Die Bundesliga steht vor einer Zeitenwende. Also zwar nicht einer Zäsur in dem Sinne, dass ernsthaft ein anderer Verein als der FC Bayern am Ende Meister wird. Aber fest steht schon mal: Nach fünf Jahren der Dauerregentschaft von Robert Lewandowski wird es zumindest mal einen anderen Torschützenkönig geben – und somit auch einen neuen Star in der Liga. Grund genug, bei jedem Verein genauer hinzuschauen.
FC Bayern MünchenJahrelang war das Offensivkonzept beim FCB klar: Mitspielen dürfen alle, fürs Toreschießen war aber Robert Lewandowski zuständig. Nun ist der bekanntlich weg – und auf einmal sind alle fürs Knipsen verantwortlich. Oder, um es mit Thomas Müller zu sagen: Die Pfeile kommen von überall: Links, rechts, halblinke Bahn, halbrechte Bahn, zentral. Wahnsinn, echt Wahnsinn." Das ist fast so irre wie die Wandlung, die Sportdirektor Hasan Salihamidzic durchgemacht hat: Nach Jahren, in denen der Kaderplaner dadurch für Aufsehen sorgte, dass seine Pläne entweder nicht funktionierten oder seine Transfers vornehmlich in der Reserve aufliefen, mauserte sich Brazzo zum Transfer-Babo und investierte 150 Millionen Euro in das Team.
Prognose: Auch ohne Lewa sind genügend Pfeile im bayerischen Köcher für den Meistertitel.
Borussia DortmundEingekauft haben auch die Dortmunder. Aus München einen Verteidiger, einen aus Freiburg, was einem gewissen Mats Hummels künftig recht ereignislose Arbeitstage einbringen könnte. Im Angriff schien die Borussia ebenfalls gut aufgestellt, die schlimme Krebsdiagnose bei Sebastien Haller aber trübte die Stimmung.
Prognose: Dortmund ist ein Herausforderer, auf Strecke aber nicht stark genug für den Titel.
Christopher Nkunku könnte Robert Lewandowski ablösen
RB Leipzig Eines kann man David Raum nun nicht gerade vorwerfen: Zu viel Sentimentalität bei der Wahl seines Arbeitgebers weist der Jung-Nationalspieler nicht gerade auf. Von der Traditionstruppe Hoffenheim ging es für den 24-Jährigen nun zu RB Leipzig. Die wichtigste Personalie handelt aber von einem, der nicht wechselt: Christopher Nkunku. Der Franzose wurde zurecht zum Fußballer des Jahres gekürt: technisch perfekt, immer anspielbar, torgefährlich.
Prognose: Nkunku ist einer der heißen Anwärter auf den Lewa-Thron.
Bayer Leverkusen Wer hätte das gedacht? Kaum beginnen die Pflichtspiele, patzt Bayer. Der Ruf als Vizekusen muss schließlich verteidigt werden. Auftrag mit dem Pokal-Aus in Elversberg eindrucksvoll erfüllt. Die Spieler sind jedenfalls in Sorge, dass das wieder nichts werden könnte mit einer erfolgreichen Saison. Zumindest bei Lukas Hradecky ist das so. Der Torwart ist nur bedingt dafür verantwortlich, was spielerisch funktionieren soll. Das müsste in Leverkusen eigentlich eine Menge sein bei einem Kader, der weitgehend zusammengeblieben ist und mit Patrick Schick einen Stürmer hat, der verlässlich trifft.
Prognose: Diesmal wird es selbst mit Vizekusen nichts. Mehr als Rang vier ist nicht drin.
Union BerlinEin Underdog. Natürlich. Erst seit kurzem in der Bundesliga, kein Geld, ein kleines Stadion, die Union-Geschichte liest sich Jahr für Jahr gut. Dazu enthusiastische Fans und eine familiäre Atmosphäre. Und einen Trainer, der Union nicht nur in der Liga hält, sondern sogar international zum Einsatz bringt. Ein klein wenig Geld haben die einst klammen Köpenicker zudem auch, zumindest haben sie gut zehn Millionen auf dem Transfermarkt ausgegeben. Kein Wunder, haben sie für Awoniyi doch 20 Millionen kassiert.
