Johannes Rydzek kann sich quälen. Im Sommer trainierte der Nordische Kombinierer an sechs von sieben Tagen der Woche, fuhr mit dem Rennrad den Riedbergpass hinauf, sprang von den Schanzen und trainierte auf Rollerski.
Doch bei all der Quälerei für sein großes Ziel – die vierte Teilnahme an Olympischen Winterspielen im Februar in Peking – schaut der 29-Jährige kritisch auf das Drumherum. Die Diskussion um die Spiele in Peking lässt den Allgäuer nicht kalt. „Wenn ich als Privatperson sehe, was da politisch und auch bei den Menschenrechten abgeht, dann kann man das auch kritisch sehen. Alleine schon die Vergabe nach China. Dahinter stehe ich auf keinen Fall und das verurteile ich auch“, sagt Rydzek.
Johannes Rydzek: „Da wird der Gigantismus zelebriert“
Wie schon 2018 in Pyeongchang finden nun wieder Winterspiele in einem Land statt, dass keine klassische Wintersport-Nation ist. Rydzek kritisiert die Geldverschwendung: „In Südkorea wurde auch alles mitten in der Natur hochgezogen. Ich habe keine Ahnung, ob da jemals noch ein Wettkampf stattgefunden hat oder stattfinden wird. Das war ein einziges Prestigeobjekt – genauso wie nun in China. Peking wird allerdings sicher den negativen Höhepunkt bilden. Da wird der Gigantismus zelebriert.“
Der Oberstdorfer kann das beurteilen, hat Vergleichsmöglichkeiten. Er startete bereits in Vancouver 2010, im russischen Sotschi 2014 und eben in Südkorea. Nun will sich der Kombinierer für seine vierten Spiele qualifizieren. Der Weltcup startet am Freitag im finnischen Ruka. Wer nach Peking fliegen will, muss es einmal unter die ersten acht oder zweimal unter die besten 15 schaffen. Auch der Doppel-Olympiasieger von Pyeongchang weiß, dass er sich erst in einer starken deutschen Mannschaft durchbeißen muss.
Rydzek hatte eine Durststrecke in den vergangenen zwei Jahren
„Die letzten zwei Jahre liefen nicht so, wie ich es mir erträumt habe. Ich weiß jetzt umso mehr zu schätzen, was vor drei Jahren in Pyeongchang passiert ist. Ich bin wirklich dankbar, diese Zeit erleben zu dürfen. Ich gehe mit einer anderen Dankbarkeit und Demut an die Sache ran.“ Neben Rydzek hat Bundestrainer Hermann Weinbuch auch die anderen Mannschafts-Olympiasieger von 2018 nominiert – Eric, Frenzel, Vinzenz Geiger und Fabian Rießle. Neben dem seit Jahren etablierten Quartett sind auch Julian Schmid, Terence Weber und Manuel Faißt für den Auftakt nominiert.
„Ich denke, dass wir vor allem im Springen vorangekommen sind – wir bekommen allerdings auch mit, dass ein Jarl-Magnus Riiber und Franz-Josef Rehrl auf der Schanze hervorragend agieren“, sagt Weinbuch über die starke Konkurrenz aus Norwegen und Österreich. Im vergangenen Sommer legte der Bundestrainer einen Schwerpunkt auf den Sprung. Neu im Trainerteam ist der ehemalige österreichische Skispringer Heinz Kuttin. Der DSV ging ungewöhnliche Wege. So stürzten sich die Athleten in den Windkanal der Jochen Schweizer Arena in Taufkirchen und schwebten unter dem Gebläse. Ebenso standen Tests im Windkanal von Audi im Sommerprogramm.
Doppel-Olympiasieger Johannes Rydzek zeigt Demut
Die Arbeit trägt erste Früchte. Bei den deutschen Meisterschaften Anfang November gewann Rydzek den Titel im Einzel und mit der Mannschaft. „Das darf man zwar nicht überbewerten, aber es war definitiv gut fürs Selbstvertrauen. Dies durfte ich ja lange nicht mehr erleben, nach einem Wettkampf ganz oben zu stehen.“ Der 29-Jährige durchlief eine Durststrecke. Bei der Nordischen Ski-WM im Februar dieses Jahres landete er lediglich auf den Rängen 28 und 17.
Auch deshalb die Demut des Olympiasiegers, der andererseits seine Karriere nicht einfach „so austrudeln lassen“ will. Johannes Rydzek würde die Spiele in Peking bereichern, nicht nur als Sportler.