Wer nach dem haushohen Heimsieg am Pfingstmontag gedacht hatte, dass diese Viertelfinalserie für Ratiopharm Ulm schon in trockenen Tüchern ist, der sieht sich getäuscht: Der deutsche Basketball-Meister verlor am späten Mittwochabend Spiel drei der Serie in Würzburg mit 79:82 und steht nun am Freitag (18.30 Uhr) erneut in Würzburg schon mit dem Rücken zur Wand. Die Mannschaft aus Unterfranken hat dann Matchball im Kampf um den Einzug ins Halbfinale, hinzu kommt ein psychologischer Faktor: In Ulm und Würzburg weiß man jetzt, dass Würzburg auch ohne seinen schwer am linken Knie verletzten Tausendsassa Otis Livingston gegen Ulm gewinnen kann. Außerdem ist spätestens seit Mittwoch Gift und Galle drin in dieser Serie.
Vielleicht hatte Sasa Filipovski den Gegner ein bisschen in falsche Sicherheit gewiegt. Der Würzburger Trainer hatte nach Spiel zwei freimütig zugegeben, dass seine Mannschaft am Pfingstmontag die Intensität irgendwann raus genommen hatte, um Körner zu sparen. Seine Rechnung ist jedenfalls aufgegangen. Am Mittwochabend hatten die Würzburger vor allem in Halbzeit eins tatsächlich viel mehr Energie als die Ulmer. Die verweigerten ein Stück weit den Kampf, sie ballerten viel von draußen und attackierten selten den Korb. Sie gaben den Rebound mit 15:23 ab und sie schafften es einmal mehr in dieser Serie nicht, zwei ihrer Schlüsselspieler offensiv in Szene zu setzen: Sechs Punkte in den ersten 20 Minuten für Trevion Williams, null für Karim Jallow. Folgerichtig führte Würzburg zur großen Pause zweistellig mit 44:34.
Ratiopharm Ulm verliert in Würzburg
Zwei Minuten nach Wiederbeginn war der Würzburger Vorsprung schon auf 15 Punkte angewachsen (51:36), ehe Ulm endlich für ein paar Minuten mächtig ins Rollen kam. Erst ein 12:0-Lauf zum 51:48 dann stellte Karim Jallow mit einem Dreier – seinem ersten und einzigen Treffer überhaupt aus dem Feld an diesem Abend – auf 53:51. Aber die Partie kippte eben nicht, Würzburg nahm eine 64:57-Führung mit in den Schlussabschnitt. Als Tommy Klepeisz einen Dreier versenkt hatte, da war dieser Vorsprung 36 Sekunden vor dem Ende auf 80:77 geschmolzen. Doch eben diese drei Punkte waren von den Ulmern von der Freiwurflinie nicht mehr komplett aufzuholen und der letzte wilde Dreier von Williams ging auch weit vorbei.
Williams ist ebenso wie Jallow noch nicht in diesen Play-offs angekommen, auch Juan Nunez kriselt zur Unzeit. Am Mittwoch nahm der junge Spanier in lediglich gut zwölf Minuten Einsatzzeit nur einen Wurf aus dem Feld, den traf er immerhin. Dafür vergab er alle seine drei Freiwürfe. Apropos Freiwürfe: Die Ulmer Ausbeute von 15 Treffern bei 21 Versuchen lässt viel Luft nach oben. Bei einer besseren Quote hätte es rechnerisch sogar zum Sieg gereicht.
Auf Würzburger Seite muss man derweil einen weiteren Ausfall neben Otis Livingston in Spiel vier befürchten. Owen Klassen bekam kurz vor Schluss den Arm von Trevion Williams am Kopf ab. Der Kanadier wurde lange auf dem Feld behandelt und ging schließlich offensichtlich benommen in die Kabine. Ob er am Freitag spielen kann, das ist noch offen. Die Würzburger forderten vergeblich eine Disqualifikation von Williams und sie dachten sogar über einen Protest nach, der allerdings nach allen Erfahrungen nichts bringen würde. Es war nur einer von mehreren Aufregern in dieser Viertelfinal-Serie: Am Mittwoch erwischte außerdem Jallow mit dem Ellbogen Zach Seljaas, bereits in Spiel eins hatte Tommy Klepeisz gegen Klassen nachgetreten und sich anschließend aufrichtig entschuldigt. Die Würzburger hätten sich auch in diesen Fällen jeweils eine Disqualifikation für den Ulmer Spieler gut vorstellen können.
Wenn sich Klassen bis Spiel vier der Serie nicht erholt, dann wird die Belastung der verbleibenden Würzburger Spieler noch größer – wobei das in Einzelfällen gar nicht mehr möglich ist. Darius Perry etwa spielte am Mittwoch durch.
Ratiopharm Ulm: Klepeisz (15 Punkte), Figueroa (14), Williams (12), Dadiet (10), Jessup (8), Georginho (8), Jallow (5), Herkenhoff (3), Christen (2), Nunez (2).