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Wahl trotz Chaos: FIFA: Irrungen, Wirrungen, Hühnerhaufen

Wahl trotz Chaos

FIFA: Irrungen, Wirrungen, Hühnerhaufen

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    Soll wieder gewählt werden: Sepp Blatter
    Soll wieder gewählt werden: Sepp Blatter Foto: dpa

    FIFA-Boss Joseph Blatter gerät immer stärker unter Beschuss, sein Verband kämpft um die Handlungsfähigkeit. Wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnungszeremonie beim FIFA-Kongress in Zürich forderten der englische und schottische Fußball-Verband eine Verlegung der für Mittwoch vorgesehenen Präsidentenwahl. Auch vier Hauptsponsoren des Weltverbandes (FIFA) verstärken den Druck auf den krisenerprobten Blatter. Der 75 Jahre alte Schweizer hält jedoch trotz diverser Schmiergeldaffären in seiner Organisation unbeirrt am Wahltermin fest. Ob per Akklamation oder geheimer Abstimmung - Blatter will diese vierte Amtszeit auf dem

    Der Möchtegern-Reformer musste am Dienstag sogar von vier Sponsorenpartnern der FIFA Prügel einstecken. "Emirates ist wie alle Fußball-Fans in der Welt enttäuscht über die Vorfälle, die um die Führung des Sports kreisen", erklärte die Fluggesellschaft am Dienstag in einer Pressemitteilung. Ein Sprecher des amerikanischen Getränkegiganten Coca-Cola nannte das Führungschaos "beunruhigend und schlecht für den Sport". Der Konzern wolle der FIFA als Sponsor aber weiter die Treue halten.

    Auch der fränkische Sportartikel-Hersteller adidas verurteilte die jüngsten Entwicklungen in der FIFA. "Der negative Tenor der öffentlichen Debatte um die FIFA ist weder gut für das Image des Fußballs, noch der FIFA und seiner Partner", sagte Firmensprecher Jan Runau der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte zugleich eine Fortsetzung der "langjährigen und erfolgreichen Partnerschaft".

    Die englische Football Association (FA) drängte, "die Wahl aufzuschieben, dass ein alternativer Reformkandidat die Möglichkeit bekommt, zur Präsidentenwahl anzutreten", erklärte Verbandschef David Berstein, der auf Unterstützung durch weitere Verbände hoffte. UEFA-Präsident Michel Platini zeigte sich vom Vorpreschen der Engländer "überrascht". Bei einer Sitzung der Europäischen Fußball-Union (UEFA) am Montag sei es kein Thema gewesen.

    Dafür war eine angebliche Enthüllungs-Pressekonferenz zur WM-Vergabe an Katar Tagesgespräch auf dem Zürichberg. Die "Entourage" eines ehemaligen FIFA-Offiziellen wollte am Nachmittag in einem Fünf-Sterne-Hotel Beweise für eine gekaufte WM 2022 präsentieren. Sogar Belege und Kontoauszüge waren angekündigt, die Korruption bei der erfolgreichen WM-Bewerbung Katars belegen sollten. Die Namen von vier hochrangigen Mitgliedern der FIFA-Exekutive standen auf einer dubiosen Einladung, die von einem noch dubioseren Informanten verschickt wurde. Nur: Die mit großem Getöse angekündigte Pressekonferenz fand nicht statt.

    Wie die Zukunft nach diesen turbulenten Tagen im Tollhaus FIFA aussehen wird? Blatter'sche Lippenbekenntnisse wie "Null Toleranz bei Korruption" oder "Wir stecken in Schwierigkeiten, lösen diese aber innerhalb der Familie" werden nicht mehr ausreichen, wenn der krisengeschüttelte Verband eine Zukunft haben will. Blatter muss seinen ganzen Laden auseinandernehmen und schleunigst strukturelle Reformen mit einer unabhängigen Ad hoc-Kommission vorantreiben. Dass er dazu in der Lage ist, bezweifeln viele.

    Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass Blatter nach einer erfolgreichen Wiederwahl nach zwei Jahren abtritt und den Weg für einen Neubeginn freimacht - unter einem Präsidenten Michel Platini. Der Franzose gilt als einzig möglicher Blatter-Nachfolger. Die Frage ist nur, ob erst 2015 oder schon früher.

    Blatter selbst ging am Dienstagmorgen nochmals auf Werbetour in eigener Sache. Doch sein Auftritt um 9.30 Uhr im Züricher Nobelhotel "Renaissance" bei den Vertretern der Asiatischen Konföderation AFC "muss schlimm gewesen sein", wie ein FIFA-Insider später berichtete. Nach bislang unbestätigten Angaben sollen Delegierte von "neun oder zehn" AFC-Verbänden bereits abgereist sein aus Protest gegen die Suspendierung des einstigen Präsidentschaftskandidaten Mohamed bin Hammam.

    Der 62-Jährige war am Sonntag von der FIFA-Ethikkommission wegen Korruptionsvorwürfen vorläufig suspendiert worden. Er bestreitet alle Vorwürfe, auch die einer gekauften WM 2022 in Katar, und legte prompt Einspruch gegen seinen Ausschluss ein.

    Trotz aller Irrungen und Wirrungen in diesem Possenspiel hält die FIFA an dem absurd anmutenden Wahltermin fest, obwohl immer neue Details bekanntwerden. So soll der paraguayische Spitzenfunktionär Nicolas Leoz als Gegenleistung für seine Unterstützung der WM-Bewerbung Englands gefordert haben, dass der traditionsreiche englische Pokalwettbewerb nach ihm benannt wird.

    Leoz, seit 1986 Präsident des südamerikanischen Verbandes CONMEBOL, bestreitet alle Vorwürfe. Ex-FA-Chef David Triesman hatte vor drei Wochen sogar behauptet, der 82-Jährige habe einen Ehrenrittertitel für seine Stimme gefordert.

    Immerhin droht sämtlichen beschuldigten Spitzenfunktionären kein juristisches Ungemach von staatlicher Stelle. Die Bestechungsvorwürfe werden in der Schweiz nicht rechtlich verfolgt, erklärte der Informationschef des Bundesamtes für Justiz, Folco Galli. Auch angesichts der jüngsten Ereignisse bei der FIFA habe sich an dieser Sachlage nichts geändert, sagte Galli.

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