Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

WM 2006: Pressestimmen: "Jetzt bebt sie wirklich, die Fußballwelt"

WM 2006

Pressestimmen: "Jetzt bebt sie wirklich, die Fußballwelt"

    • |
    Im Zuge des FIFA-Skandals rückt jetzt auch die WM 2006 in den Fokus.
    Im Zuge des FIFA-Skandals rückt jetzt auch die WM 2006 in den Fokus. Foto: Peter Kneffel, dpa/lby (Archiv)

    Verdachtsmomente um die Vergabe der WM 2006 an Deutschland gab es immer wieder. Nach den Enthüllungen des "Spiegel" um einen angeblichen Stimmenkauf stehen der DFB und sein Präsident Niersbach nun mehr denn je unter Erklärungsdruck.

    Pressestimmen zur WM-Vergabe 2006

    Spiegel: Der Mythos vom sauberen Sommermärchen ist tot. Die Fifa korrupt, die Uefa massiv in der Kritik: Daran hat man sich gewöhnt. Doch auf eines schien bisher Verlass. Es mochte überall im Weltfußball Geld versickern, überall mochten Stimmen gekauft werden - aber in Deutschland passierte so etwas nicht. Der DFB war der letzte weiße Ritter.

    Bild-Zeitung: Die WM 2006 haben wir alle in bester Erinnerung. Denn es war viel mehr als ein Fußball-Turnier. Es war ein wunderschönes Fest, bei dem wir Deutschen uns vier Wochen lang als weltoffene, tolerante, fröhliche Gastgeber präsentiert haben. Doch plötzlich fällt ein langer Schatten auf das Sommermärchen! (...) Es wäre ein Skandal, der unseren Fußball in seinen Grundfesten erschüttern würde. Der DFB mit Präsident Wolfgang Niersbach an der Spitze muss jetzt umgehend für Aufklärung sorgen. Die Fans haben ein Recht darauf zu erfahren, was an den schweren Vorwürfen dran ist.

    Süddeutsche Zeitung: Treffen die neuen Vorwürfe zu, wird es schlimm kommen für den deutschen Fußball. Dann wird das Sommermärchen künftig noch ein Ansehen haben wie ein Dieselauto von VW. Dann wird die Biografie der nationalen Lichtgestalt Franz Beckenbauer neu geschrieben werden. Dann muss der DFB gereinigt und neu organisiert werden. Zu prüfen ist auch, wer alles noch Bescheid von den schwarzen Kassen wusste, mit denen offenbar sogar die Bundesregierung ausgedribbelt wurde, im diskreten Doppelpass mit der Fifa. Wenn die Vorwürfe stimmen, hat dieser Weltverband sogar bereitwillig die Rolle einer Geldwaschanlage übernommen. Jetzt bebt sie wirklich, die Fußballwelt.

    "Deutschland wäre Teil der Fußballmafia"

    Kölner Stadt-Anzeiger: Sollten sich die Erkenntnisse des "Spiegel" bewahrheiten, müsste man endgültig feststellen, dass "Made in Germany" offensichtlich auch ein echtes Markensiegel für Betrug und Korruption ist. Das "Sommermärchen" - möglicherweise einfach gekauft wie ein x-beliebiger Luxusartikel. In diesem Fall freilich ist das Erstaunen, dass die dunklen Details ans Licht kommen konnten, fast größer als die Überraschung, dass sie überhaupt existiert haben sollen. Wer kann nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre noch geglaubt haben, solche Veranstaltungen gäbe es geschenkt? Trotzdem hielten alle an der Illusion fest. Manche Dinge will man einfach nicht so genau wissen.

    Frankfurter Allgemeine Zeitung: Wundert sich noch jemand? Das wäre erstaunlich. Schließlich wäre eine Mega-Portion Naivität nötig, um zu glauben, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) könnte so etwas sein wie eine moralische Instanz inmitten all des korrupten Unrats in den Funktionärsbüros dieses Sports. Und zu erwarten, dass jemand, der etwas will von einem von Bestechung und Abhängigkeiten befeuerten System,wie zum Beispiel den Zuschlag für die Fußball-WM 2006, dies auf saubere Weise erreichen könnte. Hier wirken unentrinnbare Schmutz-Kräfte.

    Die Zeit: Dass die deutsche Bewerbung nicht ganz sauber lief, war lange bekannt. Aber dieser Fall hat neue Dimensionen. Er wird die Debatten verändern. Seit Jahren stöhnt die Fußballwelt aufgebracht über Katar und Russland sowie über die Fifa, das Syndikat des Schweigens und Schmierens. Doch der Fall, sollten die Anschuldigungen stimmen, zeigt: Korruption ist nicht nur die Sache von Diktatoren, Scheichs und Bananenrepubliken. Der Schlamm fließt mitten durch Deutschland. Deutschland wäre Teil der Fußballmafia.

    Der DFB muss jetzt Transparenz zeigen

    Badische Neueste Nachrichten: Es wäre zynisch und doppelmoralisch, würde man argumentieren, das deutsche OK habe sich seinerzeit nur an die systemimmanenten Spielregeln gehalten, die der Gutsherren-Konzern des Schweizer Verbands-Patron Joseph Blatter diktierte. Cash gegen Stimmen. Der Grund, warum die angeblichen Unregelmäßigkeiten jetzt den Weg in die Öffentlichkeit finden, darf man getrost darin sehen, dass aufgestapelte Schmutzwäsche aus dem Fifa-Korruptionssumpf an die Oberfläche geschleudert wurde.

    Neue Osnabrücker Zeitung: Zyniker sind geneigt zu sagen, die eigentliche Überraschung wäre es gewesen, hätte Deutschland den Zuschlag für die WM 2006 ohne illegale Zuwendungen erhalten. Aber bislang stehen nur Vorwürfe im Raum, Beweise für strafbare Handlungen fehlen. Immerhin hat der DFB eingeräumt, eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die FIFA geleistet zu haben. Nun ist er gut beraten, offensiv und transparent mit der neuen Sachlage umzugehen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden