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Basketball: Selbstversuch: Wie viel Geld lässt man bei einem NBA-Spiel?

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Selbstversuch: Wie viel Geld lässt man bei einem NBA-Spiel?

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    Angekommen im Konsumtempel der Miami Heat: Unser Reporter Dirk Sing bei der Arbeit.
    Angekommen im Konsumtempel der Miami Heat: Unser Reporter Dirk Sing bei der Arbeit. Foto: Dirk Sing

    Es ist der große Traum eines nahezu jeden Basketballfans: Einmal in die USA zu fliegen, um dort die Superstars der besten Basketball-Liga der Welt (NBA) wie LeBron James, Kevin Durant, Nikola Jokić, Giannis Antetokounmpo, Luca Doncic oder Stephen Curry live und hautnah zu erleben. Dass ein solcher Besuch einer NBA-Partie durchaus ein tiefes Loch in den Geldbeutel reißen kann, dürfte indes kaum jemand überraschen. Entgegen dem Motto "Geiz ist geil" lassen sich die Klubs ihre zumeist spektakuläre mehrstündige Show – die Begegnung selbst ist dabei in ein buntes Gesamtpaket eingebettet – von den Anhängern fürstlich bezahlen. Unser Sportredakteur Dirk Sing hat bei der Partie der Miami Heat gegen die Boston Celtics mit seiner Kreditkarte einen Selbstversuch gestartet.

    Miami Heat gegen Boston Celtics. Der NBA-Vizemeister der vergangenen Saison, der sich im Finale den Denver Nuggets mit 1:4 geschlagen geben musste (Miami), gegen den Topfavoriten auf den Titel in dieser Spielzeit (Boston). Dazu an einem Ort, an dem der beste deutsche Basketballer aller Zeiten, Dirk Nowitzki, im Jahr 2011 den größten Teamerfolg seiner einzigartigen Karriere mit den Dallas Mavericks feierte: die NBA-Meisterschaft! Gibt es eine bessere Gelegenheit, diesen Selbstversuch, bei dem ich es mir mal richtig gutgehen lassen möchte, zu starten? Klare Antwort: Nein!

    Gute Plätzen kosten gutes Geld: Dirk Sing bei seinem Besuch der Miami Heat.
    Gute Plätzen kosten gutes Geld: Dirk Sing bei seinem Besuch der Miami Heat. Foto: Dirk Sing

    Allein das Ticket im Unterrang kostet 198 US-Dollar

    Erste Amtshandlung: Eine Eintrittskarte besorgen, was drei Tage vor diesem Match sicher nicht unbedingt einfach werden dürfte. Doch welch ein Wunder, auf der Homepage der Miami Heat werde ich schnell fündig: Bei einem Ticket-Anbieter gibt es im sogenannten "Re-Sale" noch zahlreiche freie Plätze. Allerdings kostet die billigste Karte – ein Stehplatz im Oberrang unter dem Hallendach – bereits schlappe 62 Dollar. Nachdem es sich jedoch um ein ganz besonderes Duell handelt, habe ich mich entschlossen, mir nach Möglichkeit ein Ticket im Unterrang zu ergattern. Und siehe da, nach zweiminütiger Suche habe ich meinen Platz gefunden: In Section 112, Reihe 32, ist Platz 13 noch frei – meine Glückszahl! Die 198 Dollar dafür sind zwar happig, mir in diesem Fall allerdings wert. Ich sitze etwas seitlich hinter dem Korb, auf den sich die Spieler der Miami Heat aufwärmen und auch deren Mannschaftsbereich befindet. Als ich kurz darauf sehe, dass in der zweiten Reihe von Section 101 ein Ticket sogar 999 Dollar kostet, geht’s mir schlagartig noch besser. Fast habe ich das Gefühl, als hätte der alte Schnäppchenjäger in mir wieder zugeschlagen.

    Am Spieltag selbst entscheide ich mich, mit meinem Auto von North Miami Beach, wo meine Unterkunft ist, nach Miami Downtown zu fahren. Die Busfahrt würde zwar einfach nur 2,25 Dollar kosten. Nachdem ich beim letzten Mal jedoch geschlagene zwei (!) Stunden für diese nicht wirklich lange Strecke aufgrund von mehreren Baustellen sowie der Tatsache, dass der Busfahrer an einer der Haltestellen mal kurz eine unangekündigte 15-minütige Pause in einem Fastfood-Restaurant eingelegt hatte, unterwegs war, wähle ich diesmal die etwas schnellere Variante. Im Stadtkern von Miami angekommen, steuere ich den großen Parkplatz direkt gegenüber dem Kaseya Centers – der Heimspielstätte der Miami Heat – an. In der Einfahrt grinst mich einer der Parkwächter mit seinen drei goldenen Zähnen an und wirft mir ein charmantes "50 Dollar, Boss" entgegen. Als ich ihn mit mindestens genau so viel Charme frage, ob das für einen deutschen Touristen nicht etwas billiger ginge, drücke ich ihm nach einem lauten und ebenso liebevollen "What?" schnell die 50 Dollar in die Hand. So viel Freundlichkeit muss schließlich belohnt werden!

    Sehr freundlich, wenn auch mit eigenartigen Ansichten zu Dirk Nowitzki: Familie Westwood aus Boston.
    Sehr freundlich, wenn auch mit eigenartigen Ansichten zu Dirk Nowitzki: Familie Westwood aus Boston. Foto: Dirk Sing

    Ein Celtics-Fan bezeichnet Dirk Nowitzki als "durchschnittlichen NBA-Spieler" -Zeit für Nahrungsaufnahme

    Normalerweise öffnen bei den Heimspielen der Miami Heat die Arena-Türen für die Zuschauer eine Stunde vor Spielbeginn. Da es sich allerdings um ein "sehr wichtiges Spiel" handelt, wie mir die Security-Dame am Eingang sagt, dürfen die Basketballfans diesmal sogar schon 90 Minuten vorher rein. Nachdem ich meinen Platz gefunden habe, nutze ich die Gelegenheit, die sich den Besuchern zu diesem Zeitpunkt noch bietet: Man kann bis hinunter zur ersten Reihe gehen, um sich das individuelle Aufwärmen der Stars der Celtics und Heat anzuschauen. Und das ist überaus beeindruckend. Im Fernsehen ist die Naturgewalt, Muskelmasse oder Größe eines Bam Adebayo, Jimmy Butler (beide Miami), Kristaps Porzingis oder Jayson Tatum (beide Boston) nicht wirklich zu sehen. Im Original sind es dagegen regelrechte Maschinen, die sich zudem auch noch überaus grazil und teilweise leichtfüßig bewegen. Was mich zudem überrascht: Um mich herum stehen fast nur Fans der Boston Celtics. Als ich Familie Westwood – selbstverständlich in Celtics-Klamotten – darauf anspreche, erklärt mir Papa Dave, dass viele Celtics-Anhänger diese Gelegenheit nutzen würden, um einen Kurzurlaub im deutlich wärmeren Miami zu machen. Nachdem mir der 13-jährige Sohn Kevin auch noch stolz berichtet, dass Dirk Nowitzki ja doch ein "ganz guter durchschnittlicher NBA-Spieler" war, ist es für mich höchste Zeit, etwas gegen das mittlerweile auftretende Hungergefühl zu unternehmen.

    Im Umlauf des Kaseya Centers angekommen, dauert es ganze zehn Sekunden, um zur beruhigenden Schlussfolgerung zu kommen: Verhungern werde ich heute Abend mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht! Es reiht sich Essensstand an Essensstand, an denen sich bereits rund 30 Minuten vor Spielbeginn erste Schlangen gebildet haben. Getreu dem Motto "Wer die Wahl hat, hat die Qual" entscheide ich mich zum Einstieg für die "Chicken Tender Combo", die immerhin auch noch ein Getränk beinhaltet. Die 16 Dollar sind zwar gesalzen, im Vergleich zu den anderen "Angeboten" wie beispielsweise der "Cheeseburger Combo" (23 Euro) doch irgendwie fast ein Schnapper! Da ich mir also einiges an Kohle gespart habe, kann ich mir guten Gewissens noch eine Nachspeise in Form einer Waffel mit zwei Kugeln Eis für stolze 13 Dollar leisten.

