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WM-Kolumne: Ist das noch eine WM oder kann das weg?

WM-Kolumne

Ist das noch eine WM oder kann das weg?

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    Mit 48 Teams droht das Turnier zur langweiligen Veranstaltung zu werden.
    Mit 48 Teams droht das Turnier zur langweiligen Veranstaltung zu werden. Foto: Marcus Brandt, dpa (Symbolbild)

    Wenn die eigene Mannschaft nicht mehr dabei ist, dann kann so ein WM-Turnier schon ganz schön lang werden. Wissen wir Deutschen jetzt endlich auch. Wobei lang nicht gleich langweilig ist. Langeweile und K.o.-Phase schließt sich eigentlich aus und selbst wenn wir ab dem Achtelfinale einige zähe Spiele von Teams sahen, die erst mal nicht verlieren wollten, hielt uns die Gewissheit auf eine Entscheidung wach. In der Vorrunde hatten wir dagegen etliche Spiele, in denen es entweder um nichts mehr ging oder welche, die schon zur Halbzeit entschieden waren.

    An der WM sollen schließlich alle Länder teilnehmen dürfen

    Wen wundert’s bei 32 Mannschaften, die ja nicht die 32 besten der Welt sind, wie uns nicht zuletzt die Fifa-Weltrangliste erklärt hat? Aber an einer WM soll ja die ganze Welt teilnehmen und jeder Kontinent vertreten sein. Soweit kein Einspruch. Das war zwar schon in Zeiten möglich, als nur 16 Teams zur Endrunde fuhren, aber eben nicht garantiert. Die ersten Afrikaner begrüßten wir 1970 in Mexiko, wo Marokko zwar die Deutschen ärgerte, aber schnell wieder heimfuhr. Das kann man mit dem größten Kontinent der Erde natürlich heutzutage nicht mehr machen und in Zukunft schon mal gar nicht.

    Die nächstgrößere WM steht vor der Tür mit 48 Mannschaften, davon dann neun aus Afrika und acht aus Asien. Nur wer es schon wieder vergessen hat: die fünf Afrikaner scheiterten alle in der Vorrunde, Asien und Ozeanien brachten von ebenfalls fünf Teams nur die Japaner durch - dank der Fairplay-Regel. Zum Lohn werden ihre Kontingente nun also verdoppelt. Bloß wann, ist noch ungewiss. 2026 ganz sicher, aber das traditionelle Fußballland Katar hat schon signalisiert, 2022 ebenso viele Länderteams unterbringen zu können.

    Bald reisen vielleicht auch die Galapagos-Inseln zur Weltmeisterschaft

    Warum das alles? Ist das noch WM oder kann das weg? Die Fifa ist natürlich nicht nur dazu da, dafür zu sorgen, dass die Reichen immer reicher werden und die Besten unter sich bleiben, so wie es die Uefa mit ihren Vereinen praktiziert. Und mit der Ausweitung der Teilnehmerzahl auf ein Viertel (!) aller Fußballverbände der Welt trifft sie natürlich auf grenzenlose Zustimmung bei den Fußballzwergen. Ein Mal WM und zurück, für die Galapagos-Inseln wäre das das größte Glück.

    Doch dient sie damit auch dem Fußball? Stellen wir uns das mal praktisch vor: Es wird spätestens 2026 in der Drei-Länder-WM von Kanada bis Mexiko 16 Dreiergruppen geben von A wie Abzocke bis P wie Profitgier - so können wir uns das alle besser merken. Alle 48 Mannschaften haben nur zwei Gruppenspiele, nach denen ein Drittel des Feldes schon wieder heimfährt. Da lohnt es sich für etliche Städte kaum, Großleinwände aufzubauen. Und weil es keine belanglosen Spiele geben soll, muss der Verlierer des ersten Spiels auch das zweite bestreiten. Weil vorher keiner weiß, wer das ist, wird es für Fans natürlich ein Heidenspaß, Reisen zu buchen. Die Zahl der Vorrundenspiele bleibt bei diesem Modus zwar gleich hoch (48), die der unsäglichen aber dürfte rasant steigen. Und die K.o.-Runde zieht sich durch Einführung eines Sechzehntelfinals noch ein bisschen länger hin. Ich stelle hier mal eine grundsätzliche Frage: Ab wann ist ein Turnier noch ein Turnier?

    Die WM wird zugrunde gerichtet

    Schon im Mittelalter hat man sie sich gestellt, als jeder Ritter zu den Kampfspielen eilte. Auf deutschem Boden erfand man deshalb eine Obergrenze. Dabei sein durfte nur, wer mindestens in fünfter Generation adelig war. Das Publikum dankte es, denn es blickte durch und kam schneller nach Hause. Im Fußball gehen sie den umgekehrten Weg. Die ersten WM-Endrunden hatten 16 Teilnehmer, jetzt kommt die dreifache Ladung. Ich fordere eine Obergrenze für Funktionärsschwachsinn, die ja schon mit der WM-Vergabe an Katar übertreten wurde. Nicht nur die klassischen Fußballländer müssen ihre Ligen unterbrechen, nur damit die Scheichs vier Wochen die Welt zu Gast haben in einem Land, das seine Stadien erst bauen muss. Der Weltmeister wird Weihnachten gekürt. Ich halte genauso viel von Trump wie der Rest der Welt abzüglich seiner Wähler, aber wenn mal einer daher käme, dessen Motto „Football first“ hieße, ich würde ihn hochleben lassen. Arme WM, wie wirst Du zugrunde gerichtet. Russland war die letzte schöne, übrigens ganz ohne Pyro und Ultra-Gesänge. Haben Sie es vermisst?

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