des Videoschiedsrichters „Ich würde mir Challenges wünschen, bei denen Trainer den Videoschiri selbst einschalten können“, sagte Augsburgs Sportdirektor Marinko Jurendic nach dem Spiel gegen Bremen. Solche Möglichkeiten gibt es auch in anderen Sportarten, wie zum Beispiel im Tennis.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden