Mit dem Start der Darts-WM grassiert auch in Deutschland das Darts-Fieber. Mit Sport1 und DAZN übertragen gleich zwei Sender das Geschehen aus dem Londoner Alexandra Palace. Die Macher der Weltmeisterschaft verkauften in diesem Jahr jede vierte Karte nach Deutschland, weswegen sich auch viele auf Deutsch formulierte Schilder ins Sichtfeld mischen. Fehlt eigentlich nur noch ein deutscher Weltmeister, oder? Der große Hoffnungsträger ist einer, der im vergangenen Jahr schon sensationellerweise den Einzug ins Halbfinale geschafft hat: Gabriel Clemens. Als erster Deutscher gelang dem 40-Jährigen aus dem Saarland die beste deutsche Platzierung in der Darts-Geschichte. Sein Bezwinger Michael Smith wurde später auch Weltmeister. Wenn Clemens am Donnerstag (22.15 Uhr, Sport1 und DAZN) ins Geschehen einsteigt, könnte das der Beginn eines neuen Märchens werden.
Die Auftritte von Clemens bei der Darts-WM haben seit Jahren das Zeug zum großen Thriller. Bei der WM 2021 warf er den damals amtierenden Weltmeister Peter Wright aus dem Turnier. Im Achtelfinale hatte er sieben Matchdarts, also Chancen auf den Sieg. Nach 16 (!) vergebenen Siegchancen auf beiden Seiten saß damals der 17. Versuch seines Gegners Krzysztof Ratajski. Zwei Jahre später folgte der große Coup mit dem Halbfinale. Es folgten: Einladungen ins Sportstudio des ZDF, Interviews, Werbedeals. Wer das Ganze am coolsten nahm? Clemens selbst, Mensch gewordene Saarländer Sachlichkeit.
Bis 2019 war Clemens noch beim Entsorgungsverband Saar angestellt
Zu möglichen Gegnern sagte er kürzlich bei DAZN: "Ich schaue, dass ich in einer guten Form bin, und dann ist es mir eigentlich relativ egal, gegen wen ich spiele." Sport1-Kommentator Basti Schwele sagt über ihn: " Ich kenne niemanden, dem so vieles so egal ist." Managen lässt sich "The German Giant", so der Spitzname des 1,95 Meter großen Clemens, von seiner Lebensgefährtin Lisa Heuser. Einen Manager braucht es nicht, denn "der will im Endeffekt auch immer nur Geld haben und solange ich das mit meiner Freundin selbst hinbekomme, passt das schon".
Weil Clemens der Nummer mit dem Darts-Profitum zuerst nicht traute, hatte er noch lange beim Entsorgungsverband Saar als Industriemechaniker gearbeitet. Dort war er unter anderem für die Reparatur von Pumpen auf Kläranlagen zuständig. Bis 2019 war er noch freigestellt, bis der Arbeitgeber vor einigen Jahren die Stelle neu besetzen musste – mit Verständnis von Clemens. Auch da müsse man ja irgendwie planen, aber einen Weg zurück gibt es immer noch. Wobei derzeit wenig dafür spricht: Alleine in der aktuellen Saison kommt Clemens durch das bei Turnieren erspielte Preisgeld auf eine Summe von 321.000 Pfund, umgerechnet also etwa 372.000 Euro. Dafür müsste man als Industriemechaniker eine ganze Weile arbeiten. Das weiß auch der konservativ planende Gabriel Clemens.