Am kommenden Montag wird der deutsche Fußball gebannt nach Frankfurt blicken. In der Zentrale der Deutschen Fußball-Liga (DFL) startet mit über einem halben Jahr Verzögerung die Vergabe der Bundesliga-Rechte für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29. Es geht um viel Geld, der aktuelle Vertrag beschert den 36 Klubs der ersten und zweiten Liga derzeit 1,1 Milliarden Euro pro Saison. Nach einem öffentlich ausgetragenen Streit zwischen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und dem Streamingdienst DAZN, bei dem es um die Vergabe des prominentesten der 15 Rechtepakete ging, hatte ein Schiedsgericht entschieden, dass die Ausschreibung neu gestartet werden muss. Für die Vereine ist die Wartezeit mit großen Unsicherheiten verbunden. Am 5. Dezember soll den Klubs präsentiert werden, mit welchen TV-Einnahmen sie ab dem Sommer rechnen können.
Für die meisten Bundesligisten geht es um nichts weniger als die Existenzgrundlage: Die nationalen TV-Einnahmen sind bei fast allen die größte Säule der Finanzierung. Der FC Augsburg zum Beispiel nahm in der Saison 2023/24 knapp 109 Millionen Euro ein. 48,8 Millionen Euro stammten aus den TV-Rechten. Kein Wunder ist es deswegen, wenn FCA-Geschäftsführer Michael Ströll von einer „Verunsicherung“ spricht, die durch die jetzige Situation entstanden ist: „Wir haben keine Ahnung, wie hoch die TV-Gelder in der kommenden Saison sein werden.“ Daher bereite man sich auch auf ein „Worst-Case-Szenario“ mit bedeutend weniger TV-Geld vor. Der entscheidende Unterschied zu manch anderen Vereinen: Der FCA ist finanziell kerngesund, hat Rücklagen und verfügt über ein abbezahltes Stadion - finanzielle Unsicherheiten könnte der Klub also leichter wegstecken als etwa der FC Schalke, den aktuell rund 160 Millionen Euro Verbindlichkeiten belasten.
Vergabe der Bundesliga-Rechte: DAZN soll 1,6 Milliarden Euro geboten haben
Der FC Bayern kann als Branchenprimus zwar auch auf die Einnahmen aus der Champions League zählen - verstimmt ist man über das Vorgehen aber auch an der Säbener Straße. Der langjährige Vorstandschef der Münchner, Karl-Heinz Rummenigge, hatte die DFL-Spitze kürzlich im Kicker hart kritisiert: „Die DFL muss endlich verstehen, dass sie Dienstleister für 36 Klubs ist - und nicht Besitzer dieser Rechte.“ Dass die TV-Vergabe im ersten Anlauf gescheitert sei, sei ein „Flop“ und habe der „Reputation der DFL geschadet“.
Der Milliardenpoker wird diesmal mit veränderten Vorzeichen ausgetragen: Denn erstmals scheint bekannt zu sein, wie viel einem der großen Player die Rechte am wichtigsten Paket wert sind. DAZN soll demnach 1,6 Milliarden Euro für alle Samstags-Live-Spiele sowie die Partien am Freitagabend geboten haben - und damit 320 Millionen Euro mehr als Sky. Weil der Konkurrent dennoch den Zuschlag erhalten hatte, war DAZN erfolgreich vor das Schiedsgericht gezogen. Die DFL hatte von dem Streaming-Dienst zusätzliche Sicherheiten gefordert, weil es mit der Zahlungsmoral in der Vergangenheit nicht immer zum Besten gestellt gewesen sei. So sollen den Vereinen im Sommer 80 Millionen Euro gefehlt haben.
Dass die Vereine durch den Poker mehr Geld bekommen, scheint unwahrscheinlich
Profitieren die Vereine nun sogar von der Verzögerung? Nämlich dann, wenn Sky nun mehr Geld heranschafft, um den Konkurrenten auszustechen? Und erhöht auch DAZN das eigene Angebot nochmals? Sportökonom Dr. Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln hat daran seine Zweifel. „Ich glaube nicht, dass in der neuen Vergabe mehr Geld für die Bundesliga erlöst werden kann. Dafür gibt es kein ökonomisches Argument. Die Sportrechte sind mittlerweile so teuer geworden, dass Medienunternehmen an die Grenzen der Refinanzierbarkeit stoßen.“
Große Sprünge wie zur Saison 2017/18, als die Erlöse von 628 Millionen Euro pro Spielzeit auf den Rekordwert von 1,16 Milliarden Euro und damit um 85 Prozent anstiegen, erwartet ohnehin niemand. Dazu kommt: Seit dem Start des Schiedsverfahrens im April hat sich auch für DAZN die Situation geändert. Der Streamingdienst hat sich im Schweizer Markt die Rechte an der italienischen und französischen Liga gesichert, dazu in Frankreich die Lizenz für die heimische Liga sowie in Spanien die TV-Rechte an der deutschen Bundesliga. Das waren teure Deals - und sie könnten dazu führen, dass das jetzige Angebot im deutschen Markt sogar unter dem vom Frühjahr liegt. Dass der einstige Platzhirsch Sky nun mehr Geld bietet, scheint ohnehin fraglich: Der Mutterkonzern hat im vergangenen Jahr wieder Verluste eingefahren, alleine die Firmen in Deutschland und Italien schlagen mit Abschreibungen von 1,44 Milliarden Euro zu Buche.
Für Sky, das in den vergangenen Jahren die Rechte an der Champions League an DAZN und Amazon verloren hat, ist ein großes Stück vom Bundesliga-Kuchen wichtig wie selten zuvor. Christoph Breuer sagt dazu: „Für Sky ist das größte Rechtepaket existenziell wichtig.“ Denn brechen die Samstag-Live-Spiele der Bundesliga weg - was bleibt dem Sender dann noch? Die zweite Liga, die er komplett im Angebot hat, hat laut Breuer zwar an Bedeutung gewonnen. „Das wird Sky aber nicht reichen. Alle anderen Sportrechte aus dem aktuellen Portfolio sind bei weitem nicht so bedeutsam.“
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