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Bundesliga: Der Videobeweis: Ein Besserwisser, der es oft auch nicht besser weiß

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Der Videobeweis: Ein Besserwisser, der es oft auch nicht besser weiß

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    Können Sie das beweisen? Nicht immer liegt der Videobeweis im Fußball richtig.
    Können Sie das beweisen? Nicht immer liegt der Videobeweis im Fußball richtig. Foto: Henning Kaiser, dpa (Symbolbild)

    Mehr Gerechtigkeit? Immer gut. Insofern geht es heute um einen echten Helden. Seit bald sechs Jahren überführt er Täter, spricht Unschuldige frei, lässt Schwalbenkönige auffliegen, entscheidet über Jubel oder Jammer, Triumph oder Tragödie. Und trotzdem muss er sein Dasein auf ewig in einem abgedunkelten Keller fristen und keiner kann ihn so richtig leiden, diesen Videobeweis. Ist das nicht ungerecht?

    Vorneweg muss man vielleicht sagen, dass es zum Wesen des Fußball-Fans gehört, dass neumodisches Zeug in erster Linie neumodisches Zeug ist und folglich auf tief empfundene Skepsis stößt. Insofern wurde der Neue nicht gerade mit Ovationen empfangen, als er zur Bundesliga-Saison 2017/18 das Licht der Fußballwelt erblickte. Zur Wahrheit gehört eben auch, dass Fußball immer auch die Erinnerung an Fußball ist und in selbigen Erinnerungen gerade die epochalen Ungerechtigkeiten hängen bleiben. Kein Mensch würde heute noch an das Wembley-Tor von 1966 denken, wenn es nach Analyse der Fernsehbilder aberkennt worden wäre. Und ja, liebe Engländer: Es wäre aberkannt worden!

    Der Videobeweis kann eine besserwisserische Spaßbremse sein

    Oder denken Sie an Rudi Völler, der 1990 Rot sah, nachdem ihm Frank Rijkaard die Lockenpracht bespeichelt hatte. Ja klar, es wäre gerecht gewesen, wäre Völler mittels Videobeweis begnadigt worden. Nur hätten die Deutschen ohne all die Wut im Bauch anschließend auch das Spiel ihres Lebens gemacht und wären später Weltmeister geworden? 

    Heute kann das nicht mehr passieren. Andererseits bejubeln Fans und Spieler selbst die spektakulärsten Tore oft mit gezogener Handbremse, weil sie ja nie wissen können, ob irgendeiner im Kölner Keller, dem natürlichen Lebensraum des Videobeweises, etwas gesehen hat, was nicht zu sehen war. Sagen wir es, wie es ist: Der Videobeweis kann eine besserwisserische Spaßbremse sein, sogar wenn er recht hat. Aber selbst das ist ja nicht sicher. Denn es gibt immer wieder Situationen, in denen selbst fünf Kameraperspektiven nicht zur astreinen Beweisführung ausreichen, oder im Keller gerade alle Kaffee holen sind, wenn – fiktives Beispiel – ein Dortmunder Stürmer im Strafraum umgenietet wird. 

    Und damit sind wir beim Grundproblem: Der große Sieg der Gerechtigkeit, von Anstand und Moral ist auch deshalb ausgeblieben, weil der Videobeweis unter dem Strich halt auch nur ein Mensch ist. Macht ihn fast schon wieder sympathisch.

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