Noch nie ist die Vergabe von TV-Rechten für die Fußball-Bundesliga derart spannungsvoll erwartet worden wie diesmal: Nach dem Streit zwischen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und dem Streamingdienst DAZNDAZN die Ausschreibung neu gestartet werden. IDie Auktion beginnt am 25. November. Es geht um viel Geld: Der zum Saisonende auslaufende Vertrag beschert den Vereinen 1,1 Milliarden Euro pro Spielzeit. Selten war die Unsicherheit der Vereine so groß wie diesmal.
Denn die Zeit ist knapp geworden: Sonst war immer im Frühjahr des Vorjahres klar, wer – und vor allem: zu welchem Preis – die Bundesliga zeigt. Wenn Anfang Dezember eine Entscheidung gefällt ist, ist es statt über einem Jahr Vorlaufzeit nur noch ein gutes halbes Jahr, bis die neue Saison und damit die neuen Zahlungen starten. Bei den meisten Klubs sind die Einnahmen aus dem nationalen TV-Vertrag die Haupteinnahmequelle. Lediglich die Top-Klubs wie der FC Bayern erhalten aus den internationalen Einnahmen deutlich mehr. Die millionenschweren Transfers wollen aber schon länger vorbereitet sein. So mancher der 36 Erst- und Zweitligaklubs ist jetzt schon finanziell angeschlagen. Alleine den FC Schalke belasten 160 Millionen Euro Schulden. Fällt der TV-Vertrag geringer aus, muss noch mehr als sonst gespart werden – falls das angesichts schon gegebener Zusagen noch möglich ist.
DAZN vs. DFL: Der FCA-Geschäftsführer Michael Ströll spricht von „Verunsicherung“
Aber auch finanziell gesunde Klubs sehen mit Unbehagen auf den engen zeitlichen Rahmen. Der FC Augsburg zum Beispiel hat in den vergangenen beiden Geschäftsjahren zwar 16 Millionen Euro Verlust verzeichnet, weil er in Mannschaft und Umfeld investiert hat. Zugleich hat der FCA aber auch ein mit 40 Millionen Euro gut gefülltes Festgeldkonto, keine Schulden und ein abgezahltes Stadion. Dennoch hängt innerhalb des Klubs vieles an den TV-Einnahmen. Der Beleg dafür: In der Saison 2023/24 nahmen die Augsburger knapp 109 Millionen Euro ein. 48,8 Millionen Euro, fast die Hälfte also, stammt aus den TV-Rechten. Geschäftsführer Michael Ströll sprach deswegen auf der Mitgliedersammlung von einer „Verunsicherung“, die durch die jetzige Situation entstanden ist: „Wir haben keine Ahnung, wie hoch die TV-Gelder in der kommenden Saison sein werden.“ Daher bereite man sich auch auf ein „Worst-Case-Szenario“ mit bedeutend weniger TV-Geld vor.
Ströll sagte gegenüber unserer Redaktion: „Wir rechnen in unterschiedlichen Szenarien, bei denen wir weniger TV-Geld-Einnahmen haben.“ Zugute kommt dem FCA zwar die Einnahmesituation in dieser Saison. Alleine schon wegen der hohen Transfererlöse dürfte nach dieser Saison wohl kein Minus, sondern ein deutliches Plus stehen. „Aber selbst wenn es einen identischen Abschluss geben sollte, wird aufgrund des Stufenmodells im ersten Jahr weniger Geld an die Klubs ausgeschüttet.“ Dieses von der DFL eingeführte Modell sieht dynamische Zahlungen vor, die sich bis zum Ende des Vierjahresvertrags stetig steigern. Am Anfang gibt es am wenigsten.
Die DFL wirft DAZN vor, „einen Keil in die Liga zu treiben“
Doch auch die Auktion der TV-Rechte könnte diesmal ein Thriller werden. Wie berichtet, hatte DAZN direkt nach dem Start Beschwerde eingereicht, weil es sich von der DFL benachteiligt sah. Diese hatte dem Bewerber Sky das prominenteste Rechtepaket zugeteilt. Dieses umfasst alle Erstligaspiele am Samstag um 15.30 Uhr, am Freitagabend sowie die Relegations-Partien, insgesamt 196 Live-Begegnungen. DAZN, das 400 Millionen Euro pro Jahr geboten hatte, beklagte, dass das Gebot des Mitbewerbers deutlich unter dem eigenen liegt und zog erfolgreich vors Schiedsgericht, weswegen nun alles neu gestartet wird. Die DFL hatte von dem Streaming-Dienst zusätzliche Sicherheiten gefordert, weil es mit der Zahlungsmoral in der Vergangenheit nicht immer zum besten gestellt gewesen sei. DAZN widerspricht dem und drohte schon mit einem Rückzug. In einem Rundschreiben der DFL an die Vereine erneuert die DFL ihre Vorwürfe: Dass im Juni 80 Millionen Euro weniger an die Vereine gezahlt wurden, hänge damit zusammen, dass „Zahlungen von Partnern nicht zu den vertraglichen Fälligkeitsterminen erbracht werden konnten“. Die beiden Geschäftsführer, Dr. Steffen Merkel und Dr. Marc Lenz betonten zudem, DAZN wolle „einen Keil in die Liga treiben“ und Zweifel an der Seriosität der DFL-Chefs sähen.
Die Stimmung ist kritisch wie selten – dabei braucht die DFL sowohl DAZN als auch Konkurrent Sky, um das Preisniveau zu halten und sich nicht einem einzelnen Bieter zu unterwerfen. Ein dritter großer Player ist nicht in Sicht, weder Amazon noch Apple haben mit ihren Streamingangeboten derzeit Interesse an den Bundesliga-Rechten. Sichert sich DAZN die Mehrheit an den TV-Rechten, wäre das ein herber Schlag für Sky, das schon bei den Rechten für die Champions League außen vor ist. Der Liga droht ein heißer Herbst.
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