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Wintersport: Oberstdorf, Schneedorf

Wintersport

Oberstdorf, Schneedorf

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    Gestern in Oberstdorf: Nachwuchsläuferinnen ziehen ihre Runden im Langlaufstadion. Am 31. Dezember und 1. Januar wird hier die Weltelite der Skilangläufer im Rahmen der Tour de Ski starten. Zuvor sind am 29. und 30. Dezember die Skispringer in der Marktgemeinde im Oberallgäu zu Gast.
    Gestern in Oberstdorf: Nachwuchsläuferinnen ziehen ihre Runden im Langlaufstadion. Am 31. Dezember und 1. Januar wird hier die Weltelite der Skilangläufer im Rahmen der Tour de Ski starten. Zuvor sind am 29. und 30. Dezember die Skispringer in der Marktgemeinde im Oberallgäu zu Gast. Foto: Charly Höpfl

    Den Oberstdorfern sagt man ja gerne nach, sie seien etwas „eigen“. Geprägt davon, dass sie – am Ende des Illertals lebend – nur in eine Richtung, nämlich gen Norden, einen freien Blick haben. „Eindimensional“ seien sie wegen der schattenwerfenden Berghänge, die sich zum Süden hin auftürmen. Die Eingeborenen haben im Laufe der Jahre gelernt, damit umzugehen: In aller Regel heben sie ihr Alleinstellungsmerkmal als Bewohner der südlichsten Gemeinde Deutschlands gerne noch dadurch hervor, dass für sie der Landkreis Oberallgäu eigentlich vorne am Kreisverkehr ende und jenseits der Breitachbrücke das Unterland beginne. Wobei die Betonung des Wortes Unterland durchaus als abschätzig bezeichnet werden darf.

    In diesen Tagen dürfte das Selbstwertgefühl der Oberstdorfer noch um ein gerüttelt Maß ansteigen. Denn während andernorts in Deutschland die Kinder statt Schneebälle Schlamm werfen und Skisportler wieder ihre Jogging-Klamotten hervorkramen, herrscht in der 10 000-Einwohner-Gemeinde Winter.

    Stolz dank Wetterbulletin

    Die freundlichen Damen vom Tourismusbüro haben am Telefon alle Mühe, den interessierten Urlaubern und Tagesgästen (aus dem Unterland wohlgemerkt) weiszumachen, dass „hier bei uns richtig gut Schnee liegt“. „25 bis 40 Zentimeter im Tal. Oben am Berg bis zu 1,60 Meter“, lesen sie voller Stolz aus dem Wetterbulletin vor.

    Einer, der sich in den letzten Tagen ebenfalls intensiv mit Temperaturen und Niederschlagsmengen beschäftigte, war Stefan Huber. Er ist in Oberstdorf Geschäftsführer der Skisport- und Veranstaltungs-GmbH und zuständig für die Organisation der Wintersport-Veranstaltungen.

    Auch der 36-Jährige ist gebürtiger Oberstdorfer, was erklärt, dass er Telefonate von auswärts zurzeit ebenfalls recht selbstbewusst annimmt. Während seine Kollegen in München den Nachtslalom am Neujahrstag wegen Schneemangels absagen mussten und die im thüringischen Oberhof den Schnee zuletzt aus allen Winkeln zusammenkratzen mussten, um den Auftakt der Tour de Ski am Donnerstag zu gewährleisten, kann Huber noch lachen. „Wir haben eine geschlossene Schneedecke.“ Die 70 Zentimeter, die es Mitte vergangener Woche geschneit hatte, seien ein Geschenk des Himmels gewesen – „gerade noch rechtzeitig“. Und weil im Ort eine jahrelang gewachsene „Schneekompetenz“ da sei, lobt Huber sein Schanzen- und Loipenteam, seien die Voraussetzungen für die bevorstehende Großveranstaltung gut.

    Nun ist Huber Realist genug, um zu wissen, dass selbst die Oberstdorfer ohnmächtig sind gegen Westwetterlagen und atlantische Tiefausläufer. Doch ihren Zweckoptimismus kann das nicht schmälern. Bei der Vierschanzentournee am Donnerstag und Freitag sowie der Tour de Ski am Samstag und Sonntag (siehe Infokasten) werde man nicht nur den Menschen jenseits der Breitachbrücke, „sondern der ganzen Welt zeigen, dass wir ein zuverlässiger Wintersportort sind“.

    Das bestätigt Kurt Reich, der langjährige Vorsitzende des Allgäuer Skiverbandes und frühere Sportchef der Allgäuer Zeitung: „In Oberstdorf“, weiß der 84-Jährige, musste noch nie ein Weltcup wegen Schneemangels abgesagt werden.“ Zur Not habe man den Schnee mit Lkw aus dem Rohrmoos herangeschafft oder das Eis im Eislaufzentrum abgekratzt, um eine Anlaufspur hinzubekommen.

    Derlei Notfallpläne hat Huber diesmal nicht in der Schublade: „Wir haben im Langlaufstadion noch ein bisschen Schnee gebunkert. Das sollte reichen.“

    Im Erfolgsfall werden die Oberstdorfer ihr 2005 bei der Wintermärchen-WM erworbenes Image also nicht nur touristisch aufpolieren, sondern auch sportlich. „Natürlich spielt uns das bei der Bewerbung um die Nordische Ski-WM 2017 in die Karten“, sagt Huber. Um sich auch medial zu positionieren, hat Huber gestern alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Live-Schaltung des Bayerischen Fernsehens nach Oberstdorf noch mit einer Portion Wintersport zu garnieren. „Wenn alles glatt läuft, fliegen im Hintergrund die DSV-Springer durchs Bild. Wir haben das Abschlusstraining dafür extra verschoben.“

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