    Vor dem Spiel der Miami Heat kommen Flammenwerfer zum Einsatz - der Albtraum jedes deutschen Hausmeisters.
    Vor dem Spiel der Miami Heat kommen Flammenwerfer zum Einsatz - der Albtraum jedes deutschen Hausmeisters. Foto: Dirk Sing

    Flammenwerfer in der Halle: Show können die Amerikaner

    Danach geht es für mich zurück in den Innenraum der knapp 20.000 Zuschauer fassenden Arena, die wie immer ausverkauft ist. Schließlich will ich das offizielle Warm-up der beiden Teams sowie die spektakuläre Einlauf-Show der jeweiligen Starting Five – immer ein absolutes Highlight bei NBA-Partien – auf keinen Fall verpassen. Und auch die hat es in Miami mehr als in sich. Nach dem traditionellen Vortragen der US-Nationalhymne sowie der kurzen Vorstellung der Celtics-Startformation geht in der Halle das Licht aus. Auf dem großen Videowürfel läuft – unter lauter Musik – ein Heat-Trailer, ehe schließlich mehrfach zwei große Flammenwerfer mehrere Meter hohe Feuerwellen ausspucken – Heeeeaaattt!!! Was wohl der eine oder andere Hausmeister in deutschen Hallen dazu sagen würde? Egal, Show können die Amerikaner jedenfalls. Das muss man ihnen lassen.

    Das Match selbst verläuft in den ersten beiden Vierteln noch einigermaßen ausgeglichen. Wobei schon hier zu sehen ist, dass die Gäste die deutlich bessere und tiefere Mannschaft stellen. Mit dem 64:77-Pausenrückstand ist Miami noch gut bedient. Übrigens, sehr zur Freude einer äußerst stimmgewaltigen Celtics-Anhängerin, die schräg hinter mir sitzt. Jeder Korberfolg ihres Teams wird mit derart spitzen und sirenenartigen Schreien begleitet, dass ich mich in Gedanken am nächsten Tag schon beim Ohrenarzt sehe, um meinen Tinnitus behandeln zu lassen. Die Stimmung unter den Heat-Fans ist indes trotz der mauen Vorstellung ihrer Mannschaft eher entspannt. Dafür sorgt wohl auch das kurzweilige Unterhaltungsprogramm, das während den doch zahlreichen Auszeiten geboten wird. Vor allem der Auftritt der "Miami Heat Dancers" (Cheerleader) lässt nicht nur bei mir die Augen größer und größer werden.

    Die Preise sind gesalzen, das hält aber keinen ab: Der Essensstand der Miami Heat.
    Die Preise sind gesalzen, das hält aber keinen ab: Der Essensstand der Miami Heat. Foto: Dirk Sing

    Ein "Footlong Hotdog" für 10,50 Dollar und ein Bier für 15 Dollar

    Halbzeit – Zeit für einen weiteren Snack! Diesmal gebe ich mich mit einem "Footlong Hotdog" für 10,50 Dollar sowie einem Craft-Beer (nicht ganz 0,5 Liter) für 15 Dollar zufrieden. Na ja, zumindest vorerst. Nachdem gefühlt jeder Zweite mit einer großen Packung verführerisch duftendem Popcorn an mir vorbeiläuft, kann ich (natürlich) nicht widerstehen. Die acht Dollar sind sicherlich bestens für eine unterhaltsame zweite Hälfte angelegt. In dieser legen die Celtics sogar nochmals eine Schippe darauf und zerlegen das Heimteam nach aller Regeln der Basketball-Kunst. Das Endresultat von 143:110 zugunsten Bostons erleben viele Heat-Fans schon gar nicht mehr. Bereits Mitte des letzten Viertels haben sich die Ränge deutlich gelichtet. Immerhin konnten sie im dritten Abschnitt noch den glamourösen Auftritt der "Miami Heat Golden Oldies" bewundern: Eine rüstige Rentner-Truppe, die zum Musiktitel "Beat it" von Michael Jackson eine beeindruckende Tanzvorstellung auf das Parkett schmetterte und die Halle damit regelrecht zum Beben brachte.

