Klimawandel und Profifußball haben nur bedingt etwas miteinander zu tun. Wie der Profifußball an sich nur bedingt etwas mit dem gesamtgesellschaftlichen Leben zu tun hat. Weil es möglicherweise entkoppelnd wirkt, in jugendlichem Alter zu Reichtum zu gelangen. Oder Privilegien als Selbstverständlichkeiten kennenzulernen. Tägliche Massagen etwa oder eine Tattoo-Flatrate. Immerhin aber gibt es Klubs, zu deren Kern es gehört, Flagge zu zeigen. Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung und so Gedönse.
In seiner Robinhoodhaftigkeit ist der FC St. Pauli unerreicht. Linksgrün gegen das Establishment. Gegen die Größen des Geschäfts lässt es sich allerdings nur ausgeruht antreten. Widerstand bedeutet ja nicht zerschundene Verlotterung. Das Aushängeschild linken Populismus trägt schließlich auch Designer-Kleidung. Wobei: Den FC St. Pauli mit Sahra Wagenknecht zu vergleichen, ist nicht gerecht. Die einzige Mauer, für die die Hamburger ein Faible haben, wird beim Freistoß errichtet.
St. Pauli fliegt zum Spiel nach Dortmund
Als der Aufsteiger am Freitag die rund 350 Kilometer lange Reise zum Spiel bei Borussia Dortmund (ehedem ein Bruder im Geiste) in Angriff nahm, griffen die Hamburger auf das einzig logische Verkehrsmittel zurück und flogen ins Ruhrgebiet. Bahn, Bus, Blödsinn. Auf diese Weise hat der Profifußball dann doch etwas mit dem Klimawandel zu tun - jedenfalls verlangsamt er ihn nicht. Weil der Winter mittlerweile nur noch selten ein Winter alter Schule (Schnee, Kälte, Spielausfälle) ist, sieht sich der Sportjournalismus der Gefahr ausgesetzt, ein beliebtes Sprachbild dem Friedhof der Phrasen zuführen zu müssen.
Bislang war die Zeit der sich verfärbenden und fallenden Blätter auch jene Zeit, in der manch’ vor der Entlassung stehenden Trainer aufmunternd mitgeteilt wurde, er müsse sich immerhin keinen Wintermantel mehr zulegen. Bochums Trainer Peter Zeidler war beispielsweise prädestiniert dafür. Sieben Spiele, kein Sieg. Eine ähnlich schwierige Position wie jene von Wagenknechts in Russlandfragen. Am Sonntagabend wurde er entlassen. Er benötigt keinen Wintermantel mehr. Und bald auch kein anderer Trainer. Dem Klimawandel sei Dank. Und natürlich dem FC St. Pauli.
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