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Australian Open: Posen vor dem Putin-Bild: Wirbel um Vater von Tennis-Star Djokovic

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Posen vor dem Putin-Bild: Wirbel um Vater von Tennis-Star Djokovic

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    Bei den Australian Open trägt ein Mann ein schwarzes T-Shirt, auf dem der Buchstabe „Z“ abgebildet ist. Es ist das Symbol für den russischen Angriffskrieg.
    Bei den Australian Open trägt ein Mann ein schwarzes T-Shirt, auf dem der Buchstabe „Z“ abgebildet ist. Es ist das Symbol für den russischen Angriffskrieg. Foto: James Ross, AAP

    Die letzte Machtdemonstration von Novak Djokovic in der Rod Laver Arena war Mittwochnacht gerade vorüber, da machte der Nummer-eins-Spieler den üblichen Small Talk mit Promibefrager Jim Courier. Es war die gewohnt lässige Plauderei eines Mannes, den auf dem Weg zum zehnten Titel bei den Australian Open offenbar nichts und niemand zu bremsen scheint – auch nicht sein überforderter russischer Viertelfinal-Rivale Andrej Rublev.

    Djokovic witzelte auf dem Centre-Court über Rentner Roger Federer und dessen Ausflug zur Pariser ModeShow. Später bot er dem pensionierten Schweizer, der dieser Tage auch ein Comeback-Video auf Skiern gepostet hatte, noch einen freundschaftlichen Wettbewerb im Schnee an.

    Djokovics Vater sagte angeblich "Lang lebe Russland"

    Draußen allerdings, vor den Toren des Hauptstadions des Grand- Slam-Turniers Down Under, braute sich Unheil zusammen für den Frontmann des Welttennis. Denn ein unwillkommener Zwischenfall mit russischen Tennisfans, der bald auf diversen Videoaufnahmen zu sehen war, erhielt durch die Präsenz eines bekannten Gesichts eine besondere Brisanz und Note: Srdjan Djokovic, der Vater des 21-maligen Grand-Slam-Champions, war zu erkennen inmitten der aufgeheizten Meute, die serbische und streng verbotene russische Fahnen schwenkte.

    Schließlich posierte Djokovic senior auch noch vor einer Flagge mit dem Konterfei von Russlands Präsident Putin und verabschiedete sich angeblich von dem Trupp mit den Worten: „Lang lebe Russland.“ Zu beobachten war auch überdeutlich ein Grand-Slam-Gast, auf dessen T-Shirt ein markantes „Z“ aufgedruckt war, das weithin bekannte Symbol des russischen Angriffskrieges.

    Auf dem Platz zeigt Novak Djokovic in Melbourne starke Leistungen. Doch sein Vater sorgt mit fragwürdigen Auftritten für Schlagzeilen, nicht nur in Australien.
    Auf dem Platz zeigt Novak Djokovic in Melbourne starke Leistungen. Doch sein Vater sorgt mit fragwürdigen Auftritten für Schlagzeilen, nicht nur in Australien. Foto: Ng Han Guan, AP

    Alles an den Bildern war verstörend für den sogenannten „Happy Slam“ im National Tennis Center – die Schlamperei des Sicherheitspersonals, das nicht entschlossen gegen die verbotene Zurschaustellung der russischen Fahnen vorging. Die Anwesenheit von Vater Djokovic bei diesem Grand-Slam-Eklat, der offenbar unter Mitwirkung eines australischen Ablegers der „Nachtwölfe“ zustande kam, eines Motorrad- und Rockerclubs mit engen Beziehungen zu Moskaus Machthaber Putin. Und schließlich auch die lange Zeit laue Reaktion der Australian-Open-Verantwortlichen, die anfangs bloß von einem Vorfall sprachen, bei dem vier Personen „unangemessene Flaggen und Symbole“ gezeigt hätten.

    Der Vorfall kommt für Novak Djokovic mehr als ungelegen

    Nach einer öffentlichkeitswirksamen Intervention der ukrainischen Botschaft erst legten Tennis Australia und Turnierboß Craig Tiley aufgeschreckt nach. Spieler und ihre Teams seien an die Regularien bezüglich Flaggen und Symbole erinnert worden, hieß es da. Und: Es gelte, jede Situation zu vermeiden, „die das Potenzial hat, zu stören.“ Wer sich angesprochen fühlen durfte, war klar.

    Die Affäre um seinen ohnehin nicht gerade konfliktscheuen Vater dürfte Djokovic auf der Grand- Slam-Zielgeraden mehr als ungelegen kommen – bei einem Turnier, das trotz aller sportlichen Erfolgsbilanz nicht ohne Schlagzeilendonner für ihn verlief. Seit Australian-Open-Beginn sieht sich der 35-jährige Serbe Verdächtigungen ausgesetzt, er trickse mit der Schwere seiner Oberschenkelverletzung. „Wenn andere Spieler verletzt sind, sind sie die Opfer. Wenn ich verletzt bin, täusche ich etwas vor“, beklagte sich der Weltranglisten-Erste zuletzt. Ärger gab es auch um eine angeblich von seiner Entourage zu ihm auf den Platz geschmuggelte Botschaft auf einem Zettel.

    Boris Becker: Djokovic wirke sehr angespannt

    Er wirke „sehr angespannt“, befand Djokovics früherer Coach Boris Becker, auch mit Blick auf die diversen Scharmützel, die sich der Djoker mit Fans in der Laver-Arena lieferte. Betrunkene Zuschauer, die ihn verbal attackierten, hatte der Belgrader allerdings zu Recht aus dem Stadion hinauskomplimentieren lassen. Das Theater um Djokovics Familie taucht nun nicht aus heiterem Himmel auf. Denn seit vielen Jahren gerät vor allem Papa Srdjan immer wieder mit schrillen Äußerungen in die Schlagzeilen, gegen Gegner von Novak Djokovic, aber erst recht in den Irrungen und Wirrungen der Corona-Ära im Welttennis.

    Als Sohn Novak im vergangenen Jahr in Melbourne wegen eines ungültigen Visums abgeschoben werden sollte, steuerte sein 62-jähriger Vater von Serbien aus den globalen Protestchor. Der Westen saß dabei für ihn aufs Neue auf der Anklagebank, große Liebe schlage seinem Sohn abseits von Serbien dagegen „nur in Russland und China entgegen.“ Novak sitze zwar in australischer Gefangenschaft, verkündete er auch, „ist aber nie freier gewesen“. „Er ist der Spartakus der neuen Welt, die keine Ungerechtigkeit, keinen Kolonialismus und keine Heuchelei duldet.“ Schließlich verglich er die Behandlung seines Sohnes im Zuge der Visumsposse noch mit der Kreuzigung Jesu: „Sie versuchen ihm auch alles Mögliche anzutun.“

    Sohn Novak gilt den Djokovics selbst als Auserwählter, als gottgleicher Held, der auch für Serbien und die „Meinungsfreiheit für unser Land“ agiere, so Vater Srdjan. Bruder Djordje zitierte letztes Jahr einmal aus einem Gespräch mit dem Nummer-eins-Spieler, als der im Kampf mit den australischen Behörden um seine Einreise stand: „Er hat mir gesagt, dass er geistlichen Segen hat. Gott sieht alles.“

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