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WM 2018: Finnbogason zieht mit seinem historischen Tor die Blicke auf sich

WM 2018

Finnbogason zieht mit seinem historischen Tor die Blicke auf sich

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    Alfred Finnbogason aus Island bejubelt sein Tor zum 1:1 gegen Argentinien.
    Alfred Finnbogason aus Island bejubelt sein Tor zum 1:1 gegen Argentinien. Foto: Wang Yuguo/xinhua, dpa

    Nach seinem geschichtsträchtigen Treffer suchte Alfred Finnbogason sogleich die Nähe einer TV-Kamera. Seine Freude über den Ausgleich gegen Argentinien brüllte er regelrecht in die Welt hinaus. Finnbogason, ein anerkanntes Sprachentalent, ist clever genug, die WM als Bühne zu nutzen. Mit starken Auftritten in Russland steigert er seinen Marktwert. Derzeit geht der 29-Jährige nach eigener Aussage davon aus, vor der kommenden Saison zum FC Augsburg zurückzukehren. Doch wer weiß? Vor dem Turnier sagte er auch: „Wenn ein Angebot kommt, dann muss man mal schauen.“

    Das erste Tor einer isländischen Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft ließ sogar den sonst so coolen Finnbogason schwärmen. Frisch geduscht, die Haare gestriegelt und gegelt, erzählte der Angreifer später euphorisiert und losgelöst von jener 23. Spielminute. „Das ist der großartigste Moment in meiner Karriere, ohne Zweifel. Wir schreiben hier Geschichte und das Tor ist das Sahnehäubchen.“

    Finnbogason musste sich ein Stück weit wie im Traum vorkommen, vor ein paar Wochen noch drohte er die WM gänzlich zu verpassen, jetzt war er der erste WM-Torschütze eines Augsburger Vereins seit Helmut Haller. Seit Ende Januar war Finnbogason wegen einer langwierigen Achillessehnenverletzung ausgefallen, erst gegen Ende der Bundesligasaison kehrte er in den Augsburger Kader zurück. Die letzten vier Ligaspiele waren für den Isländer von immenser Bedeutung. Hätte er nicht für den FCA gespielt, wäre er wohl nicht von Trainer Heimir Hallgrímsson berücksichtigt worden. Finnbogason bekannte, für die Rückkehr sei er ins Risiko gegangen. Wäre keine WM angestanden, hätte er abgewartet, bis er hundert Prozent fit ist.

    Finnbogason: "Der eine mag Whisky, die anderen Wodka"

    Inzwischen ist er das, davon zeugte sein austrainierter Körper, der sich unter dem Trikot abzeichnete. Gegen Argentinien stand Finnbogason vorwiegend wegen seiner Qualitäten bei der Abwehrarbeit in der Startelf. In Augsburgs Bundesligamannschaft erfüllt er eine ähnliche Funktion. Islands Trainer Hallgrímsson schenkt Finnbogason inzwischen auch in wichtigen Spielen das Vertrauen. Zufrieden merkte Hallgrímsson an, Finnbogason habe getroffen. „Also können wir nicht so falsch gelegen haben“, rechtfertigte der Trainer, dessen Matchplan beim 1:1 gegen den hohen Favoriten um Lionel Messi ideal aufging.

    Für die auseinandergehenden Meinungen über ihren kraftvollen, destruktiven Bollwerk-Stil hatte Finnbogason einen trefflichen Vergleich parat: „Jeder kann sagen, unsere Stärke ist schön oder nicht schön. Der eine mag Whisky, die anderen Wodka. Wir spielen Ergebnisfußball.“ Nach dem großen Coup samt anschließender Party auf dem Rasen hat Fußball-Zwerg Island schon das nächste Fest im Sinn. „Wartet mal ab, wie wir feiern, wenn wir mal ein Spiel gewinnen. Das wird erst eine Feier sein“, kündigte Trainer Hallgrímsson nach dem beeindruckenden Punktgewinn der frechen Wikinger an.

    In der Kurve ließen sich die erschöpften Spieler von ihrem lauten Anhang, rund 5000 Isländer waren im Stadion, schon nach dem Remis feiern. Die 1:1-Überraschung gegen den zweimaligen Weltmeister sorgte für große Gefühle. Finnbogason freute sich im Stadion mit Freundin Frida und Tochter Victoria. „Wir erleben die besten Momente in Islands Fußball-Historie“, sagte Finnbogason, der die Führung von Starstürmer Sergio Agüero ausgeglichen hatte.

    Wie 2016 ist Island noch immer keine spielstarke Mannschaft

    Tatsächlich dürfen die Insel-Kicker vor dem zweiten Spiel gegen Nigeria am Freitag auf einen erneuten Vorrunden-Coup hoffen. Den schwersten Gegner haben Finnbogason und Co. hinter sich, gegen Kroatien haben sie sich bereits in der Qualifikation durchgesetzt. „Das ist eine Art Meilenstein für uns. Gegen Argentinien zu spielen, ist nicht das Einfachste. Uns gibt dieser Punkt sehr viel“, sagte Hallgrímsson. Die Situation gleicht der bei der EM 2016: Damals trotzte Island zum Start Portugal einen Punkt ab, dann begann das kleine Huh-Wunder.

    Auch deshalb wollte sich Elfmeter-Held Hannes Thór Halldórsson, der mit einem parierten Strafstoß von Superstar Messi den Punktgewinn erst ermöglichte, das Ergebnis nicht schlechtreden lassen. „Es ist ein großartiges Unentschieden für uns“, sagte der 34 Jahre alte Keeper, der im normalen Leben Filmemacher ist. Auch Islands Geschichte als Favoritenschreck gegen Cristiano Ronaldo, England und nun gegen Messi ist mehr als filmreif.

    Wie 2016 ist Island noch immer keine spielstarke Mannschaft. Mit wenigen Ausnahmen, etwa Spielmacher Gylfi Sigurdsson oder Finnbogason, hat kaum einer der Spieler internationales Format. Doch Hallgrimssons Team agiert diszipliniert und lässt sich von großen Namen nicht aus dem Konzept bringen.

    Bestes Beispiel ist Schlussmann Halldórsson. Zu Messis Elfmeter sagt er: „Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Ich habe mir viele Messi-Elfmeter angeschaut und hatte ein gutes Gefühl.“ Mit diesem Selbstverständnis wird Island ein ekliger Gegner bleiben. (mit dpa)

    Tore 1:0 Agüero (19.), 1:1 Finnbogason (23.) Zuschauer 44.190

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