Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Wintersport: Olympia ohne Kreuzband - geht das denn?

Wintersport

Olympia ohne Kreuzband - geht das denn?

    • |
    Felix Neureuther hat sich das Kreuzbandriss gerissen - und will dennoch die Hoffnung auf Olympia 2018 nicht aufgeben.
    Felix Neureuther hat sich das Kreuzbandriss gerissen - und will dennoch die Hoffnung auf Olympia 2018 nicht aufgeben. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Felix Neureuther will trotz seines Kreuzbandrisses die Hoffnung auf Olympia nicht aufgeben. Ob das realistisch ist – daran hat Dr. Ulrich Boenisch zumindest Zweifel. Der bundesweit bekannte Kniespezialist ist ärztlicher Leiter der Augsburger Hessingpark-Clinic und operierte viele Spitzensportler, etwa die Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng oder Sami Khedira.

    Felix Neureuther will trotz eines Kreuzbandrisses bei Olympia an den Start gehen – also in drei Monaten. Ist das möglich?

    Ulrich Boenisch: Zunächst einmal kann ich alles nur unter Vorbehalt sagen, weil ich das Ausmaß der Verletzung nicht kenne. Klar ist auch: Das ist keine Situation, die mit der von Breitensportlern zu verwechseln ist. Bei Neureuther ist es eine hoch emotionale Sache: Er will unbedingt zu Olympia, dazu hat er einen enormen Willen. Er könnte es schaffen, aber im Hochleistungssport habe ich so etwas Vergleichbares noch nicht gesehen.

    Olympia ohne Kreuzband – wie soll denn das gehen?

    Boenisch: Indem die Beugemuskeln massiv aufgebaut werden, die das vordere Kreuzband stützen. Gleichzeitig muss man das Gleichgewichtsgefühl schulen. Aber ich sehe das sehr kritisch. Felix Neureuther geht ein hohes Risiko ein, sich Begleitverletzungen zu holen. Ohnehin ist nach einem Kreuzbandriss im Spitzensport die erneute Verletzungsgefahr groß: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein einmal gerissenes und nach Operation völlig ausgeheiltes Kreuzband erneut reißt, liegt bei 18 bis 25 Prozent.

    Dr. med. Ulrich Boenisch ist ärztlicher Leiter der Augsburger Hessingpark-Clinic GmbH.
    Dr. med. Ulrich Boenisch ist ärztlicher Leiter der Augsburger Hessingpark-Clinic GmbH. Foto: Hessingpark-clinic

    Mal angenommen, Neureuther geht tatsächlich bei Olympia an den Start – wie sieht das Risiko für ihn aus?

    Boenisch: Durch ein fehlende Kreuzband ist der Roll- und Gleitmechanismus des Kniegelenks in seiner Natürlichkeit gestört, der Unterschenkel wandert durch die Zugkraft des Oberschenkels nach vorne. Durch diese Belastung kann der Meniskus abgeschert und beschädigt werden.

    Wie würde es für Neureuther nach einer Olympia-Teilnahme weitergehen?

    Boenisch: Ich kann mir vorstellen, dass man das mit einer speziellen Schiene löst. Er müsste aber die ganze Zeit unter erhöhter ärztlicher Beobachtung stehen. Ich glaube aber nicht, dass es eine dauerhafte Rückkehr zum Hochleistungssport in dieser Form ohne eine Operation geben wird. Laut einer im American Journals of Sports Medicine veröffentlichten Studie ist kein Skirennläufer, der konservativ – also ohne Operation – behandelt worden ist, danach in den Ski-Weltcup zurück gekehrt.

    Aber Beispiele von Sportlern, die mit gerissenem Kreuzband weiter Leistungen bringen, gibt es. Der ehemalige Fußball-Nationaltorwart Toni Schumacher etwa lief trotz dieser Verletzung auf.

    Boenisch: Ja, schon. Aber die Folgeschäden sind enorm. Diese Sportler haben in Kauf genommen, dass der Verschleiß im Kniegelenk über die Maße beschleunigt wird.

    Spielt bei Felix Neureuther seine lange Verletzungshistorie eine Rolle?

    Boenisch: Nein.

    Glauben Sie denn persönlich, dass Felix Neureuther es zu Olympia schafft?

    Boenisch: Ich wünsche es ihm, weil er ein netter Kerl ist. Aber wie gesagt: Er wäre der Erste, dem das in dieser Zeit gelingen würde.

    Lesen Sie auch:

    Kreuzbandriss: Für Felix Neureuther ist die Saison schon vorbei

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden