Am Montagmittag hatte sich Georg Zimmermann von den Strapazen des Vortages schon wieder einigermaßen erholt. „Das war eines der schwersten Rennen, das ich je gefahren bin. Meine Beine wurden schwer, ich hatte zeitweise Krämpfe. Es war kalt“, blickte der Augsburger Radprofi auf das Eliterennen bei der Straßen-Weltmeisterschaft in der Schweiz zurück. Sicherlich hat dem Augsburger sein Platz 15, damit war er bester Deutscher, bei der Regeneration geholfen. „Platz 15 bei einer Elite-WM ist schon etwas Besonderes. Da bin ich schon stolz drauf. Da hat sich das ganze harte Training nach der Tour de France ausgezahlt.“
Der neue Weltmeister Tadej Pogacar spielt mit dem Feld
Eine gute körperliche Verfassung war am Sonntag nötig. Hätten die 275 Kilometer (zuerst von Winterthur nach Zürich und dann noch sieben Runden zu 27 Kilometer an der Goldküste) nicht schon gereicht, machte der spätere Weltmeister Tadej Pogačar aus diesem Rennen eine wilde Hatz. Der alles überragende Rennfahrer dieser Epoche, in diesem Jahr gewann er den Giro und die Tour, machte sich einen Spaß daraus, seine Verfolger durch die Schweizer Berge zu jagen. Das Tempo war von Beginn an hoch, um Pogačar immer im Blick zu haben, doch als der Überfahrer aus Slowenien schon 100 Kilometer vor dem Ziel den entscheidenden Antritt lancierte, zersplitterte das Feld in viele kleine Gruppen.
Georg Zimmermann sieht den Antritt von Tadej Pogačar an der Videoleinwand
Auch Zimmermann wurde von diesem frühen Zeitpunkt überrascht. „Ich habe mich am Auto von Bundestrainer André Greipel verpflegt, als ich auf einer Videoleinwand sah, wie Pogačar wegfuhr“, erzählt Zimmermann. Das Feld jagte hinterher. Über 40 Kilometer benötigte Zimmermann, um wieder zur Verfolgergruppe aufzuschließen. Als die sich dann auch teilte, konnte Zimmermann nicht mehr folgen. „Es ging Vollgas den Berg hoch und bei mir riss es dann ab. Schade, so hätte ich um die Top-Ten mitfahren können. Aber irgendwann geht es halt nicht mehr.“ Vorn fuhr Pogačar am Ende 51 Kilometer als Solist in einer anderen Welt zu seinem ersten WM-Titel. Zimmermann hatte im Ziel 3:52 Minuten Rückstand bei seiner vierten WM-Teilnahme.
Marco Brenner gibt in der letzten Runde der WM auf
Für Marco Brenner, den zweiten Augsburger im deutschen Team, lief es nicht gut. Eine Runde vor Schluss stieg er, aussichtslos in einer Gruppe um die Plätze 40 bis 60 gelegen, aus. „Mir wurde kalt, ich wollte nichts mehr riskieren“, erzählt der 22-Jährige. Dabei war er zu Beginn des Rennens einer der aktivsten deutschen Fahrer. Immer wieder war er bei den frühen Attacken dabei. Am Ende zahlte er Lehrgeld: „Das war das längste Eintages-Rennen, das ich bisher gefahren bin. Meine Erkenntnis: Das nächste Mal muss ich mit meinen Kräften mehr haushalten.“ Allzu groß war die Enttäuschung bei Brenner aber nicht, hatte er mit der Mixed-Staffel am Mittwoch doch die Silbermedaille gewonnen.
Der Tod von Muriel Furrer überschattete die WM
Zwei Tage später legte sich aber eine dunkle Wolke über die WM. Am Freitag war die 18-jährige Schweizer Nachwuchsfahrerin Muriel Furrer einem Schädel-Hirn-Trauma erlegen, das sie sich bei einem Sturz im WM-Rennen der Juniorinnen am Donnerstag zugezogen hatte. „Ich kannte sie persönlich nicht, aber man ist natürlich extrem traurig“, sagte Zimmermann am Montag ernst. Es sei ein „tragischer Unfall“ gewesen. Der Veranstalter, so Zimmermann, sei beim Elite-Rennen gut mit der Situation umgegangen. „Es gab eine Schweigeminute am Start und auch die Siegerehrung war der Situation angemessen, nicht so feierlich, gestaltet.“ Zimmermann hätte es auch verstanden, wenn die WM abgebrochen worden wäre. Doch die Familie Furrer wollte, dass die WM weitergeht.
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