Zumindest der Start in die Darts-WM geriet für Martin Schindler fast perfekt: Die deutsche Nummer eins (Rang 22 der Weltrangliste) landete seine ersten acht Pfeile perfekt. Der Neun-Darter – also das perfekte Spiel, in dem die 501 Punkte in der kürzest möglichen Distanz geschafft werden – war in Reichweite. Ganz nebenbei wären dafür auch 60.000 Pfund (etwa 72.000 Euro) an Prämie fällig geworden. Pfeil neun verfehlte das Ziel jedoch knapp – und allgemein sollte Schindler danach nicht mehr viel treffen. Das Fiasko nahm für den 28-Jährigen seinen Lauf. Mit 0:3 verlor Schindler, den manche zum Geheimfavoriten erhoben hatte, sang- und klanglos gegen den Engländer Callan Rydz. Damit ist nach Gabriel Clemens die zweite große Hoffnung bei dem Turnier in London raus. Der Saarländer Clemens, der vor zwei Jahren noch im Halbfinale stand, erwischte bei seinem einzigen Auftritt einen rabenschwarzen Tag und verlor gegen den walisischen Außenseiter Robert Owen mit 1:3.
Zumindest bei Schindler dürfte der Druck, den er sich selbst gemacht hatte, eine Erklärung sein. Hinter dem Brandenburger liegt die beste Saison seiner Karriere, auf der European Tour waren ihm zwei Turniersiege gelungen. In Riesa hatte er im Finale sogar gegen Ex-Weltmeister Gerwyn Price gesiegt. Die Belohnung war ein Sprung im Order of Merit, der Weltrangliste des Darts. Zugleich formulierte Schindler für die WM ein ambitioniertes Ziel. Gegenüber DAZN hatte er im Vorfeld gesagt: „Ich würde gerne in die Runde der letzten 16 einziehen. Und ich bin ehrlich: Zweite oder dritte Runde bei dieser WM wäre kein gutes oder akzeptables Ergebnis.“ Am Sonntagabend nach dem Match hörte sich das anders an: „Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht Herr der Lage war. Es fühlt sich echt dreckig an“, sagte ein zerknirschter Schindler ins Mikro. Und ja: „Der erste Satz macht schon viel aus.“ Vor allem die miserable Quote auf die Doppel, mit denen ein Satz beendet werden muss, wurde ihm zum Verhängnis: Bei 28 Versuchen traf er nur dreimal.
Die Favoriten fallen: Turbulente Szenen bei der Darts-WM
Schindler und Clemens können sich mit einem schwachen Trost behelfen. Der besagt, dass sie nicht die einzigen Favoriten sind, die sich bei dieser Weltmeisterschaft früh verabschiedet haben. Ebenfalls am Sonntagabend verlor Publikumsliebling Gary Anderson sein Match mit 0:3 gegen den schwedischen Außenseiter Jeffrey de Graaf, der zuvor die Nummer 81 der Welt war. Der zweimalige Weltmeister aus Schottland galt bei den Buchmachern als einer der Favoriten für den WM-Titel – und sah ausgerechnet an seinem 54. Geburtstag kein Land. Für den „Flying Scotsman“ war es das erste Mal in 15 Jahren Weltmeisterschaftsteilnahme, dass er ein Auftaktmatch verloren hatte.
Zuvor hatten sich mit James Wade (16. der Weltrangliste), dem Belgier Mike de Decker (24.), dem Niederländer Danny Noppert (13.) und Ex-Weltmeister Raymond van Barneveld schon andere Schwergewichte des Sports verabschiedet. Die bisher größte Überraschung lieferte aber Michael Smith ab, der vor zwei Jahren noch Weltmeister geworden war. Der Engländer verlor mit 2:3 gegen den Niederländer Kevin Doets. Der 26-Jährige, der als Nummer 51 in das Turnier gestartet war, konnte sein Glück kaum fassen: „Das ist der größte Erfolg meines Lebens“, sagte der Überraschungssieger.
Für einen Eklat sorgte Joe Cullen, aber erst nach seinem 3:0-Sieg gegen Wessel Nijman. Der Engländer brach die anschließende Pressekonferenz ab, weil er sich von den Buchmachern und der Presse schlecht behandelt gefühlt hatte. Der 35-Jährige begründete das wie folgt: „Die Art und Weise, wie ich behandelt wurde, war respektlos.“
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