Im Rechtsstreit zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Bundesland Bremen hat das Oberverwaltungsgericht Bremen gestern zugunsten des Stadtstaates entschieden. Während die Bremer jubeln, ist die Empörung im Profifußball groß. Auf die Klubs könnten nun Kosten in Millionenhöhe zukommen.
Was wurde gestern entschieden?
Im Kern geht es darum, wer für die Sicherheit bei Hochrisiko-Fußballspielen zahlt. Das Oberverwaltungsgericht Bremen gab Bremen in einer Berufungsverhandlung in nahezu allen Punkten recht, dass es einen Teil der Kosten für den Einsatz von Polizeikräften bei Hochrisikospielen an die DFL weiterleiten darf. Das OVG kassierte damit ein Urteil der Vorinstanz. „Die Kosten sind zwar erheblich, aber sie entsprechen der erbrachten öffentlichen Leistung“, betonte die Richterin und OVG-Präsidentin Ilsemarie Meyer.
Worum ging es konkret?
Die Bremer Polizei schickt seit 2015 regelmäßig Gebührenbescheide an die DFL, die das operative Geschäft des Ligaverbandes führt, dem die 36 Vereine und Kapitalgesellschaften der ersten und zweiten Bundesliga angehören. Inzwischen sind für mehrere Spiele knapp zwei Millionen Euro aufgelaufen. Vor Gericht ging es exemplarisch um die Partie Werder – HSV vom 19. April 2015. Nach dieser Partie landete aus Bremen eine Gebührenrechnung von über 425000 Euro für polizeiliche Mehrkosten im DFL-Briefkasten. Völlig zu Recht, wie das OVG nun befand.
Wer bestimmt, welche Partie ein Hochrisikospiel ist?
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Polizei treffen vor den Spielen unabhängig voneinander eine Einschätzung, ob es sich um ein „Spiel mit erhöhtem Risiko“ handelt. In den meisten Fällen decken sich die beiden Einschätzungen. Sollte es zwischen DFB und Polizei unterschiedliche Sichtweisen geben, entscheidet am Ende die Polizei darüber, wie viele Kräfte sie bei der jeweiligen Begegnung einsetzt.
Wie reagiert der Profifußball?
Die Deutsche Fußball Liga kündigte umgehend an, Einspruch gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig einzulegen. „Die rechtliche Wertung des Oberverwaltungsgerichts ist aus Sicht der DFL bei allem Respekt unzutreffend. Die DFL wird daher Revision gegen das Urteil einlegen“, sagte Ligapräsident Reinhard Rauball: „Der Fußball ist nicht Verursacher von Gewalt, und eine bloße Umverteilung von Kosten führt nicht zur notwendigen Reduzierung der Polizeieinsätze.“ Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sei Kernaufgabe des Staates.
Was könnte auf die Vereine zukommen?
Bislang hatte man den Eindruck, dass die Vereine den Streit nicht richtig ernst nehmen. Durch das Urteil vom Mittwoch könnte sich das nun ändern. „Wir haben bislang keine Rücklagen gebildet. Jetzt müssen wir überprüfen, ob wir das ändern müssen“, sagte zum Beispiel Bremens Präsident Hubertus Hess-Grunewald. Sollte das Urteil Bestand haben, könnten Zusatzkosten von 1 bis 1,2 Millionen Euro pro Saison auf Werder zukommen. Nach Berechnungen der Wochenzeitung Die Zeit beliefen sich die Kosten für die Einsätze von Polizisten bei Fußballspielen der ersten, zweiten und dritten Liga in der Saison 2016/17 auf mindestens 68 Millionen Euro. Vor allem für einige Klubs der dritten Liga oder der Regionalliga könnte das das Aus bedeuten.
Inwiefern wäre der FCA betroffen?
In Bayern werden bisher keine Rechnungen für solche Spiele erstellt. Die FCA-Fans gelten als eine der friedlichsten der Liga. In acht Jahren Bundesliga gab es genau ein als offiziell eingestuftes Hochrisikospiel – und das war das Regionalliga-Spiel des FC Augsburg II gegen den TSV 1860 München am 15. Oktober. Rund um das Spiel, das in der WWK-Arena stattfand, waren rund 300 Polizisten im Einsatz. Die geschätzten Personalkosten lagen da bei 150000 Euro. Bei einem normalen FCA-Bundesligaspiel sind rund 100 Polizisten im Einsatz.
Wie geht es jetzt weiter?
Die DFL wird Revision beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig einlegen. Bis zu einem endgültigen Urteil kann es noch eine ganze Weile dauern. Bis dahin wird der Stadtstaat Bremen zwar weiter Rechnungen an die DFL schicken, beglichen werden müssen diese erst einmal nicht. Beide Seiten hatten sich darauf verständigt, erst eine endgültige juristische Klärung herbeizuführen, ehe dies geschieht. (dpa/AZ)