Der FC Bayern hat am Sonntag seine Vormachtstellung im deutschen Fußball eindrucksvoll demonstriert: 1,017 Milliarden Euro betrug der Gesamtumsatz des Klubs. Es ist eine Zahl, die selbst den Verantwortlichen des Rekordmeisters unglaublich erschien, wie Präsident Herbert Hainer sagte. Zugleich ist aber auch klar: Im neuen Jahr soll diese Zahl nochmals gesteigert werden - und das auf Kosten der anderen Bundesligavereine. Im Fokus der Bayern ist der neue TV-Vertrag, den die Deutsche Fußball-Liga (DFL) vergangene Woche der Öffentlichkeit präsentierte. Knapp 4,5 Milliarden, sogar 100 Millionen Euro mehr als zuletzt, werden die Bundesligisten in den kommenden vier Jahren erhalten - so viel ist sicher. Die entscheidende Frage lautet nun: Wer bekommt wie viel vom Kuchen ab? Die Vereine haben sich schon in Position gebracht.
Bayerns Finanzvorstand Michael Diederich machte auf der Jahreshauptversammlung klar, dass die Bayern mit dem derzeitigen Verteilungsschlüssel nicht zufrieden sind: „Die DFL-Geschäftsführung hat hier einen guten Job gemacht. Aber es ist nur ein Teil der Medaille. Die andere wird sein, dass wir uns intensiv damit beschäftigen: Woher kamen die Steigerungen? Ich weiß, wir sind einer der Antreiber und wir werden uns die Verteilung sehr genau ansehen.“ Jan-Christian Dreesen, der Vorstandsvorsitzende der Bayern, hatte kurz zuvor ähnliche Töne angeschlagen. „Wir Bayern stehen zum Solidaritätsprinzip, aber wir als Bayern sind auch das Zugpferd der Liga. Wir erwarten, dass unsere Leistung honoriert wird“, sagte der 57-Jährige. Und Leistung erbringen die Münchner nach Selbstauffassung in mindestens ausreichendem Maße, so Dreesen: „Kein Bundesligist hat eine größere Strahlkraft als der FC Bayern.“
Die TV-Milliarden werden anhand von vier Kriterien vergeben
Wie die Milliarden bislang verteilt werden, ist das Ergebnis eines komplizierten, auf vier Kriterien basierenden Verteilungsschlüssels. Die Hälfte des Geldes wird innerhalb der ersten oder zweiten Liga zu gleichen Teilen vergeben. In der Bundesliga sind das bislang 460 Millionen Euro pro Spielzeit, in der 2. Bundesliga etwa 128 Millionen Euro. Weitere 43 Prozent errechnen sich nach einem Leistungsprinzip, dem eine Fünf-Jahres-Wertung zugrunde liegt. Weitere vier Prozent der Summe werden anhand der Jugendförderung verteilt, drei Prozent werden anhand des Faktors „Interesse“ verteilt. Dieser soll die Werbewirksamkeit der einzelnen Klubs messen, unabhängig vom sportlichen Erfolg. Grundlage dafür ist eine Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse. Dazu werden 23.000 Personen im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe befragt.
Je nach Sichtweise und persönlicher Situation rütteln einige Klubs bereits massiv an diesen Grundsätzen. Der hoch verschuldete FC Schalke etwa befindet sich derzeit im Abstiegskampf der zweiten Liga und kann folglich nur wenig mit sportlichem Erfolg wuchern, dafür aber mit einem ungebrochenen öffentlichen Interesse. Was den Zuschauerschnitt aller Erst- und Zweitligisten angeht, liegt Schalke auf Rang drei mit einem Wert von 61.000, nur die Bayern und Dortmund haben mehr. Schalkes Aufsichtsratschef Axel Hefer plädiert dafür, die Einnahmen zur Hälfte zu gleichen Teilen an die Klubs zu verteilen, die andere Hälfte nach Interesse. Alle anderen Faktoren sollen wegfallen.
Diederich für Dreesen: Der FC Bayern wagte eigens einen umstrittenen Personalwechsel
Es wäre eine Verteilung, die allen sportlich darbenden Traditionsklubs entgegenkommen würde - und erregte den Ärger von Michael Ströll, Geschäftsführer des FC Augsburg. Unserer Redaktion sagte er: „Der Vorschlag, mehr Geld ohne sportliche Gegenleistung zu erhalten, wirkt schon absurd genug. Wenn er dann auch noch von einem Club wie Schalke 04 kommt, der in den vergangenen Jahren über seine Verhältnisse gelebt und massiv Geld verbrannt hat, spricht das Bände. Wir sind der Meinung, dass Leistung belohnt und stärker wiegen muss, als eine glorreiche Vergangenheit.“
Dass der Vorschlag der Schalker durchgeht, erscheint unwahrscheinlich - dennoch wird der Faktor des öffentlichen Interesses wohl stärker berücksichtigt, im Gespräch ist eine Erhöhung um zwei Prozent. Die Bayern, die mit 100 Millionen Euro pro Saison bislang schon den größten Teil einstreichen, wollen ihren Anteil erhöhen. Wie wichtig dem Klub dies ist, zeigte eine umstrittene Personalie der vergangenen Woche. Der moderate Dreesen trat bei der jüngsten DFL-Sitzung aus dem Vorstand zurück, so dass Michael Diederich seinen Posten übernehmen konnte. Diederich, der der einzige Kandidat war, steht für eine aggressivere Politik, übernimmt lediglich die neun Monate Restlaufzeit von Dreesen - und wäre dennoch beinahe durchgefallen bei der Wahl. Von den 18 Erstligisten stimmten acht gegen den ehemaligen Chef der Hypovereinsbank. Ein weiteres Nein hätte sein Aus bedeutet - und damit, dass die Bayern bei der Entscheidung um den Verteilungsschlüssel nicht mit am Tisch sitzen.
Zu den Bemühungen der Top-Vereine, mehr Geld für sich herauszuholen, sagt Ströll: „Bayern München und Borussia Dortmund haben über die Jahre hinweg hervorragende Arbeit geleistet, weshalb sie nachvollziehbarerweise den größten Anteil am TV-Geld erhalten. Allerdings stellt sich die Frage nach dem Verhältnis. Die Bayern haben am Wochenende den nächsten Rekordumsatz präsentiert. Das erhebliche Ungleichgewicht, welches durch die immensen Einnahmen aus den europäischen Wettbewerben entstanden ist, sollte auch bei der Verteilung der nationalen TV-Gelder berücksichtigt werden. Andernfalls droht eine weitere Kluft zwischen reichen und armen Clubs, was langfristig zu einem Verlust des nationalen Wettbewerbs führen wird.“
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