Wie würden Sie zu Zeiten, als Sie im Profigeschäft tätig waren, Ihr Verhältnis zu den Medien beschreiben?
Werner Lorant: Eigentlich ganz normal.
Ich kann mich erinnern, dass es immer wieder mal Reibereien gab...
Lorant: Wenn ein Journalist einen Blödsinn geschrieben hat und ich damit nicht einverstanden war, aber der Journalist dennoch der Meinung war, dass er mehr Ahnung hat als ich, dann habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Egal, von welcher Zeitung er war. Zu dem habe ich gesagt: Die Pressekonferenz ist heute für dich gestrichen. Du kannst nach Hause gehen. Mit den anderen habe ich dann gesprochen – fertig. Ab diesem Zeitpunkt hat derjenige gewusst: Hoppla, ich muss vorsichtig sein mit dem, was ich schreibe. Die Journalisten sind ja jeden Tag zu mir gekommen. Da hatte ich schon Verständnis, die mussten ja auch immer ihre halbe Seite schreiben. Die haben aber sehr oft nur das Negative gesucht. Da musste ich auch öfter meine Spieler schützen.
Über Sie wurde auch nach Ihrer Zeit bei 1860 München immer viel geschrieben. Zum Beispiel, dass Sie in Waging am See in einem Campingwagen wohnen...
Lorant: Alles Blödsinn und Quatsch. Ich verstehe nicht, dass einer, der nicht einmal nachgefragt hat, so etwas schreibt. Das ist unseriös. Das macht man nicht. Ich lebe hier in einer wunderschönen Penthouse-Wohnung.
Sie werden jetzt 70 Jahre alt. Geht es Ihnen gut?
Lorant: Mir geht es bestens und ich kann mich nicht beklagen. Wichtig ist die Gesundheit.
Waren Sie heute schon mit Ihrem Hund draußen?
Lorant: Klar, es ist wunderschönes Wetter. Das muss man ausnützen.
Kommen wir zum TSV 1860 München. In Ihrer Ära erlebte der Klub goldene Zeiten. Unter Ihnen spielten die Löwen auch international. Jetzt sind sie nur noch in der 3. Liga. Was läuft da schief?
Lorant: Das ist immer schwierig zu beantworten. Das Problem ist, selbst wenn der Verein gute junge Spieler hat, kann man diese als Drittligist schlecht über einen längeren Zeitraum halten. Bis 1860 da unten raus kommt, wird es noch eine Weile dauern.
Was waren die Kardinalfehler, die zum Absturz geführt haben?
Lorant: Die Fehler sind ja schon vor Jahren begangen worden. Das fing schon an mit dem Einstieg des Investors (Hasan Ismaik, Anmerkung der Redaktion). Zu dieser Zeit hat sich doch kaum jemand um den Fußball gekümmert. In den Jahren zuvor, habe ich auch immer gesagt, wir müssen an der Grünwalder Straße bleiben und dort das Stadion renovieren. Der Umzug ins Olympiastadion oder später in die Arena war ein Fehler. Da hat man das Grünwalder Stadion dann lange Zeit vergessen.
Gehen Sie noch zu den Löwen?
Lorant: Nur noch selten. Durch meinen Wohnort in Waging fahre ich öfter nach Salzburg in Österreich. Da gibt es auch gute Mannschaften. Bei uns in der Region schaue ich mir oft Amateurvereine wie Burghausen oder Traunstein an.
Seit Ihrer Zeit hat sich im Fußball einiges geändert. Die neue Generation der Trainer nennt man Laptop-Trainer. Können Sie damit noch etwas anfangen?
Lorant: Ich verstehe nicht ganz, wozu ich einen Laptop brauche, wenn ich Fußballer bin. Ich habe doch Augen und sehe auf dem Platz, wie gearbeitet wird. Das behalte ich in meinem Kopf. Laptop? Das ist doch nur Show.
Sind die Spieler verweichlichter als zu Ihrer Zeit?
Lorant: Das ist doch ganz klar, das ist eine ganz andere Generation. Schauen Sie doch nur die Plätze an. Überall gibt es Rasenheizungen, da kann doch keiner mehr auf einem gefrorenen Boden oder auf Schnee spielen. Wir mussten auf solchen Plätzen noch spielen. Heute ist doch nur noch sattes Grün auf den Plätzen.
Sie sind in Waging am See ja auch für eine Fußballschule tätig. Wie gehen Sie da mit dem Nachwuchs um?
Lorant: Ich gehe mit den jungen Fußballern nicht anders um als früher. Der Mensch bleibt doch gleich, man darf die Spieler nur nicht verweichlichen. Das Problem ist, dass sie schon im Fernsehen sehen, dass ein Spieler, der am Mittelkreis leicht gefoult wird, sich dreimal hin und her wälzt. Dass man sich da auch anders verhalten kann, muss man den jungen Spielern erst vermitteln.
Kommen wir kurz zur Nationalmannschaft. Hätte man Joachim Löw nach der verkorksten WM entlassen müssen?
Lorant: Jeder Vereinstrainer hätte nach so einer Vorstellung gehen müssen. Letztlich muss das aber der DFB entscheiden. Aber schauen Sie doch mal: Aus der Nations League sind sie jetzt auch schon wieder abgestiegen. Obwohl wir sehr gute junge Spieler haben, kommen wir da nicht vorwärts. Dass Deutschland abgestiegen ist, darüber spricht schon wieder kein Mensch. Alle reden nur vom Neuaufbau. Dass ein Neuaufbau kommen muss, ist ja klar, aber der hätte schon viel früher kommen müssen.
Gegen Russland hat Deutschland 3:0 gewonnen...
Lorant: Ja, ja, das wird doch schon wieder alles überbewertet. Da könnte man meinen, das ist schon wieder eine Mannschaft, die Europa- oder Weltmeister wird. Das wird aber noch ein langer Weg. So sehe ich das.
Nach Ihrer Zeit bei den Löwen waren Sie bei sehr vielen Klubs. Unter anderem waren Sie in China, in der Türkei oder in der Slowakei. Haben Sie da manches später bereut?
Lorant: Überhaupt nicht. Es war überall super. Allein schon die zwei Jahre bei Fenerbahce Istanbul waren eine schöne Zeit. In China war es gewöhnungsbedürftig. Der Fußball war noch nicht so entwickelt und dann ist das halt ein riesengroßes Land. Wenn du da zweieinhalb Stunden geflogen bist, waren oft die Temperaturunterschiede sehr groß.
Soziale Medien gab es zu Ihrer Trainerzeit auch noch nicht. Heutzutage wird überall gepostet...
Lorant: Das ist ja nicht schädlich. So ein junger Fußballer muss halt auf alles aufpassen, zumindest wenn er privat unterwegs ist. Doch die sind schon alle vorsichtig, damit sie keine schlechte Presse bekommen.
Dann postet auch Lisa Müller, dass ihr Mann mehr oder weniger vom Trainer falsch behandelt wird. Ich denke, da hätte es bei Ihnen Ärger gegeben...
Lorant: Was soll man dazu noch sagen? Die sollen sich einfach zurückhalten. Aber das Problem bei uns ist, dass jeder meint, er kann beim Fußball mitreden.
In der Bundesliga ist derzeit Borussia Dortmund auf Platz eins. Kommt das überraschend?
Lorant: Das passt schon. Das sieht man ja an der Spielweise. Dortmund hat einen großen Umbruch gemacht und gute Spieler geholt. Da hat man geschaut: Wer ist schnell, wer ist technisch gut. Das haben die Bayern zuletzt versäumt.