Die letzte Erinnerung ist eine gute. Der Blick in die Vergangenheit ist ein verschwommener, weil sich die Spielzeiten im Verlauf der Jahrzehnte immer mehr angeglichen haben. Wann schieden die Bayern nochmal gegen Real Madrid nach eigenwilligen Schiedsrichterentscheidungen aus. Beziehungsweise: Wann war das nicht der Fall? Und gegen Paris?
Klar, in der Corona-Saison gewannen die unbesiegbaren Flick-Bayern gegen die Franzosen im Finale. Aber danach standen sich die Klubs auch noch mehrfach gegenüber. Die hohen Feiertage des europäischen Vereinsfußballs fanden noch in den 80er-Jahren maximal jährlich statt. Wenn die Europapokal-Saison auf ihr Ende zulief, trafen meist die Schwergewichte aufeinander. Davor aber: Tirana, Minsk, Heart of Midlothian. Generationen von Fußballfans genossen ihre geografische Bildung nicht in der Schule, sondern in den ersten Runden des Europapokals der Landesmeister. Spätestens aber seit dieser Saison steht in kurzen Abständen eines dieser Spiele an, für das früher der Papa seinem Sohn ausnahmsweise erlaubt hatte, noch die erste Halbzeit anzuschauen.
Am Dienstag trifft der FC Bayern auf Paris St. Germain (21 Uhr, Amazon Prime Video). So wie im Finale 2020, im Viertelfinale 2021 und im Achtelfinale 2023. Da setzten sich die Bayern mit zwei Siegen gegen die Franzosen durch. Es war jene Saison, als die Münchner nach Robert Lewandowskis Abgang dachten, die fehlenden Tore des Mittelstürmers ließen sich im Kollektiv ersetzen. Das gelang zwar gegen Paris - im Rest der Saison aber zu selten, weshalb Thomas Tuchel wenig später den Trainerposten von Julian Nagelsmann übernahm. Auch das eine Entwicklung der Neuzeit: Spitzentrainer folgt rasch auf Spitzentrainer. Spannend, wie sich wohl Vincent Kompany einreiht.
Messi, Mbappé und Neymar spielen nicht mehr für Paris
Die letzte Erinnerung also ist eine gute. Zu viel aber ist seitdem passiert, als dass sich noch etwas von diesen Partien ableiten ließe. Zum einen verfolgen die Münchner mittlerweile einen anderen Stil als damals - was unter anderem damit zu tun hat, dass man in Harry Kane einen Stürmer verpflichtete, der sich dafür verantwortlich fühlt, die fehlenden Lewandowski-Treffer im Alleingang wettzumachen. Und zum anderen ist die Pariser Mannschaft des Jahres 2023 kaum mehr mit der heutigen Auswahl zu vergleichen.
Als die Teams letztmals aufeinandertrafen, war es noch die Messineymarmbappé-Elf. Mittlerweile spielt keiner der Superstars mehr für die aus Katar subventionierte Mannschaft. Nach über einem Jahrzehnt der Kaufmannssucht versuchen sie in Paris gerade ihr Geschäftsmodell umzustellen. Mittlerweile spielen in Bradley Barcola oder Warren Zaïre-Emery zwei der aufregendsten jungen französischen Nationalspieler für die Pariser, doch die Zeit der Weltstars scheint vorüber.
Derart zusammengestellt, ist der Klub dem Rest der französischen Liga zwar immer noch weit enteilt, bis das neue Konzept aber die Chance hat, international erfolgreich zu sein, wird zumindest die laufende Saison wohl verstreichen. Nach vier Spieltagen in der Champions League haben die Pariser lediglich vier Zähler auf dem Konto. Zwar lässt der neue Modus allerhand Möglichkeiten offen, sich für das Achtelfinale zu qualifizieren, so ganz ohne weitere Punkte würde aber auch das nicht funktionieren. So erfährt das Duell in München eine Bedeutung, die man in Paris lieber vermieden hätte und weil die Bayern ebenfalls zwei der ersten vier Spiele verloren haben, sind auch sie weit davon entfernt, ohne Druck aufspielen zu können.
Die Tendenz spricht dabei für den deutschen Rekordmeister, der die vergangenen sechs Partien ohne auch nur ein Gegentor gewann. Allerdings spielte die Mannschaft eben auch gegen Gegner der Preisklasse Augsburg oder Mainz. Das ändert sich mit der Partie gegen Paris. Das Spiel in der Königsklasse markiert den Auftakt zu der bisher herausforderndsten Woche dieser Saison. Nach dem Duell gegen die Franzosen treten die Münchner am Samstag in der Bundesliga in Dortmund an, ehe am kommenden Dienstag im Pokal Bayer Leverkusen wartet. „Es stehen wichtige Wochen für uns an, aber das Team ist bereit, es fühlt sich gut an – wir müssen das Momentum beibehalten“, blickt Kane auf die nähere Zukunft.
Diese Selbstsicherheit, Spiele zu gewinnen, trägt die Münchner derzeit. Allerdings haben die Partien gegen Barcelona und Aston Villa zumindest die Vermutung eröffnet, dass die Münchner bei Gegnern von internationaler Klasse Probleme bekommen könnten. Nun steht die erste Chance an, diesen Eindruck zu widerlegen. Daran erinnern wird man sich in Zukunft allerdings wohl kaum.
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