Der Schnitt am Ende des Biathlons fiel dann doch groß aus. Mit Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick und Bundestrainer Mark Kirchner verliert die deutsche Biathlon-Mannschaft zwei ihrer bekanntesten Gesichter der vergangenen Jahre. Sowohl die Athletin als auch der erfahrene Coach wollen nicht mehr so oft auf Reisen gehen und aus dem Koffer leben. Herrmann-Wick möchte mit ihrem Mann Thomas Wick eine Familie gründen. Kirchner freut sich auf mehr Zeit mit seiner Frau.
Mit Uros Velepec wird das deutsche Team noch internationaler aufgestellt sein. Velepec stieß wie der Norweger Sverre OIsbu Röiseland vor einem Jahr als Männercoach zum Deutschen Skiverband (DSV). Velepec ist gebürtiger Slowene und duellierte sich in seiner aktiven Zeit mit Kirchner in der Loipe und arbeitete zunächst als Coach für sein Heimatland Slowenien.
Biathleten dürfen nicht zu bequem werden
Zwischen 2014 und 2018 und von 2021 bis 2022 kümmerte sich Velepec um die Frauenmannschaft der Ukraine, die er zu den Olympischen Spielen nach Peking begleitete. Kurz nach Olympia überfiel Russland die Ukraine und der nationale Verband stand vor einer ungewissen Zukunft. Velepec wechselte zum DSV. Deutsch versteht er mittlerweile gut, seine Interviews führt er jedoch am liebsten auf Englisch. Die deutschen Männer sieht Velepec noch immer im Umbruch. Der neue Bundestrainer will das DSV-Team schrittweise nach oben führen, dorthin wo die Norweger mit Seriensieger Johannes Thingnes Bö unangefochten in der vergangenen Saison thronten. In einem Gespräch am Rande der Biathlon-WM in Oberhof forderte der Slowene, nicht zu bequem zu werden. "Vielleicht sollten wir ein oder zwei Trainingscamps mehr absolvieren." Im nächsten Sommer ist zusätzlich eine Einheit in Norwegen geplant.
Bei den deutschen Biathleten klafft hinter den Spitzenkräften wie Benedikt Doll, Johannes Kühn, David Zobel, Roman Rees, Justus Strelow oder Philip Nawrath eine Lücke. Der Nachwuchs macht den Etablierten zu wenig Druck.
Die Frauen sind besser aufgestellt als die Männer
Wesentlich besser sieht die Lage bei den Frauen aus. "Im Damenbereich bin ich froh, dass junge Athletinnen nachrücken, die uns die Entscheidung schwer machen. Es kommen einige Athletinnen nach, die sehr gut ausschauen", sagte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer in seiner WM-Analyse und zählte in diesem Zusammenhang die Nachwuchshoffnung Selina Grotian auf. "Wir müssen versuchen, sie in Richtung Weltspitze zu kriegen." Die Resultate in der abgelaufenen Saison lassen Raum für große Hoffnungen. Nach viermal Gold bei der Junioren-WM und EM-Gold in der Verfolgung bei den Erwachsenen ist die Oberbayerin Bayerin zur größten deutschen Nachwuchshoffnung aufgestiegen.
Die 18-Jährige eilte auch als beste Deutsche im zweitklassigen IBU-Cup von Erfolg zu Erfolg und gab am Samstag in Oslo als jüngste Starterin im gesamten Feld schon ihr Debüt im Weltcup. Beim letzten Sieg von Herrmann-Wick reichte es mit zwei Schießfehlern zu Platz 44. Am Ende eines harten Winters mit vielen Rennen sei es auf der Strecke bei hohen Temperaturen schwer gewesen. Trotzdem stand die Garmisch-Partenkirchnerin am Ende glücklich im Ziel, lächelte und schrieb auf Instagram: "Die tolle Atmosphäre macht hungrig auf mehr!"
Parallelen zu Magdalena Neuner und Laura Dahlmeier
Parallelen zu Magdalena Neuner und Laura Dahlmeier sind erlaubt, auch weil Grotian mit Bernhard Kröll den gleichen Heimtrainer wie die beiden Ausnahmeathletinnen der vergangenen Jahre hat. Kröll weiß, wie man Talente formt und in die Spitze bringt. Dem Frauen-Bundestrainer Mehringer würde es gefallen: "Das wünscht man sich immer, dass man einen neuen Superstar hat. Wir müssen versuchen eine Selina Grotian in Richtung Weltspitze zu kriegen."
Im Fokus nach dem Abschied von Herrmann-Wick stehen aber zunächst andere Starterinnen wie Sophia Schneider, Hanna Kebinger oder Vanessa Voigt, die im Februar mit der Frauen-Staffel WM-Silber in Oberhof gewannen und nun zusammen mit der oft kränkelnden Franziska Preuß den Kern des deutschen Frauenteams bilden. Mit ihren Erfolgen kaschierte Herrmann-Wick zuletzt viele Defizite. Ohne die 34-Jährige hätte es für die Frauen im abgelaufenen Winter keinen Sieg und keinen Podestplatz in Einzelrennen gegeben. Nun sind die Jungen gefragt.