Prognose: Für internationale Plätze reicht es diesmal nicht. Aber die Atmosphäre bleibt gut.
SC FreiburgSchon klar. Die kleinen Freiburger. Tun jedes Jahr so, als ob sie die Spieler mit Essensmarken und Eintrittsgutscheinen für den Freizeitpark Rust bezahlen. Tatsächlich haben die Breisgauer aber nicht nur Nationalspieler Nico Schlotterbeck für viel Geld nach Dortmund verkauft, sondern mit Matthias Ginter noch einen anderen DFB-Auswahlkicker als ablösefreien Ersatz geholt. Dessen Gehaltsvorstellungen waren den Gladbachern übrigens zu hoch.
Prognose Die Freiburger Geldsäcke sind wieder oben mit dabei.
1. FC Köln Irgendwas wird Steffen Baumgart auch in der neuen Saison wieder einfallen. Taktisch sowieso, aber auch bei seinem Outfit. Mit der Schiebermütze aus der vergangenen Saison, die zum Verkaufsschlager wurde, kann es noch nicht vorbei sein. Wie wäre es mit Kniestrümpfen mit seinem Gesicht darauf, die er formschön zu kurzen Hosen trägt? Optisch also wird Köln wieder ganz vorne dabei sein, sportlich diesmal eher nicht. Wo kämen wir da auch hin, wenn mal zwei ordentliche Spielzeiten in Folge gelingen würden.
Prognose: Köln findet sich im unteren Mittelfeld wieder.
Mainz 05 Bei all den Unions, Kölnern und Freiburgern ging etwas unter: Ey, die Mainzer haben eine überragende Saison gespielt. Trainer Bo Svensson hat den Abstiegskandidaten zu einem gehobenen Mittelklasseklub geformt. Im Mainzer Biotop entwickelten sich Jonathan Burkhardt und Anton Stach zu Herausforderern um einen Platz im deutschen WM-Kader. Der Schmerz wegen des Abgangs von Abwehrchef und Kapitän Moussa Niakhaté wird durch die von Nottingham überwiesenen zehn Millionen Euro gemindert.
Prognose: Burkhardt schießt sich nach Katar und die Mainzer zu einem Platz im Mittelfeld.
Mit André Breitenreiter wird es bei Hoffenheim nicht aufregender
TSG Hoffenheim Endgültig in der Graumäusigkeit angekommen. Waren ja mal so was wie ein hippes Start-up-Unternehmen, das mit Fremdkapital überraschende Ideen umsetzte. Vorbei. Mit Sebastian Hoeneß hatte man immerhin einen Namen mit Strahlkraft auf der Bank. Vorbei. André Breitenreiter übernimmt. Ähnlich netter Typ.
Prognose: Alles ein wenig zu nett bei diesem seltsam ambitionslosen Klub. Eine weitere mausgraue Saison droht.
Borussia Mönchengladbach Aufbruchstimmung. Hört man an Fußball-Standorten ganz gerne, dieses Wort. Vor allem nach enttäuschenden Saisons. Eine solche hatte die Borussia. Adi Hütter wollte sich das nicht mehr antun und ging. Daniel Farke übernahm. Die erste Pokalrunde lief nach Wunsch. In der vergangenen Saison gelang im Pokal ein Kantersieg gegen die Bayern, die Saison war dennoch enttäuschend.
Prognose: Gladbach wird um die internationalen Plätze spielen.
Eintracht FrankfurtWer einmal Champions League gespielt hat, will immer mehr. Die Königsklasse macht süchtig, das wird die Eintracht in dieser Saison erleben. Die Fußballfesttage aber bringen die Gefahr mit sich, dass der schnöde Ligaalltag vernachlässigt wird.
Prognose: Ein erneuter Einzug in die Champions League gelingt über die Liga nicht. Einzige Chance: Titel in der Königsklasse gewinnen.
VfL WolfsburgDie TSG Hoffenheim mit besserer finanzieller Ausstattung. Und mit hochtrabenden Ambitionen. Und einem Trainer, der schon Meister mit den Bayern wurde. Und Max Kruse.
