Es muss ja nicht gleich ein politischer Umsturz am Ende des Streiks stehen. Solidarnosc eint mit etlichen Fußballern der Glauben, ungerecht behandelt zu werden. Letztlich aber unterscheiden sich Beweggründe und Unterstützer doch erheblich. Den Drang nach Freiheit reklamieren zwar auch einige Kicker für sich, allerdings geht damit auch meist der Wunsch finanzieller Unabhängigkeit für die kommenden Generationen einher und von der westlichen Völkergemeinschaft werden die Profis auch nur selten unterstützt. Das stellt den hehren Ansatz der Arbeitsniederlegung nicht in Abrede. In Mainz beispielsweise versagten die Profis ihrem Trainer die Gefolgschaft, nachdem Mitspieler Adam Szalai angeraten wurde, den Klub zu verlassen und nicht mehr mit der Mannschaft zu trainieren.
Trainer Achim Beierlorzer konnte seine Mannschaft am Mittwoch also nicht auf dem Rasen begrüßen. Am Donnerstag trainierte Szalai mit der U23. „Die Mannschaft hat ein Statement gesetzt, das aber nicht persönlich gegen mich gerichtet war“, versucht Beierlorzer die Lage zu entschärfen. Das funktioniert in den wenigsten Fällen auf Dauer, zeigt die Typologie der Streiks.
Alle für einen: Bei der WM 2010 verweigerte eine Mannschaft das Training
Wie im Falle Szalais. Das ganze Team schützt einen aus seiner Mitte. Bekannter ist noch jener Vorfall in Südafrika, der dem französischen Fußball länger nachhing als Zidanes Kopfstoß. Vor ihrem letzten Gruppenspiel während der WM 2010 weigerte sich die Mannschaft, zu trainieren. Der Verband hatte zuvor Nicolas Anelka suspendiert. Die Gründe dafür wollten in der Mannschaft keinen rechten Widerhalt finden, schließlich hatte der Stürmer doch nur Trainer Raymond Domenech einen dreckigen Sohn einer hart im horizontalen Gewerbe arbeitenden Frau genannt und ihm geraten, einige sexuelle Praktiken an sich vornehmen zu lassen. Anelka durfte nicht zurückkehren. Die Franzosen verloren ihr letztes Gruppenspiel und schieden in der Vorrunde aus.
Einer für einen: So streikte nicht nur Dembélé
Die am weitesten verbreitete Version des Streiks. Steht meist in unmittelbaren Zusammenhang zu akuten Wechselwünschen. Prominentester Vertreter ist der ehemalige Dortmunder Ousmane Dembélé. Letztlich entließen ihn die Borussen gegen Zahlung von 105 Millionen Euro aus dem fiesen Vertragswerk, das ihn an den BVB band. Als Lech Walesa der streikenden Profis gilt Augsburgs jetziger Trainer Heiko Herrlich. Der fühlte sich als Spieler 1995 in Gladbach nicht mehr wohl und berief sich auf eine mündliche Vereinbarung, die ihm den kostenlosen Wechsel ermöglichen sollte. Dummerweise wollte sich Manager Rolf Rüssmann daran nicht mehr erinnern. Herrlich blieb dem Training fern und letztlich zahlte Dortmund 12 Millionen Mark für den Angreifer.
Fast alle gegen einen: Der Fall Heinz Höher
Es lief bescheiden für Heinz Höher im Herbst 1984. Abgestiegen aus der ersten Liga, erfolglos in der zweiten Liga und fast die komplette Mannschaft des von ihm trainierten 1. FC Nürnberg gegen ihn, darunter unter anderem der ehemalige Nationaltorwart Rudi Kargus. 15 Spieler erscheinen nicht zum Training. Sie verlangen, dass Höher entlassen wird. Präsident Gerd Schmelzer zieht Konsequenzen. Andere als erwartet. Er suspendiert die ausgemachten sechs Rädelsführer, der Rest wird begnadigt. Höher bleibt Trainer, arbeitet vermehrt mit Jugendspielern. Davor profitieren unter anderem Stefan Reuter und Hans Dorfner. Am Ende der Saison steigt der Club auf.
Alle für alle: Die sinnvollste Fom des Streiks
Am sinnvollsten sind Arbeitsniederlegungen, wenn sich eine große Menge hinter einem bedeutsamen Ziel versammelt. So wie die spanischen Profis 2011. Die Spielergewerkschaft hatte dazu aufgerufen, den ersten Spieltag zu bestreiken – und die Gewerkschaftsmitglieder folgten. In der vorherigen Saison wurden rund 50 Millionen Euro ausstehender Gehälter nicht an etwa 200 betroffene Fußballer ausgezahlt. Zur gleichen Zeit ließen auch Italiens Fußballer den ersten Spieltag sausen. Während die Vereine Wert darauf legten, den Kader in unterschiedlichen Gruppen unterteilen zu dürfen, protestierten die Spieler dagegen. Das dürfte den Mainzern bekannt vorkommen.
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