Es war für viele Fußball-Fans ein großer Aufreger: Im Sommer 2021 wurde bekannt, dass Bayerns Innenministerium im großen Stil Daten über Stadiongänger sammelt. Unter dem harmlos klingenden Namen "EASy Gewalt und Sport" ("EASy GS") wurden zum Stand 15. Juni 2021 Informationen über insgesamt 1644 Personen gesammelt – ohne, dass die Betroffenen darüber informiert wurden. Die Existenz der Datei kam damals nach einer Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion ans Tageslicht und rief in der organisierten Fan-Szene heftige Kritik hervor.
Viele Stadiongänger forderten danach vom Landeskriminalamt Auskunft dazu, ob und warum sie in der Datei geführt werden – mit dem Ergebnis, dass sich die Anzahl der Einträge schon wenige Monate nach Bekanntwerden deutlich verringert hatte. Wie eine nun veröffentlichte Anfrage des Landtags-Grünen Martin Runge an die Landesregierung ergab, hat sich die Datei innerhalb eines Jahres mittlerweile sogar halbiert.
Fußballfan-Kartei: Kritiker sehen Willkür in manchen Einträgen
Nach Auskunft des bayerischen Innenministeriums sind zum Stichtag 5. Juli 2022 insgesamt nur noch 845 Fußballfans in der EASy GS geführt, was in etwa einer Halbierung des Datensatzes entspricht. Noch im November waren es 1259 Einträge. Damals hatte das Ministerium dies noch damit begründet, dass der gesamte Datenbestand durch die speichernden Stellen turnusmäßig einer Qualitätskontrolle unterzogen werde. Für Maximilian Deisenhofer, den sportpolitische Sprecher der Grünen, ist die rapide Verringerung der Datenmenge eine vielsagende Entwicklung: "Der Schwund belegt in meinen Augen, was wir von Beginn an beanstandet haben: EASy GS steht auf wackeligen Füßen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wiegt schwerer als das Interesse der Polizei am Sammeln von Daten über die Fanszene." Kritiker hatten von Beginn an moniert, dass manche Einträge den Anschein von Willkür erwecken. Tatsächlich genügt ein Anfangsverdacht oder das Anbringen eines Stickers, um in der Datei erfasst zu werden.
Das deckt sich mit Recherchen unserer Redaktion. Demnach wurde ein FCA-Fan nach einem Auswärtsspiel beim FC Bayern im November 2017 in die Datei aufgenommen, weil gegen ihn eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt gestellt wurde. Obwohl die Ermittlungen damals eingestellt wurden, blieb der Eintrag gegen den Mann in der EASy GS bestehen. Die Daten, die darin gesammelt wurden, sind hingegen recht umfangreich: Es geht um persönliche Informationen wie Name, Haarfarbe oder Vereinszugehörigkeit. Der Verein "Rot-Grün-Weiße Hilfe", der FCA-Fans berät, die in juristischen Problemen stecken, bemängelte deswegen die EASy GS als "neue Dimension polizeilicher Datensammelwut" und forderte deren Abschaffung. Zumal es ohnehin ein bundesweites Register zur Erfassung von auffälligen Besuchern von Sportveranstaltungen gibt: die Datei Gewalttäter Sport (DGS). In dem 1994 eingeführten Register waren im Februar 781 Personen aus Bayern gespeichert – also deutlich weniger als zum selben Zeitpunkt in der EASy GS.
Am Mittwoch berichtet Innenminister Joachim Herrmann
Wie viele Personen entsprechende Auskunftersuche gestellt haben und wie viele Einträge zuletzt entfernt wurden, gab die Landesregierung bisher nicht bekannt. Am Mittwoch soll ein Bericht des Innenministers Joachim Herrmann (CSU) im Ausschuss des Landtags Klarheit bringen. Die Sitzung wird in Teilen live auf der YouTube-Seite des Bayerischen Landtags übertragen.