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Boxen: Tina Rupprecht verteidigt ihren Weltmeistertitel – und will nach Las Vegas

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Tina Rupprecht verteidigt ihren Weltmeistertitel – und will nach Las Vegas

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    Tina Rupprecht (rechts) setzte ihrer Gegnerin Rocio Gaspar aus Peru mit ihren harten Schlägen immer wieder zu.
    Tina Rupprecht (rechts) setzte ihrer Gegnerin Rocio Gaspar aus Peru mit ihren harten Schlägen immer wieder zu. Foto: Ralf Seidel

    Noch etwa eineinhalb Stunden dauert es, bis Tina Rupprecht in den Ring muss. Von draußen ist das Geschrei der Menge zu hören, die gerade einen der Vorkämpfe sieht. Rund 900 Boxfans, vorzugsweise Männer, sind in die Heilbronner Römerhalle gekommen.

    Rupprecht, 30, sitzt in einer Umkleide der schlichten Mehrzweckhalle. Die blonden Haare der Weltmeisterin des World Boxing Councils (WBC) sind zu eng anliegenden Zöpfen geflochten. An der Decke hängen Neonlampen und Belüftungsrohre. Es riecht nach Putzmittel und Schweiß. Das Orange der Wand trifft auf das Grün der Kleiderständer. 

    WM-Kampf hinterlässt seine Spuren

    Dominik Junge ist an der Reihe. Er bandagiert die Hände der Weltmeisterin. Gewissenhaft, fast liebevoll klebt und wickelt er mehrere Lagen Tape und Mullbinden als Schutz um die zierlich wirkenden Fäuste. Alles unter den strengen Augen eines WBC-Offiziellen. Er überwacht, dass nichts Unerlaubtes unter den Mullbinden versteckt wird. Kleine Metallplättchen beispielsweise, um die Schlagwirkung zu erhöhen. „Hat es alles schon gegeben“, sagt Rupprechts Trainer Alexander Haan, der daneben steht. Zweieinhalb Stunden später wird Junge sein Kunstwerk wieder aufschneiden und Rupprecht feststellen, dass die rechte Hand unförmig geschwollen ist. Einen harten Kopf habe die Gegnerin aus Peru gehabt, wird sie anerkennend sagen. 

    100 Fans begleiten Tina Rupprecht nach Heilbronn

    Dazwischen liegen zehn Runden. Es ist 22 Uhr am Samstagabend, als der Ringsprecher, ein Herr im schwarzen Anzug mit einer Stimme, die ansatzlos jeden Vokal in die Länge ziehen kann, den Kampf um den WBC-Weltmeistergürtel der Frauen im Minimumgewicht ankündigt. Rund 100 Rupprecht-Fans jubeln. Sie sind aus Augsburg angereist, gut erkennbar an ihren roten T-Shirts. 

    Die peruanische Hymne läuft vom Band. Ein Werk in F-Dur. Es geht um Freiheit und Vaterland. Der Hallen-DJ dreht irgendwann einfach den Ton ab. Rocio Gaspar und ihr Trainer, beide in rot glitzernde Weihnachtsmannmäntel gehüllt, singen einsam weiter. 

    Es folgt die deutsche Hymne, gegeben von einem Streichorchester, was im wundervollen Gegensatz zur testosterongeschwängerten Atmosphäre in der Halle steht. 

    Ring frei zur ersten Runde. Rupprecht hat zwar Reichweitennachteile, da die Gegnerin ein Stückchen größer und mit langen Armen ausgestattet ist. Die Weltmeisterin aber ist schneller und präziser in ihren Aktionen. „Ich hatte das Gefühl, dass ich den Kampf von der ersten Runde an kontrolliert habe. Die hat versucht, wild was zu machen, aber ich habe alles gesehen“, sagt Rupprecht später und pendelt wie zum Beweis mit dem Kopf hin und her. Als Nummerngirl Stella mit stoischem Lächeln die 4 durch den Ring trägt, liegt Rupprecht auf den Zetteln der Punktrichter schon in Front. Nur kurz ist Gaspar in den Runden sechs und sieben in der Offensive, dann übernimmt die Weltmeisterin wieder das Kommando und bringt den Sieg sicher über die Zeit. Jubel. Eine Dankesrede im Ring. Die Worte sprudeln nur so heraus aus der alten und neuen Weltmeisterin, die den zugehörigen Gürtel um die Hüfte trägt. 

    Die Anspannung weicht, das Adrenalin bleibt

    Zurück in der Umkleidekabine. Langsam weicht die Anspannung. Das Adrenalin wird noch ein Weilchen bleiben, sagt Rupprecht. Junge reicht einen Kühlbeutel für die rechte Hand. Und schon werden neue Pläne geschmiedet. Nächstes Jahr wolle sie unbedingt in den USA kämpfen. Der Sieg gegen die tapfere Peruanerin soll nur eine Zwischenstation gewesen sein. „Ich will eine Titelvereinigung. Ob das jetzt die WBA-Weltmeisterin ist oder die amtierende IBF- und WBO-Weltmeisterin aus Costa Rica ist mir egal“, sagt Rupprecht. Die Chance dafür schätzt sie als sehr hoch ein. „Die wollen auch die Titel vereinigen. Zu 90 Prozent sollte das klappen. In Las Vegas zu kämpfen wäre schon was.“ 

    An diesem späten Samstagabend in Heilbronn ist das aber noch Zukunftsmusik. Am Montag fährt Rupprecht nach Zusmarshausen (Landkreis Augsburg). Dort arbeitet sie an zwei Tagen die Woche als Lehrerin. Sportunterricht erst mit einer neunten Klasse, dann noch eine fünfte stehen auf dem Stundenplan. „Die werden fragen, was mit mir los ist. Aber die wussten ja, dass ich einen Kampf habe. Ich habe denen schon gesagt, dass ich am Montag vielleicht mit einem blauen Auge kommen werde“, sagt Rupprecht und grinst schief. Die linke Gesichtshälfte hat etwas abbekommen und nimmt einen bläulichen Farbton an. „Kein Problem“, sagt sie. Auch der Kopf der Weltmeisterin ist hart.

    Tina Rupprecht war bereits zu Gast in unserem Podcast "Augsburg, meine Stadt". Hier können Sie die Folge nachhören:

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