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Biathlon: Benedikt Doll läuft sein letztes Biathlon-Rennen

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Benedikt Doll läuft sein letztes Biathlon-Rennen

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    Freut sich auf seine Zeit nach der Biathlon-Karriere: Benedikt Doll aus Kirchzarten.
    Freut sich auf seine Zeit nach der Biathlon-Karriere: Benedikt Doll aus Kirchzarten. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Archivbild)

    Auf der eine Seite stehen Sportler, die nicht loslassen können. Nicht loslassen wollen. Weil sie vielleicht keinen Plan für das richtige Leben danach haben. Sie hangeln sich von einer Saison zur nächsten, kurieren Verletzungen aus, um nur ja wieder in die gewohnte Struktur mit Training, Wettkampf und Regeneration zu kommen. Weil der

    Benedikt Doll denkt schon lange ans Aufhören

    Drei Gründe nennt Doll für sein lange angedachtes Karriereende, während er in einem kanadischen Hotelzimmer sitzt und mit den zugeschalteten Journalisten aus Deutschland plaudert. "Erstens will ich etwas Neues machen. Zum zweiten war die Motivation für den Sport nicht mehr da. Man hat ständig die Anspannung: Jetzt kommt wieder der Wettkampf, jetzt wird es wieder richtig wehtun. Der Kopf sagt: Es reicht. Und man muss wieder wegfahren. Aber am liebsten wäre man daheim." 

    Mit dem 33-Jährigen geht der letzte Weltmeister im deutschen Team – die goldene Generation um ihn, Simon Schempp, Erik Lesser und Arnd Peiffer, die im vergangenen Jahrzehnt für eine Vielzahl an Podestplätzen gesorgt hatte, ist bald Geschichte. Sie alle waren Weltmeister in einer Einzel-Disziplin und standen bei Olympischen Spielen auf dem Podest. Die Erfolge sprechen für sich. 55-mal stand der Mann aus dem Schwarzwald im Weltcup sowie bei Großereignissen in Einzelrennen und in Staffeln auf dem Podest. Das schaffte auch Schempp, bei Lesser waren es 45 Podestplätze, bei Peiffer gar 86 Top-Drei-Platzierungen. In der aktuellen Mannschaft des Deutschen Skiverbandes (DSV) erreichen Johannes Kühn (18), Roman Rees (16), Philipp Nawrath (10), Philipp Horn (7) und Justus Strelow (5) nicht annähernd solche Zahlen. 

    Benedikt Doll (links), Arnd Peiffer, Philipp Horn und Erik Lesser aus Deutschland freuen sich über Bronze. 
Doll wird eine Lücke hinterlassen.
    Benedikt Doll (links), Arnd Peiffer, Philipp Horn und Erik Lesser aus Deutschland freuen sich über Bronze. Doll wird eine Lücke hinterlassen. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Archivbild)

    Der letzte Weltmeister im Team geht

    Dolls Karrierespitzen: Er war Weltmeister, Weltcupsieger und lief zweimal zu Olympia-Bronze 2018 in Pyeongchang. "Der WM-Titel ragt schon heraus, das war das perfekte Rennen", sagt Doll. Nach seinem Triumph im Sprintrennen erzählte der Schwarzwälder im Pressezentrum von Hochfilzen, welche Gerichte er am liebsten mit seinem Vater, einem gelernten Koch, zubereitet und wie die Mama bei den Rennen mitfiebert. 

    Dolls Karriereende hinterlässt eine große Lücke, auch weil der Schwarzwälder als heimlicher Kapitän des Teams viel Verantwortung übernahm und für den Zusammenhalt eine wichtige Rolle spielte. Doll organisierte viel, kümmerte sich um die Belange der Teamkollegen und konnte auch deshalb viele Dinge mitentscheiden. "Solche Athleten hat man nicht am Fließband", sagt Felix Bitterling, Sportdirektor Biathlon im Deutschen Skiverband. Doll war mit seinen "herausragenden sportlichen Fähigkeiten" in den vergangenen zwölf Jahren eine "verlässliche und große Stütze". 

    Ein Traineramt kommt nicht infrage

    Erfrischend ehrlich erzählt Doll in seinem Dialekt, warum er "keine Luscht" mehr darauf hat, einen neuen Wettkampf-Kalender für die kommende Biathlon-Saison aufzustellen. Auch ein Wechsel in das Traineramt kommt für ihn nicht infrage. Denn das hieße wieder ein halbes Jahr lang unterwegs zu sein und aus dem Koffer zu leben. Im Laufe der Jahre haben sich die Prioritäten in seinem Leben verschoben. Nicht mehr Langlaufen und Schießen, sondern die Familie mit seiner Frau Miriam und dem gemeinsamen anderthalbjährigen Sohn stehen an erster Stelle. 

    Am 16. März 2012 hatte er sein Weltcup-Debüt gegeben. Am Freitag in Kanada geht es ins letzte Sprintrennen (17.40 Uhr/ZDF und Eurosport) seines Sportlerlebens. Am Sonntag folgt der letzte Wettkampf mit dem Massenstart ab 22.20 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Ob ihn der Abschluss emotional packen wird, weiß er jetzt noch nicht. "Aktuell geht es. Am Sonntag ist es vielleicht etwas anderes. Aber vom Gefühl her bin ich mit mir im Reinen mit meinem Entschluss", sagt der 33-Jährige aus Kirchzarten im Schwarzwald. 

    Nach seiner Rückkehr wird er irgendwann sein Gewehr zurückgeben. So eine Waffe darf man nicht einfach im Keller liegen lassen. Und er muss abtrainieren. Der Körper kann nicht von hundert auf null zurückgefahren werden. Benedikt Doll freut sich auf seine Familie, sein Studium, neue berufliche Ziele. Er will sich mit nachhaltigen Energiesystemen beschäftigen, mit Klimatechnik. Seine persönliche CO2-Bilanz als Sportler mit den vielen Reisen wie jetzt nach Nordamerika sei nicht so gut. "Da habe ich etwas auszugleichen", sagt der Noch-Biathlet. Doll hat einen genauen Plan von seiner Zukunft: "Dass ich in ein Loch falle, halte ich für maximal unwahrscheinlich."

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