    Draußen vor dem Kaseya Center hat sich auf dem Biscayne Boulevard innerhalb von wenigen Minuten nach Spielschluss ein riesiger Stau gebildet. Unzähligen Polizisten versuchen verzweifelt, mit ihrer Pfeifen-Sinfonie zumindest halbwegs für Ordnung zu sorgen. Doch es geht minutenlang weder vorwärts noch rückwärts – trotz pausenlosem Hupkonzert, was bei den US-Amerikanern ganz offensichtlich ein Volkssport ist. Um mir die Zeit bis zur Rückfahrt zu vertreiben, zieht es mich – was ich ohnehin noch vorhatte – in den großen Miami Heat-Store. Schließlich möchte man ja doch das eine oder andere Heat-Andenken mit nach Hause nehmen. Und als hätte ich es nicht geahnt oder gar befürchtet: Gegen 22.15 Uhr laufe ich im Fanshop nochmals zur absoluten Hochform auf.

    Al Horford von den Boston Celtics.
    Al Horford von den Boston Celtics. Foto: Dirk Sing

    Zum Überschreiten der 500-Dollar-Grenze gibt es einen kostenlosen Heat-Schaumstoff-Finger

    Meine stolze Ausbeute innerhalb von 20 Minuten: Ein Authentic-Jersey von Miami-Star Jimmy Butler (200 Dollar), ein Long-Sleeve-Shirt (30 Dollar), T-Shirt (36 Dollar), Baseball-Cap (38 Dollar) und Poloshirt (72 Dollar), einen Schlüsselanhänger (8 Dollar), eine Trinkflasche (45 Dollar) und Basketball-Short (48 Dollar), Badeschlappen für den Strand (25 Dollar) sowie eine Mini-Version von Burnie, dem Miami-Heat-Maskottchen (20 Dollar). Und als wäre das nicht schon genug, bekomme ich von der strahlenden Dame an der Kasse auch noch einen Heat-Schaumstoff-Finger kostenlos (!!!) überreicht, da ich – wie sie mir erzählt – die 500 Dollar-Grenze mit meinem Einkauf überschritten hätte. Was bin ich nur für ein unglaublicher Glückspilz!

    Auch der Stau auf der Hauptstraße hat sich mittlerweile zumindest etwas gelegt. Ich laufe zurück zu meinem Auto – und wen sehe ich am Eingang? Meinen netten "Freund", den Parkwächter! Er möchte von mir wissen, wie denn die Heat gegen die Celtics gespielt haben. Als ich ihm feierlich das Ergebnis verkünde, beginnt er eine regelrechte Schimpf-Tirade mit Worten, die nur im Allerentferntesten etwas mit "schade, ärgerlich, unglücklich" zu tun haben. Als ich ihm noch freundlich einen schönen Abend wünsche, lässt zumindest sein Gesichtsausdruck vermuten, dass es damit bei ihm wohl eher nichts mehr werden dürfte. Nachdem wir beide wahrscheinlich keine dicken Buddys mehr werden, setze ich mich in mein Auto und fahre nach Hause.

    In meinem Apartment angekommen, lasse ich diesen zweifelsohne unvergesslichen Abend nochmals Revue passieren. Meine im Heat-Fanshop ergatterten "Trophäen" breite ich stolz auf meinem Sofa aus, ehe ich bereit für den großen Kassensturz bin. Mit Eintrittskarte, Parken, Essen und Trinken sowie den Fan-Utensilien sind sage und schreibe 832,50 Dollar für – zugegebenermaßen – insgesamt über vier Stunden beste Unterhaltung zusammengekommen. Und das für eine Person! Im selben Augenblick kommt mir der Gedanke, wie sich so etwas beispielsweise Familien mit zwei Kindern leisten sollen.

    Mein Entschluss genauer gesagt meine Lehre aus diesem "Versuch": Beim nächsten Mal werde ich mir definitiv bereits im Vorfeld ein finanzielles Limit setzen und mich eisern daran halten. Damit aus einem erneut grandiosen NBA-Abend nicht auch noch ein finanziell unvergessliches Erlebnis der "anderen Art" wird.

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