Lange war es ruhig gewesen um Tina Rupprecht. Ende März des vergangenen Jahres hatte die Profiboxerin aus Augsburg ihren größten Kampf verloren. In den USA unterlag sie als WBC-Weltmeisterin der Lokalmatadorin und WBA-Weltmeisterin Seniesa Estrada. In einem der besten Kämpfe in der Geschichte des Frauenboxens musste sich Rupprecht dem Urteil der Ringrichter beugen. Dass dieses einstimmig ausfiel, überraschte auch viele Experten, dürfte aber mit dem Heimbonus Estradas zu erklären sein.
Profiboxerin Tina Rupprecht musste sich neue Ziele suchen
Rupprecht wiederum musste sich neue Ziele stecken. "Nach Amerika kam die Frage auf, wie es weitergeht", erzählt sie im Rückblick. Schon länger habe sie die Atom-Gewichtsklasse im Auge gehabt. Dort kämpfen die leichtesten Boxerinnen. Die Grenze liegt bei 46,2 Kilo. Bisher hatte Rupprecht im Minimumgewicht gekämpft, das bis 47,6 Kilo geht. "Je leichter, desto mehr merkt man ein, zwei Kilo", sagt die Augsburgerin, die in ihrer alten Gewichtsklasse immer zu den leichtesten Boxerinnen gezählt hatte.
"Dann haben wir geschaut, wo im Atomgewicht die Titel sind. Und der WBC-Gürtel ist eben in Tschechien bei Fabiana Bytyqi, die ihn schon seit 2018 hält." Gesagt, getan. Rupprecht forderte Bytyqi heraus und wurde nach langen Jahren als Titelverteidigerin wieder zur Jägerin. "Ich fühle mich wie am Anfang meiner Karriere", sagt sie dazu mit einem Lachen.
Neue Gewichtsklasse, aber keine große Umstellung
Die Umstellung in der neuen Gewichtsklasse sei für sie nur gering, "weil ich bisher eigentlich immer schon mit meinem Kampfgewicht herumgelaufen bin". Im Boxen ist das eher unüblich, meistens müssen die Sportlerinnen und Sportler zum Kampf hin leichter werden, um in ihre Gewichtsklasse zu passen. Rupprecht: "Wir schauen aber, dass ich das Gewicht schon im Vorfeld erreiche und nicht erst auf den letzten Drücker."
Der Kampf um den WBC-Gürtel im Atomgewicht steigt am kommenden Samstag in der Berliner Verti Music Hall und wird live auf sportschau.de übertragen. Rupprecht vs. Bytyqi ist der zweite Hauptkampf des Abends und soll gegen 21 Uhr beginnen. Im Anschluss gibt dann Ronny Gabel seine Abschiedsvorstellung. Der 39-jährige Berliner kämpft gegen Ilias Essaoudi um den WBO-Europe-Titel im Super-Weltergewicht. Erwartet werden rund 4000 Zuschauer.
Trainingslager beim "Athletik-Guru" im Bayerischen Wald
Für Rupprecht geht es um viel, sie will wieder Weltmeisterin werden. Dafür hat sie sich seit September intensiv vorbereitet. Unter anderem war sie wieder bei "Athletik-Guru" Sepp Maurer im Bayerischen Wald im Trainingslager, um die konditionellen Grundlagen zu legen. Zuletzt war sie mit ihrem Trainer Alexander Haan in Ungarn zum Sparring. Frei von äußeren Einflüssen habe sie sich dort ganz aufs Boxen konzentrieren können. Gesucht waren Gegnerinnen, die in ihrer Art zu boxen der Weltmeisterin Bytyqi ähneln. "Die ist sehr groß gewachsen und eher schlank. Dementsprechend stellen wir uns natürlich ein. Aber das ist für mich nichts Neues", sagt Rupprecht.
In Europa ist die Tschechin das Maß der Dinge in ihrer Gewichtsklasse. Bisher. Rupprecht will das ändern. Weiter vorausschauen will sie (noch) nicht. Doch klar ist auch: Die besten Kämpferinnen sind in Südamerika und Japan zu Hause. Gut möglich also, dass eine der nächsten Dienstreisen von Tina Rupprecht dann wieder mit einem längeren Flug verbunden ist.