Grandioser Start in die "Missão Final": RB Leipzig hat das Abwehrbollwerk von Atlético Madrid auf dem Weg zum erhofften Champions-League-Coup eindrucksvoll geknackt. Im ersten Spiel ohne den nach London gezogenen Torgaranten Timo Werner setzte sich der Fußball-Bundesligist mit einer couragierten und reifen Leistung gegen die enttäuschenden spanischen Defensivkünstler mit 2:1 (0:0) durch und fordert nun im Halbfinale am Dienstag Paris Saint-Germain um Weltmeister Kylian Mbappé und Superstar Neymar.
Dani Olmo (51. Minute) und der eingewechselte Tyler Adams (88.) erzielten am Donnerstagabend im Estádio José Alvalade von Lissabon die Tore für die Sachsen, die die sonst so effizienten Spanier auch taktisch entzauberten. Den zwischenzeitlichen Ausgleich markierte João Félix per Foulelfmeter (71.). Elf Jahre nach der Vereinsgründung erreichte Leipzig damit erstmals ein Semifinale im Europapokal. Für Julian Nagelsmann steht gegen PSG nun als letzte Hürde vor dem Königsklassen-Endspiel am 23. August auch das interessante deutsche Trainer-Duell mit Thomas Tuchel an.
Atlético wirkte phasenweise überfordert
"Mutigen Fußball" hat Nagelsmann angekündigt und auch Wort gehalten. Bei besten sommerlichen Bedingungen - vom Atlantik wehte eine leichte Brise - trat RB körperlich robust in den Zweikämpfen auf und überraschte mit schnellem Offensivfußball den Champions-League-Finalisten von 2014 und 2016. Einzig der letzte Pass fehlte häufig, was Nagelsmann an der Seitenlinie verärgerte. Vielleicht lag es auch daran, dass Torgarant Werner nicht mehr als Abnehmer zur Verfügung stand. Es sollte ein Schönheitsfehler bleiben, denn das Kollektiv funktionierte wie schon in der abgelaufenen Liga-Saison.
Im ersten Königsklassen-Viertelfinale der Club-Geschichte zeigten die Leipziger keinen Respekt vor großen Namen und hatten auch die erste Torchance. Nationalspieler Marcel Halstenberg, der trotz seiner Rückenprobleme spielte, setzte einen Volleyschuss über das Tor (4.). In der Anfangsphase wirkte Atlético, das mit der Referenz von 18 Pflichtspielen ohne Niederlage hintereinander angereist war, dagegen überfordert mit der Zielstrebigkeit der Sachsen.
RB hatte Glück, dass es keinen Elfmeter gab
Schon die Vorbereitung auf das Spiel war bei den Madrilenen holprig verlaufen. Während sich RB fünf Tage lang in Portugal gezielt auf das Duell vorbereiten konnte, hatten die Colchoneros die zwei positiven Corona-Tests von Angel Correa und Sime Vrsaljko beschäftigt. Das Team von Diego Simeone verlor dadurch nicht nur zwei Spieler, sondern traf auch erst am Dienstag in Lissabon ein.
Im Gegensatz zu seiner Mannschaft war Simeone gleich auf Betriebstemperatur. Wild gestikulierend war die Coaching-Zone für den Argentinier wieder einmal zu klein - die erste Ermahnung vom vierten Offiziellen gab es schon nach sechs Minuten. Mit etwas Verspätung fand auch seine Mannschaft ins Spiel. Bei einem Kopfball von Stefan Savic hatte RB-Keeper Peter Gulacsi einige Probleme (10.). Souveräner wirkte der Keeper bei einem strammen Schuss des Belgiers Yannick Carrasco (13.). Dazu hatte der Keeper Glück, dass eine Berührung gegen Saul nicht vom Video-Schiedsrichter nachträglich geahndet worden war.
Ein abgefälschter Schuss ebnet Leipzig den Weg ins Halbfinale
Ansonsten ließ RB nicht viel zu. Abwehrchef Dayot Upamecano, der gerade seinen Vertrag bis 2023 verlängert hat, dirigierte dabei nicht nur umsichtig seine Vorderleute, sondern sorgte auch bei Standards für Gefahr. In der Offensive bekam Club-Urgestein Yussuf Poulsen die Rolle des Werner-Ersatzes, Patrik Schick saß dagegen angeschlagen auf der Bank. Der Däne hatte gegen die robuste Atletico-Defensive seine Probleme.
Gleiches Bild auch in der zweiten Halbzeit. Leipzig agierte frecher und frischer - und belohnte sich selbst. Nach Flanke von Marcel Sabitzer traf Olmo gegen seine Landsleute per Kopf. Kaum zu glauben, dass diese biedere Madrider Mannschaft im März noch Titelverteidiger FC Liverpool und Jürgen Klopp aus dem Wettbewerb befördert hatte.
Simeone reagierte und brachte den portugiesischen Jungstar Félix für die Kreativabteilung ins Spiel. Ein Schachzug, der aufging. Zwölf Minuten nach seiner Einwechslung holte der schnelle Félix gegen Lukas Klostermann einen Elfmeter heraus, den er selbst verwandelte. Doch Leipzig schlug zurück - mit Glück. Ein abgefälschter Schuss von Adams fand den Weg ins Tor. (dpa)
Lesen Sie dazu auch:
- Abreise zum Finalturnier: FC Bayern zieht's nach Lissabon
- Duell der "Besten": Neuer will ter Stegen nicht jubeln sehen
- Die Abhängigkeit des FC Barcelona von Lionel Messi
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.