Prognose: Vor allem die Kombination Kruse/Kovac verspricht Unterhaltungspotenzial. Der VfL ansonsten weniger.
VfL Bochum Thomas Reis hat begeistert. In Bochum, aber auch in der gesamten Liga. Er hat eine Mannschaft zum Klassenerhalt geführt, der das nicht viele zugetraut hatten. Reis muss Magier sein. Er versucht es nun wieder. Mit einer Mannschaft, der wieder nur wenige zutrauen, dass sie in der Liga bleibt.
Prognose: Diesmal wird der Kampf ohne Erfolg sein. Bochum steigt ab.
FC AugsburgDietmar Hamann sieht sich als Fußballexperten. Als solcher sagt er voraus, was in der neuen Saison passiert. Verlässlich ist dabei seine Prognose, dass der FCA absteigt. Hamann hat es wieder behauptet. Florian Niederlechner, Augsburger Stürmer, lacht über solche Vorhersagen nur noch. Treffen eh nie ein. Dafür sorgen soll mit Enrico Maaßen ein neuer Trainer, der die Mannschaft tatsächlich dazu ermutigt, selbst Fußball zu spielen.
Prognose: Hamann wird auch in diesem Jahr mit seiner Vorhersage falsch liegen.
Der VfB Stuttgart hält die Klasse
VfB StuttgartAuf den letzten Metern kamen die Stuttgarter noch ins Ziel. Fußballerisch steckt eine ganze Menge im Team von Pellegrino Matarazzo. Die Schwaben also werden wieder angreifen und im Winter die Bundesliga in den USA vertreten. Während der langen WM-Pause reist der VfB nach Texas. Werbung machen. Für sich, für die Liga und wohl auch den Sponsor, der recht schicke Autos herstellt – die auch den Amerikanern gefallen.
Prognose: Der VfB wird erneut den Klassenerhalt schaffen.
Hertha BSC Über die Hertha lässt sich wahrlich viel Schlechtes sagen – aber langweilig wird es mit ihr nie. Alleine die letzte Saison: Dauerkrach zwischen Investor und Präsident! Tayfun Korkut als Trainer! Felix Magath als Trainer! Davie Selke im Sturm! Auch die neue Saison geht vielversprechend los, nicht nur wegen des Ausscheidens im Pokal gegen Braunschweig.
PrognoseWas Entertainment angeht, ist Hertha Königsklasse. Sportlich wird es eng mit dem Klassenerhalt.
Schalke 04 Eines muss man den Schalkern lassen: Nach der Zweitligameisterschaft haben sie es im Rekordtempo geschafft, den Fans unrealistische Spinnereien für diese Saison auszutreiben. Schon die Verpflichtung von Frank Kramer als Trainer dämpfte die Euphorie etwas. Der Starspieler der vergangenen Saison, Ko Itakura, ging zu Gladbach, weil Schalke die Kaufoption in Höhe von fünf Millionen Euro nicht aufbringen konnte. Fünf Millionen Euro – eine Summe, die manche Schalke-Kicker früher als Punktprämie ausgehandelt hatten.
Prognose: Schalke mag ein Bundesliga-Publikum haben – ob das auf die Mannschaft zutrifft, ist mehr als fraglich.
Werder Bremen Wenn es eine Auszeichnung für den coolsten Spielernamen der Bundesliga geben würde, wäre Bremen zumindest ein Titel sicher – dank Lee Buchanan. Der ist nicht, wie der Name vermuten lässt, Rettungsschwimmer oder Action-Held, sondern Linksverteidiger beim Bundesliga-Aufsteiger. Der englische U21-Nationalspieler ist aber Sinnbild für die cleveren Transfers der Werderaner. Stark (Hertha) und Pieper (Bielefeld) sind wertvolle Bausteine für die Defensive, die Weiterverpflichtung von Weiser (Leverkusen) war wichtig für die Außenbahn. Der Däne Jens Stage (Kopenhagen) soll das neue grün-weiße Mentalitätsmonster im Mittelfeld werden.
Prognose: Werder bleibt halbwegs souverän in der Liga.