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Boxen: Axel Schulz und seine Skandal-Niederlage, die ein Glücksfall war

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Axel Schulz und seine Skandal-Niederlage, die ein Glücksfall war

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    Axel Schulz (links) lieferte George Foreman einen großen Kampf, musste sich aber doch geschlagen geben.
    Axel Schulz (links) lieferte George Foreman einen großen Kampf, musste sich aber doch geschlagen geben. Foto: Carsten Rehder, dpa

    Als der Hallensprecher an jenem Abend des 22. April 1995 George Foreman zum Sieger ausrief, war im verschwollenen Gesicht von Axel Schulz keine Reaktion zu erkennen. Über zwölf Runden hatte der deutsche Herausforderer den alternden Weltmeister durch den Ring der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas getrieben. Allen war klar, es konnte nur einen Sieger geben. Doch die Punktrichter hatten es anders gesehen. Einer wertete den Kampf unentschieden, die anderen beiden sahen den 45-jährigen Lokalmatador knapp vorne. Eine Niederlage, die ein Skandal war. Denn im Hintergrund hatten ganz andere Interessen über Sieg und Niederlage entschieden als das, was die Kämpfer zeigten. 

    Schulz sollte nur ein Aufbaugegner sein

    Für Foreman hätte Schulz nur ein Aufbaugegner sein sollen auf dem Weg zum Kampf gegen Mike Tyson. Letzterer stand damals kurz vor Ende seiner Haft, die er wegen Vergewaltigung absitzen musste. Foreman gegen Tyson: Experten taxierten das finanzielle Volumen dieses Mega-Duells auf 250 Millionen Dollar. Wenn, ja wenn da nicht dieser Axel Schulz gewesen wäre. Denn der hatte nicht vor, sich Foreman als Aufbaugegner zu präsentieren. Ganz im Gegenteil. 

    Dabei hatte das Foreman-Lager Schulz genau dafür ausgewählt. Der damals 26-Jährige blickte auf eine bis dahin mittelprächtige Karriere zurück. Zwei erfolglose Versuche, einen EM-Titel zu holen, waren bis dahin deren Höhepunkte. Genau der richtige Kandidat für eine freiwillige Titelverteidigung des nicht mehr ganz austrainierten Foreman. Der witzelte im Vorfeld sogar noch, dass er der erste Weltmeister sei, dem der Gürtel nicht um den Bauch passe, was nicht allzu sehr übertrieben war. 

    350.000 Dollar an Bestechungsgeld flossen an die IBF

    Im November 1994 hatte Foreman überraschend Michael Moorer besiegt und sich die WM-Titel der Verbände WBA und IBF geholt. Die WBA allerdings lehnte Schulz als dessen Gegner ab, da er nicht in deren Ranglisten auftauchte. Stattdessen wäre ein gewisser Tony Tucker der legitime Pflichtherausforderer gewesen. Als Foreman das ignorierte, erkannte ihm die WBA ihren Titel wieder ab. Die IBF war da deutlich kulanter und winkte den Kampf trotz einer vergleichbaren Ausgangslage durch – nachdem 350.000 Dollar an Bestechungsgeld geflossen waren, wie Foremans Promoter Bob Arum später vor Gericht einräumte. 

    Schwer gezeichnet nahm Foreman nach den zwölf Runden gegen Schulz die Glückwünsche seiner Betreuer entgegen. Viele Jahre später sagte er in einem Interview mit der Bild, dass er damals "genauso schockiert wie alle" gewesen sei, dass er gewonnen hatte. "Der Typ lieferte mir einen Kampf, den ich nie vergessen werde." Er habe Schulz unterschätzt und umschrieb den Moment dieser Erkenntnis mit einem schönen Vergleich: "Ich war damals wie ein Zauberer, der einen Trick aufführen wollte. Doch dann zog ich den falschen Hasen aus dem Hut und wünschte mir, ihn wieder reinstecken zu können. Aber es ging nicht." 

    Schulz präsentierte sich als ziemlich schlagkräftiger Hase, ausgestattet mit einem Eisenkinn. "Er verpasste mir eine Tracht Prügel", so Foreman. Dem Deutschen hingegen schlug damals eine Welle der Sympathie entgegen, auf der er heute noch reitet. Oft schon hat er folgende Anekdote von unmittelbar nach dem Kampf erzählt. Ein Taxifahrer habe ihn umsonst gefahren und zur Begründung gesagt: "Dich haben sie heute betrogen, du musst hier nichts zahlen." 500.000 Mark habe er damals als Kampfbörse bekommen, so Schulz. Foreman kassierte zehn Millionen. 

    Nachträglich bekam Schulz zumindest symbolisch den WM-Gürtel

    2018 bekam Schulz von der IBF symbolisch den Weltmeistergürtel doch noch überreicht. Selbst innerhalb des Weltverbandes war man zu der Erkenntnis gelangt, dass an jenem legendären Abend in Las Vegas der bessere Boxer verloren hatte. Schulz wirkt inzwischen so, als habe er seinen Frieden mit dem Kampf gemacht. "Also umhauen hätte ich ihn natürlich müssen, um das ganze Ding wasserfest zu machen. Aber da ich nicht der ganz große Puncher war, wollte ich nach Punkten gehen – und für mich hab ich den Kampf gewonnen", sagte er dem Deutschlandfunk 2020, als sich der Kampf zum 25. Mal jährte. 

    Schulz durfte nach der Niederlage gegen Foreman noch zweimal um einen WM-Titel kämpfen. Doch das Glück war ihm nicht hold. Gegen Francois Botha verlor er ähnlich umstritten, gegen Moorer eindeutig. Schulz: "Ich hab immer alles gemacht, was ich konnte. Mehr ging halt nicht." 

    Und Foreman? Der skandalumwitterte Sieg gegen Schulz war der Anfang vom Ende seiner Karriere. Als die IBF auf einen Rückkampf drängte, lehnte er ab – und musste seinen Titel abgeben. Große Kämpfe bekam er keine mehr, auch nicht gegen Tyson. 1997 hängte er die Handschuhe an den Nagel und vertreibt seitdem Elektrogrills. Passend dazu verkauft Schulz inzwischen allerlei Grillzubehör. Und Blumen. Deren Name: Axels Veilchen.

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