Idyllisch am Waldrand liegt das Landhotel Maiergschwendt, in dem die deutsche Biathlon-Mannschaft während des Weltcups in Ruhpolding wohnt. Fast die ganze Mannschaft. Bevor es richtig losging mit den Wettkämpfen, durfte Philipp Nawrath gar nicht erst einziehen und kehrte in die eigenen vier Wände zurück. Grund: Johannes Kühn wurde nach der Rückkehr von den Rennen in Oberhof positiv getestet. „Es war eine reine Vorsichtsmaßnahme. So konnte ich mich in meiner kleinen Wohnung in Ruhpolding auf den Auftakt konzentrieren“, sagte der ausquartierte Nawrath am Mittwoch vor dem Training in der Chiemgau-Arena.
Der 28-Jährige aus Nesselwang hofft im Sprintrennen am Donnerstag (14.30 Uhr/live in ZDF und Eurosport) auf einen Aufwärtstrend. Beim Schießen kämpfte er zuletzt mit Problemen. Zusammen mit seinem persönlichen Coach und mehrfachen Olympiasieger Michael Greis sucht der Allgäuer nach einer Lösung. Entsprechend bescheiden formuliert der Biathlet sein Ziel für den Männer-Auftakt in der Chiemgau-Arena: „Mit einem Platz unter den Top fünfzehn wäre ich schon zufrieden.“ Dabei hatte die Saison vielversprechend begonnen. Mit dem sechsten Platz beim Weltcup im schwedischen Östersund Ende November hatte der Sportler aus Nesselwang früh die Olympianorm geknackt.
Die Führungsfiguren fehlen bei den Biathleten
Während Nawrath wieder zur Spitze aufschließen will, trifft Kühn die Corona-Infektion zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Der Niederbayer aus Passau ist der derzeit Beste der deutschen Biathleten, die nach den Rücktritten von Arnd Peiffer und Simon Schempp neue Führungsfiguren suchen. Im Gesamt-Weltcup rangiert der 30-Jährige auf Platz zehn. Im Dezember in Hochfilzen hatte Kühn den ersten Weltcuperfolg seiner Laufbahn gefeiert. Der Sprintsieg war zugleich der bislang einzige der Erfolg des Deutschen Skiverbandes (DSV) in diesem Winter. Am Montagabend war Kühn positiv auf das Coronavirus getestet worden und musste sich in Isolation begeben. Alle weiteren PCR-Tests in der DSV-Mannschaft fielen negativ aus. Laut Biathlon-Weltverband IBU lief eine Kontaktnachverfolgung der örtlichen Gesundheitsbehörde.
Den Startplatz von Kühn, der laut Teamarzt Jan Wüstenfeld über leichte Schnupfenprobleme berichtete, übernimmt der Thüringer Philipp Horn. Ebenfalls am Montag war der Corona-Fall der deutschen Spitzenläuferin Franziska Preuß bekannt geworden. Die Partnerin von Simon Schempp hatte sich bereits Ende Dezember infiziert und verpasst auf jeden Fall ihren Heim-Weltcup in Ruhpolding. Bei der nächsten Station in Antholz könnte die Gesamtweltcup-Dritte des Vorjahres starten. Theoretisch. Die aggressive Omikron-Variante verwandelt die Planung in ein Wunschkonzert mit ungewissen Ausgang. „Corona schwebt jeden Tag über uns“, sagt Biathlon-Cheftrainer Bernd Eisenbichler zur komplizierten Peking-Vorbereitung. Im Alltag der Sportler spiegeln sich die aktuellen Zahlen wider. Am Mittwoch meldete das Robert-Koch-Institut so viele Neuinfektionen binnen 24 Stunden in Deutschland wie nie zuvor. Die Qualifikationsnorm für Olympia zu knacken ist offenbar leichter, als bis zum Start der Spiele am 4. Februar gesund zu bleiben. Und überhaupt nach Peking zu kommen.
Hotel-Mitarbeiter in Ruhpolding wegen Corona nach Hause geschickt
In Oberhof hatte sich das DSV-Team mit eigenen Köchen in einer Kaserne abgeschottet. Es konnte Kühns Corona-Infektion nicht verhindern. Aus Angst vor zu vielen Kontakten wurden die Pläne für die letzten Tage vor der Abreise nach China geändert. Nach dem Höhentrainingslager in Antholz geht es nicht mit dem Flieger von München nach Frankfurt, sondern direkt aus Südtirol im Auto nach Frankfurt. Beim Weltcup in Ruhpolding schickte man die Hotel-Mitarbeiter nach Hause. Lediglich die Hotelchefin sperrt auf und zu. An den Töpfen des Landhotel Maiergschwendt stehen zwei eigene Köche.