Die reinen Spieldaten lesen sich nicht schlecht: 17:5 Torschüsse hatten die Bayern im Villa Park von Birmingham, dazu noch mit 655:238 Pässen mehr als doppelt so viele wie die Gastgeber, dazu satte 70 Prozent Ballbesitz. Es sind Zahlen, die an den Bundesliga-Gipfel gegen Leverkusen erinnern, bei dem Bayern auch feldüberlegen war, aber daraus keinen Ertrag in Form eines Sieges schöpfen konnte. Bei der entscheidenden Statistik, den Toren, hatten die Engländer sogar die Nase vorn: 1:0 hieß es nach 90 umkämpften Minuten für das Team aus der Premier League.
Damit steht die erste Niederlage der Bayern in der neuen Saison, die erste Pleite unter dem neuen Coach Vincent Kompany und das erste verlorene Spiel in einer Champions-League-Gruppenphase seit dem September 2017. Damals gab es ein 0:3 gegen Paris St- Germain. Trainer des Gegners war ein gewisser Unai Emery, der sich immer mehr zum Schreckgespenst der Münchner zu machen scheint. Denn auch vor zwei Jahren war es der vom Spanier trainierte FC Villareal, der die Hoffnung auf einen Erfolg in der Champions League überraschend zunichte machte.
Unai Emery setzte einen Schwerpunkt auf Manuel Neuer - und triumphierte gegen Bayern
Auch dieses Mal schlug der Spanier, der auch einer der Kandidaten des FC Bayern bei der Trainersuche gewesen sein soll, den Münchnern ein Schnippchen. Emery dürfte sich die Taktik von Leverkusen aus dem Topspiel genauestens angesehen haben - und daraus seine Schlüsse gezogen haben. Auch Villa machte das Zentrum dicht, Harry Kane blieb wie gegen die Werkself blass. Stattdessen versuchte Villa - anders als das ultra-defensive Leverkusen - sein Glück aber in den Räumen, die die weit aufrückenden Bayern ließen. Der deutsche Rekordmeister stand wie in der gesamten Saison weit vorne, drückte - und ließ Platz für Gegenstöße.
Eine große Rolle in der Vorbereitung auf die Bayern hatte offenbar der Münchner gespielt, der zum entscheidenden Mann beim Gegentor werden sollte: Manuel Neuer. Beim Treffer des eingewechselten Jhon Duran (79.) war der Ex-Nationalkeeper weit vor dem eigenen Kasten postiert gewesen. Der 38-Jährige war beim Steckpass auf den Kolumbianer zuerst nach vorne gesprintet und dann wieder in Richtung eigenes Tor zurückgelaufen. Der 20-jährige Joker von Villa tat, für was er in dieser Saison bekannt ist - und traf. Über Neuer hinweg flog der Ball ins Bayern-Tor. Es war bereits der fünfte Joker-Treffer Dhurans in dieser Spielzeit.
Aston Villas Trainer Emery über Neuer: „Haben viel darüber gesprochen“
Emery bestätigte nach Abfpfiff, dass Neuers offensives Spiel ein großes Thema in der Vorbereitung war: „Wir haben viel darüber gesprochen, dass Neuer normalerweise immer sehr hoch steht.“ Als Dhuran dann am Ball war, habe er gewusst, dass sein Spieler schießen würde. Villas argentinischer Torwart Emiliano Martinez sagte über Neuer sogar: „Wir wussten, dass Neuer hoch steht. Wir haben sehr viele Filme mit dem Coach geschaut - alleine diesen Morgen waren es eineinhalb Stunden!“
Neuer selbst will das Gegentor nicht als Systemfehler abtun. Der Ex-Nationalkeeper sagte zu der Szene am DAZN-Mikro: „Vielleicht kann ich zwei Meter weiter hinten stehen. Aber so ein Treffer gehört zum kalkulierten Risiko dazu. Das ist unser Spiel. An dem wird sich auch nichts ändern“, sagte Neuer. Bayerns Vorgehensweise in dieser Saison sei geprägt von hohem Verschieben, einem frühzeitigen aggressiven Anlaufen - dazu gehöre eben auch der Torhüter als erster Angriffsspieler „Also ich weiß jetzt nicht, ob der Trainer jetzt etwas anders fordert nach dem Tor“, schloss Neuer.
Beim FC Bayern wollen sie keine Systemfragen zulassen, Vorstandschef Jan-Christian Dreesen stärkte Trainer Vincent Kompany den Rücken. Dass aber zweimal die zuvor unaufhaltsam scheinende Bayern-Offensive ausgebremst worden ist, dürften auch im Trainerbüro der Münchner ein großes Thema sein.
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