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Bayerns Thomas Müller trifft, rettet und wirkt manchmal wie auf einer Abschiedstour

FC Bayern

Thomas Müller: Der melancholische Großmeister

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    Gute Laune: Thomas Müller dürfte das 5:1 gegen Donezk als rundum gelungenen Abend verbucht haben. Ein Schuss Melancholie war auch dabei.
    Gute Laune: Thomas Müller dürfte das 5:1 gegen Donezk als rundum gelungenen Abend verbucht haben. Ein Schuss Melancholie war auch dabei. Foto: Tim Groothuis, Witters

    Sichtlich gut gelaunt schritt Thomas Müller zum Interviewtisch von Amazon Prime. Gute Laune ist nach einem 5:1-Sieg in der Champions League durchaus angebracht – vor allem, wenn man wie Müller selbst ein Tor geschossen hat. Der 35-Jährige zeigte sich aber selbst für seine Verhältnisse blendend gelaunt. „Es ist schon schön, hier zu sein auf Schalke“, sagte er. In Gelsenkirchen trägt Schachtar Donezk wegen des Krieges in der Ukraine seine Königsklassen-Heimspiele aus, weswegen die Bayern am Dienstagabend nochmals dort Station machten. Für Müller ein willkommener Zufall: „Ich werde ein bisschen melancholisch. Echt toll, mal wieder in dieser Arena zu sein.“ Am liebsten sei es ihm, wenn Schalke auch wieder in der Bundesliga spielen würde.

    Der Hinweis von Moderator Alex Schlüter, dass „ja irgendwann noch ein Spiel gegen einen anderen Gegner“ in diesem Stadion anstehen könnte, ließ Müller mit einem Lächeln ins Leere laufen. Sehr wahrscheinlich war es das letzte Mal, dass Müller als Spieler in die Arena auf Schalke gekommen ist. Sein Vertrag bei den Bayern läuft im Sommer aus. Ob Müller, der im September nächsten Jahres 36 wird, nochmal verlängert, ist unklar. Zumal mit dem Champions-League-Finale in München ein krönender Abschlussrahmen möglich ist. Dass Schalke mit dem Aufstieg in die Bundesliga nichts zu tun haben wird, ist aber relativ sicher. Für Königsblau steht derzeit Abstiegskampf in Liga zwei an, weit weg von der Champions League.

    Thomas Müller wirkt stellenweise wie auf einer Abschiedstour

    Müller wirkt immer mal wieder in dieser Saison wie jemand, der weiß, dass er gewisse geliebte Dinge zum letzten Mal tut. Umso bemerkenswerter ist es, dass er nichts von seinem Ehrgeiz verloren hat. Beim Interview angekommen, wollte der Angreifer nicht in erster Linie über sein Tor sprechen, sondern über eine Szene kurz nach der Halbzeitpause, als er einen Gegentreffer verhindert hatte: „Die Rettungstat will ich unbedingt sehen.“ Und zwar am besten „mit der Hintertorkamera“. Die Angestellten des Streamingdienstes taten ihm den Gefallen und zeigten, wie in der 48. Minute eine Donezk-Ecke auf Walerij Bondar verlängert wurde. Der Verteidiger kam wenige Zentimeter vor der Torlinie an den Ball, der Ausgleich schien unausweichlich – und dann kam Müller.

    Auch er hatte den Ball „eigentlich schon drin“ gesehen, verhinderte das aber höchstpersönlich selbst: „Ich halte halt da die Flosse rein und irgendwie geht er dann auch noch drüber.“ Vom Müller-Fuß ging der Ball nicht ins Tor, sondern über die Latte. Seine Rettungstat feierte Müller wie einen eigenen Torerfolg. Den hatte es zuvor auch gegeben. Nach dem frühen Rückstand durch den Brasilianer Kevin (5.) hatten die Bayern durch Konrad Laimer zuerst den Ausgleich erzwungen (11.), bevor die Bayern-Ikone kurz vor der Pause die Führung besorgte (45.).

    Musiala steht bei den Bayern so im Fokus wie Müller zu besten Zeiten

    Bis zur Rettungstat von Müller stand die Partie durchaus auf der Kippe. Bayern hatte zwar wie fast immer die Spielkontrolle, die Ukrainer hatten aber ihre Chancen. Sudakov etwa hätte die erneute Führung erzielen müssen, schoss aber am leeren Tor vorbei (44.). In der zweiten Halbzeit erdrückten die Bayern in dem gefühlten Heimspiel die vermeintlichen Gastgeber jedoch. Michael Olise mit einem Doppelpack (70., 90.+3) und der derzeit unvermeidliche Jamal Musiala (87.) stellten auf 5:1. Musiala hatte eigentlich auch per Kopf (66.) getroffen, der Treffer wurde nach einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters aber zurückgenommen. Ein vermeintliches Foul von Mathy Tel an Donezk-Keeper Dmytro Riznyk verhinderte den Doppelpack des 21-Jährigen.

    Musiala steht bei den Bayern so im Fokus, wie es bei Müller zu besten Zeiten der Fall war. Dem 21-Jährigen gehören die Zukunft und große Teile der Gegenwart, während Müller bei den Münchnern zwar immer weiter an seinem Legendenstatus arbeitet, sportlich aber zum Teilzeitarbeiter geworden ist. Nur dreimal stand er in der Bundesliga-Saison in der Startelf, das Tor gegen Donezk war das erste seit dem 6. Oktober, damals hatte er beim 3:3 gegen Frankfurt einen Treffer besorgt. Es spricht für Müllers Persönlichkeit, dass er mit der Situation nicht hadert, im Gegenteil. Nach Olises Treffern war er einer der ersten Gratulanten. Auch dem neuen Shootingstar der Bayern, Jamal Musiala, gönnt er jedes seiner vielen Tore. Als Müller am vergangenen Wochenende beim 4:2 gegen Heidenheim für den 21-Jährigen ausgewechselt wurde, drehte der Superstar das Spiel mit zwei Treffern. Müller befand nach Spielende: „Für Jamal Platz zu machen, war nicht die blödeste Idee.“ Müller scheint kein Problem damit zu haben, seinen Platz für die Jungen zu räumen. Melancholisch darüber, dass die eigene Geschichte als Spieler sich dem Ende zuneigt, darf man trotzdem sein.

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