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Winterspiele: Athleten sehen Olympia in Peking kritisch

Winterspiele

Athleten sehen Olympia in Peking kritisch

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    Die Flamme brennt: Am Mittwochmorgen fand in Peking eine Begrüßungszeremonie für das olympische Feuer statt, nachdem es aus Griechenland in der chinesischen Hauptstadt angekommen war.
    Die Flamme brennt: Am Mittwochmorgen fand in Peking eine Begrüßungszeremonie für das olympische Feuer statt, nachdem es aus Griechenland in der chinesischen Hauptstadt angekommen war. Foto: Zhang Chenlin, dpa

    Kühl pfeift der Wind durch die Werkzeughalle am Adolf-Würth-Airport in Schwäbisch Hall. Wie praktisch, dass die Sportler des Deutschen Ski-Verbandes gerade ihre neuen Jacken, Hosen und Handschuhe für den nächsten Winter erhalten haben. Die Mütze wird noch tiefer in die Stirn gezogen. Nicht nur um den Sponsor zu präsentieren, sondern auch um die Ohren zu schützen. Der Wind im Kochertal ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was die Aktiven im Februar in Peking erwartet. Für alle Athleten ist es wie ein Sprung in ein schwarzes Loch: "Niemand kennt die Strecken, keiner weiß, was einen dort erwartet. Es kann in China minus 25 Grad kalt und extrem trocken sein, es kann auch anders kommen", sagt die Skifahrerin Kira Weidle, die bei der Weltmeisterschaft im Frühjahr in Cortina d'Ampezzo mit der Silbermedaille glänzte. In neuen Winter warten ganz andere Überraschungen auf die Aktiven.

    Kein unbeschwerter Aufbruch in den Olympia-Winter

    Die DSV-Einkleidung in Schwäbisch Hall ist eine willkommene Gelegenheit, um die Sportlerinnen und Sportler ohne die Wettkampf-Hektik nach den Saison-Zielen zu befragen. Klar: Siege, Medaillen, Podestplätze stehen im Vordergrund. Aber es verfestigt sich der Eindruck, dass es kein unbeschwerter Aufbruch in den Olympia-Winter ist. "Es soll sehr kalt und windig sein", sagt Biathletin Franziska Preuß mit Blick auf die spärlichen Informationen rund um die Sportstätten in China und ergänzt: "Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, ob ich mich auf Olympia freue."

    Eher unterkühlt auch die Reaktionen der Aktiven auf den Ausrichter Peking: "Wenn ich als Privatperson sehe, was da politisch und bei den Menschenrechten abgeht, dann kann man das auch kritisch sehen. Alleine schon die Vergabe nach China. Dahinter stehe ich auf keinen Fall und das verurteile ich auch", bezieht der Oberstdorfer Johannes Rydzek klar Position. Vor knapp vier Jahren in Pyeongchang glänzte der Nordische Kombinierer mit Gold im Einzel und mit der Mannschaft. Danach fiel er sportlich in ein Loch, aus dem der 29-Jährige dabei ist, sich herauszugraben, um auch bei Olympia vom 4. bis 20. Februar dabei zu sein. Wie seine Teamkollegen muss sich der Allgäuer noch qualifizieren. Es wären dann seine dritten Winterspiele nach Sotschi 2014 und Südkorea 2018. Rydzek kennt die andere Seite der Medaille, besonders in der Nische Nordische Kombination: "Wir haben nur wenige Chancen, uns zu präsentieren und bei Olympia wird uns eine Bühne geboten, die einzigartig ist."

    Jeder Sportler hat nur wenige olympische Chancen

    Zu den kritischen Stimmen bei den Alpinen zählt Slalomfahrer Linus Strasser. "Was mich aufregt, ist die Doppelmoral dahinter. Man tut bei öffentlichen Statements scheinheilig und probiert, in ein Muster reinzupassen, das gerade en vogue ist. Aber wirklich Rückgrat zu zeigen und zu sagen: Hey, in einem Land wie China tragen wir keine Olympischen Spiele aus, das traut man sich nicht." Der 28-jährige Münchner kennt allerdings die Zwickmühle, in der die Aktiven stecken: "Man muss das kritisch sehen, aber am Ende sind es nicht viele olympische Chancen, die jeder Sportler hat."

    Eine Tausende Kilometer lange Flugreise hat die olympische Flamme für die Winterspiele in Peking hinter sich - jetzt ist sie angekommen. Als sie am Flughafen eintrifft, zünden Sportler Laternen an.
    Eine Tausende Kilometer lange Flugreise hat die olympische Flamme für die Winterspiele in Peking hinter sich - jetzt ist sie angekommen. Als sie am Flughafen eintrifft, zünden Sportler Laternen an. Foto: Zhang Chenlin/XinHua, dpa

    Olympia in Peking wird zum Ratespiel

    Nachdem in der vergangenen Saison die geplanten Test-Wettbewerbe auf den neuen Anlagen in China coronabedingt ausfallen mussten, wird Olympia zum Ratespiel. Bestenfalls von Fotos oder Videos sind die Strecken, Schanzen oder Pisten bekannt. "Wir fischen im Trüben", sagt Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner. Eine optimale Vorbereitung auf den Karrierehöhepunkt vieler Sportler sehe anders aus. "Man weiß nicht so richtig, wo man steht", sagt Kirchner. Mit Skepsis blicken die Winter-Olympioniken zudem auf das Flair an den Wettkampfstätten rund um die Millionenmetropole – nur einheimische Zuschauer sind erlaubt, und diese sind nicht gerade bekannt für ihre Liebe zum Bobfahren, Skispringen oder der Nordischen Kombination. Bereits in Pyeongchang 2018 herrschte im Biathlon eine Stimmung wie im zweitklassigen IBU-Cup. Beim Skispringen – zugegeben spätabends und bei minus 23 Grad –bibberten mehr Journalisten als Besucher im Auslauf.

    Athletinnen und Athleten haben zum Teil kein Gefühl für Peking

    Wird Peking zur Neuauflage von Winterspielen in einem Land, dass mit Wintersport wenig anzufangen weiß und vor allem aus propagandistischen Motiven das Spektakel der Ringe wollte? "Es ist für mich extrem schwierig, weil ich für Peking kein Gefühl habe. Es gibt bessere Orte, an die man Olympische Spiele vergeben kann", sagt der Skispringer Severin Freund.

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